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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

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andern nur eine Freude machen; aber leider! Es ist ein alter
Grundsatz bei mir: wenn dir im Feuer etwas kühn vorkommt: so
ist es gewis zu kühn; gleichwol hat der Teufel sein Spiel.

Gedenke der Briefe an dich, womit du mich zu laben versprochen.

581. An Emanuel.5

Guten Morgen, Freund! Eben legt mir der Fürst Primas eine
noch schwerere Aufgabe zu lösen vor als der erste Brief war --
aber eine schwere ist mir gerade die leichteste, und mein heutiger
Brief an den H. Vetter in Neustadt wurde mir viel sauerer. Otto10
soll mir das Blatt bald wieder senden, und sein Urtheil dazu so wie
Ihres. Es kann doch sein, daß einer von Euch lacht; indeß will ichs
schon machen. Denn jetzt sind Ich und Er schon halbe Bekannte. --
Gruß an Ihren Gast.

582. An Fürst-Primas Dalberg in Frankfurt a. M.15

Die eilende Huld, womit Sie die Polymeter beantworteten, ist
ein Beweis von deren Wahrheit mehr. Sie rührt mich desto inniger,
da Sie auf der Höhe der Zeit und des Ranges, wohin jene sich ver-
flogen, sie so wenig übersahen als Humboldt die Schmetterlinge auf20
dem Chimborasso. Die Güte Ew. [Hoheit] hat den schönsten Theil
meiner Wünsche erfüllt, der allein die von Ihnen erlaubte Aus-
sprechung der übrigen entschuldigt.

Ein Verfasser von mehr als 40 Bänden, als arme Waise bisher
blos von der Wissenschaft blos für die Wissenschaft lebend, wagt --25
jetzt bei 3 Kriegsjahren, 3 Kindern und 3 vernichteten Büchermessen
-- den Wunsch Einer einzigen Winterpension, um seine Gesundheit
herzustellen durch mehr Lesen als Schreiben.

Der König von Preussen hatte ihm vor langer Zeit 2 mal schrift-
lich eine Präbende versprochen; aber das heutige Datum sagte schon30
vor 2 Jahren Nein dazu. Allein dieser Oktobertag könnte keines
sagen, wenn ein Hoher -- Gönner und Günstling der Wissen-
schaften zugleich -- das fremde Versprechen erfüllen wollte, um
einige Unähnlichkeit eines Königs zu entschuldigen.

andern nur eine Freude machen; aber leider! Es iſt ein alter
Grundſatz bei mir: wenn dir im Feuer etwas kühn vorkommt: ſo
iſt es gewis zu kühn; gleichwol hat der Teufel ſein Spiel.

Gedenke der Briefe an dich, womit du mich zu laben verſprochen.

581. An Emanuel.5

Guten Morgen, Freund! Eben legt mir der Fürſt Primas eine
noch ſchwerere Aufgabe zu löſen vor als der erſte Brief war —
aber eine ſchwere iſt mir gerade die leichteſte, und mein heutiger
Brief an den H. Vetter in Neustadt wurde mir viel ſauerer. Otto10
ſoll mir das Blatt bald wieder ſenden, und ſein Urtheil dazu ſo wie
Ihres. Es kann doch ſein, daß einer von Euch lacht; indeß will ichs
ſchon machen. Denn jetzt ſind Ich und Er ſchon halbe Bekannte. —
Gruß an Ihren Gaſt.

582. An Fürſt-Primas Dalberg in Frankfurt a. M.15

Die eilende Huld, womit Sie die Polymeter beantworteten, iſt
ein Beweis von deren Wahrheit mehr. Sie rührt mich deſto inniger,
da Sie auf der Höhe der Zeit und des Ranges, wohin jene ſich ver-
flogen, ſie ſo wenig überſahen als Humboldt die Schmetterlinge auf20
dem Chimboraſſo. Die Güte Ew. [Hoheit] hat den ſchönſten Theil
meiner Wünſche erfüllt, der allein die von Ihnen erlaubte Aus-
ſprechung der übrigen entſchuldigt.

Ein Verfaſſer von mehr als 40 Bänden, als arme Waiſe bisher
blos von der Wiſſenſchaft blos für die Wiſſenſchaft lebend, wagt —25
jetzt bei 3 Kriegsjahren, 3 Kindern und 3 vernichteten Büchermeſſen
— den Wunſch Einer einzigen Winterpenſion, um ſeine Geſundheit
herzuſtellen durch mehr Leſen als Schreiben.

Der König von Preuſſen hatte ihm vor langer Zeit 2 mal ſchrift-
lich eine Präbende verſprochen; aber das heutige Datum ſagte ſchon30
vor 2 Jahren Nein dazu. Allein dieſer Oktobertag könnte keines
ſagen, wenn ein Hoher — Gönner und Günſtling der Wiſſen-
ſchaften zugleich — das fremde Verſprechen erfüllen wollte, um
einige Unähnlichkeit eines Königs zu entſchuldigen.

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[240/0256] andern nur eine Freude machen; aber leider! Es iſt ein alter Grundſatz bei mir: wenn dir im Feuer etwas kühn vorkommt: ſo iſt es gewis zu kühn; gleichwol hat der Teufel ſein Spiel. Gedenke der Briefe an dich, womit du mich zu laben verſprochen. 581. An Emanuel. 5 [Bayreuth, 14. Okt. 1808] Guten Morgen, Freund! Eben legt mir der Fürſt Primas eine noch ſchwerere Aufgabe zu löſen vor als der erſte Brief war — aber eine ſchwere iſt mir gerade die leichteſte, und mein heutiger Brief an den H. Vetter in Neustadt wurde mir viel ſauerer. Otto 10 ſoll mir das Blatt bald wieder ſenden, und ſein Urtheil dazu ſo wie Ihres. Es kann doch ſein, daß einer von Euch lacht; indeß will ichs ſchon machen. Denn jetzt ſind Ich und Er ſchon halbe Bekannte. — Gruß an Ihren Gaſt. 582. An Fürſt-Primas Dalberg in Frankfurt a. M. 15 [Konzept][Bayreuth, 14. Okt. 1808] Die eilende Huld, womit Sie die Polymeter beantworteten, iſt ein Beweis von deren Wahrheit mehr. Sie rührt mich deſto inniger, da Sie auf der Höhe der Zeit und des Ranges, wohin jene ſich ver- flogen, ſie ſo wenig überſahen als Humboldt die Schmetterlinge auf 20 dem Chimboraſſo. Die Güte Ew. [Hoheit] hat den ſchönſten Theil meiner Wünſche erfüllt, der allein die von Ihnen erlaubte Aus- ſprechung der übrigen entſchuldigt. Ein Verfaſſer von mehr als 40 Bänden, als arme Waiſe bisher blos von der Wiſſenſchaft blos für die Wiſſenſchaft lebend, wagt — 25 jetzt bei 3 Kriegsjahren, 3 Kindern und 3 vernichteten Büchermeſſen — den Wunſch Einer einzigen Winterpenſion, um ſeine Geſundheit herzuſtellen durch mehr Leſen als Schreiben. Der König von Preuſſen hatte ihm vor langer Zeit 2 mal ſchrift- lich eine Präbende verſprochen; aber das heutige Datum ſagte ſchon 30 vor 2 Jahren Nein dazu. Allein dieſer Oktobertag könnte keines ſagen, wenn ein Hoher — Gönner und Günſtling der Wiſſen- ſchaften zugleich — das fremde Verſprechen erfüllen wollte, um einige Unähnlichkeit eines Königs zu entſchuldigen.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/256>, abgerufen am 24.11.2024.