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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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erfreuet mich in Ihrem (künftigen) Schreiben die Nachricht des ab-
gegangnen Biers; denn bei mir ists auch abgegangen und ich noch
nicht nach Coburg. -- Wir leben hier so dum fort, die Augen auf
den Frühling und auf Emma, die sehr fet wird. -- Ich schreibe
fürchterlich viel am neuesten Werk. -- Der Winter lies mich leicht5
durch seine eisigen Spiesruthen laufen, fast ohne Wunden. Ich bin
noch immer der vorige scherzhafte Man. -- Unser Logis in Coburg[228]
ist götlich und Ihre Frage in Ihrem lezten kommenden Schreiben
damit beantwortet. -- Ja wohl haben Sie über die Bayreuther Recht
und Ihr Wort ist so wahr: "sie taugen besser zu Käufern als zu10
Waaren." Aber, Freund, sind irgendwo die kleinen Städte anders,
oder überhaupt die Menschen? quaestio. -- Über die Stelle auf
der lezten Seite: "wenn Er etc.: so hat Er mit Recht" reden wir
mündlich. -- Kein Mensch hier begreift meine Abreise; denn ich bin zu
höflich und man wil mich lieber für unvernünftig halten als sich für15
trocken. -- Auf Ihre Frage diene zur Antwort: nicht nur der ganze
März bleibt kalt-blau, sondern auch viel vom April, nämlich 2/3 oder
gar 3/4.


-- Warum passet denn ein Mensch auf einen Posttag, um zum20
andern zu sagen: bester Emanuel! Ich wil nicht passen; und C. sage
hinter her d. h. hinter mir was sie wil. -- Kurz guten Abend! Mein
Alter! In Coburg (sonderbar, daß Coburg und Caroline mit Einem
Buchstaben anfangen!) sollen Sie besser behandelt werden als hier
-- nicht reichlicher -- und mein C. dazu (wieder ein C., das aber25
Christian bedeutet). Herzlich freu' ich mich, ihn an meinem Tischtuch
zu haben, den ich nie daran hatte, nur er mich an seinem. Am besten
wär' es, Ihr beide zugleich, es wäre Ein Aufwaschen -- -- für meine
Lore, die eine Pfartochter ist wie ich -- Ich bin heute seelig, mitten
im Schreiben, Rak-Thee-Trinken, neben meiner C., sehr halb bei30
Verstand und ewig Ihr -- Ihrer.


Da am Ende die Fracht wohl dieselbe ist: so könte ja ein Bayreuther
Einspänner kommen. -- Ich schrieb gestern, wie ich eben lese, mit und
bei einigem Feuer. Guten Morgen.35

erfreuet mich in Ihrem (künftigen) Schreiben die Nachricht des ab-
gegangnen Biers; denn bei mir iſts auch abgegangen und ich noch
nicht nach Coburg. — Wir leben hier ſo dum fort, die Augen auf
den Frühling und auf Emma, die ſehr fet wird. — Ich ſchreibe
fürchterlich viel am neueſten Werk. — Der Winter lies mich leicht5
durch ſeine eiſigen Spiesruthen laufen, faſt ohne Wunden. Ich bin
noch immer der vorige ſcherzhafte Man. — Unſer Logis in Coburg[228]
iſt götlich und Ihre Frage in Ihrem lezten kommenden Schreiben
damit beantwortet. — Ja wohl haben Sie über die Bayreuther Recht
und Ihr Wort iſt ſo wahr: „ſie taugen beſſer zu Käufern als zu10
Waaren.“ Aber, Freund, ſind irgendwo die kleinen Städte anders,
oder überhaupt die Menſchen? quaestio. — Über die Stelle auf
der lezten Seite: „wenn Er ꝛc.: ſo hat Er mit Recht“ reden wir
mündlich. — Kein Menſch hier begreift meine Abreiſe; denn ich bin zu
höflich und man wil mich lieber für unvernünftig halten als ſich für15
trocken. — Auf Ihre Frage diene zur Antwort: nicht nur der ganze
März bleibt kalt-blau, ſondern auch viel vom April, nämlich ⅔ oder
gar ¾.


— Warum paſſet denn ein Menſch auf einen Poſttag, um zum20
andern zu ſagen: beſter Emanuel! Ich wil nicht paſſen; und C. ſage
hinter her d. h. hinter mir was ſie wil. — Kurz guten Abend! Mein
Alter! In Coburg (ſonderbar, daß Coburg und Caroline mit Einem
Buchſtaben anfangen!) ſollen Sie beſſer behandelt werden als hier
— nicht reichlicher — und mein C. dazu (wieder ein C., das aber25
Christian bedeutet). Herzlich freu’ ich mich, ihn an meinem Tiſchtuch
zu haben, den ich nie daran hatte, nur er mich an ſeinem. Am beſten
wär’ es, Ihr beide zugleich, es wäre Ein Aufwaſchen — — für meine
Lore, die eine Pfartochter iſt wie ich — Ich bin heute ſeelig, mitten
im Schreiben, Rak-Thee-Trinken, neben meiner C., ſehr halb bei30
Verſtand und ewig Ihr — Ihrer.


Da am Ende die Fracht wohl dieſelbe iſt: ſo könte ja ein Bayreuther
Einſpänner kommen. — Ich ſchrieb geſtern, wie ich eben leſe, mit und
bei einigem Feuer. Guten Morgen.35

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[205/0212] erfreuet mich in Ihrem (künftigen) Schreiben die Nachricht des ab- gegangnen Biers; denn bei mir iſts auch abgegangen und ich noch nicht nach Coburg. — Wir leben hier ſo dum fort, die Augen auf den Frühling und auf Emma, die ſehr fet wird. — Ich ſchreibe fürchterlich viel am neueſten Werk. — Der Winter lies mich leicht 5 durch ſeine eiſigen Spiesruthen laufen, faſt ohne Wunden. Ich bin noch immer der vorige ſcherzhafte Man. — Unſer Logis in Coburg iſt götlich und Ihre Frage in Ihrem lezten kommenden Schreiben damit beantwortet. — Ja wohl haben Sie über die Bayreuther Recht und Ihr Wort iſt ſo wahr: „ſie taugen beſſer zu Käufern als zu 10 Waaren.“ Aber, Freund, ſind irgendwo die kleinen Städte anders, oder überhaupt die Menſchen? quaestio. — Über die Stelle auf der lezten Seite: „wenn Er ꝛc.: ſo hat Er mit Recht“ reden wir mündlich. — Kein Menſch hier begreift meine Abreiſe; denn ich bin zu höflich und man wil mich lieber für unvernünftig halten als ſich für 15 trocken. — Auf Ihre Frage diene zur Antwort: nicht nur der ganze März bleibt kalt-blau, ſondern auch viel vom April, nämlich ⅔ oder gar ¾. [228] Drei Stunden ſpäter. — Warum paſſet denn ein Menſch auf einen Poſttag, um zum 20 andern zu ſagen: beſter Emanuel! Ich wil nicht paſſen; und C. ſage hinter her d. h. hinter mir was ſie wil. — Kurz guten Abend! Mein Alter! In Coburg (ſonderbar, daß Coburg und Caroline mit Einem Buchſtaben anfangen!) ſollen Sie beſſer behandelt werden als hier — nicht reichlicher — und mein C. dazu (wieder ein C., das aber 25 Christian bedeutet). Herzlich freu’ ich mich, ihn an meinem Tiſchtuch zu haben, den ich nie daran hatte, nur er mich an ſeinem. Am beſten wär’ es, Ihr beide zugleich, es wäre Ein Aufwaſchen — — für meine Lore, die eine Pfartochter iſt wie ich — Ich bin heute ſeelig, mitten im Schreiben, Rak-Thee-Trinken, neben meiner C., ſehr halb bei 30 Verſtand und ewig Ihr — Ihrer. d. 7. M. Da am Ende die Fracht wohl dieſelbe iſt: ſo könte ja ein Bayreuther Einſpänner kommen. — Ich ſchrieb geſtern, wie ich eben leſe, mit und bei einigem Feuer. Guten Morgen. 35

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/212>, abgerufen am 24.11.2024.