es Otto. Denn ist das ganze Werk vergriffen, so hätt' er mir schon vor 1 Jahre die kontrahierte Nachzahlung leisten müssen. -- Jetzt da ich in Nürnberg war, ist mir das wolwollende Erlangen eine alte Stadt geworden, so daß es mich immer heftiger nach Bayreuth hindrängt. -- Auf der folgenden Seite werd' ich mit5 dir erfahren, wann ich abfahre.
d. 18. Jun.Dienstags
Am Sonnabend nach acht Uhr bin ich bei meiner lieben Karoline. Heute um 7 Uhr (nämlich jetzt am Morgen) lag schon dein letzter Brief mit den beiden andern auf dem Tische. -- Warum quälst10 du dich denn so, liebe Seele, indeß ich hier blos froh bin? Du hast alles recht gemacht. Lasse nur dein Kanapee auch machen für deine viele Hausmühe. -- Mein freitägiger Brief, den du am Sonntage bekommen haben wirst, wird die Nebel zertheilet haben, die um dein gutes Auge hingen. Kannst du denn nicht errathen und festhalten,15 wie ich dich liebe? Glaubst du denn gar keinem Worte und Zeichen? Desto weher thaten mir die Stellen deines Briefs, wo du meine jetzige Heiterkeit ganz falsch auslegst. Du könntest eben so gut schließen, ich wäre nur glücklich, weil ich meine Kinder nicht um mich hätte. -- Eben läßt mich die Marggräfin zum Mittags Essen laden. --20
Um 11 Uhr
Voriges schrieb ich nach 7 Uhr; denn ob ich gleich gestern bei Ammon Rack-Thee, dann Bier, dann fast 1 Bonteille Wein ge- trunken und um 121/2 Uhr zu Bette gegangen: war ich doch am Morgen gesund und zum Briefschreiben frisch. -- Ich will lieber25 jetzt endigen und fortschicken, weil ich nicht weiß, wenn ich von der Fürstin zurück komme. -- Wie hätt' ich hier so heiter sein können, wenn ich nicht fromm gewesen wäre und dich nicht geliebt hätte? -- Grüße Emanuel und Otto; wegen des Budget des letztern will ich Meusel fragen. -- Von den Erlangerinnen weiß ich noch nichts30 Sonderliches zu sagen. "Was gibts hier für ausgezeichnete Weiber?" fragte ich Mehmel; seine einfache blöde Tochter (sehr der Rosalie ähnlich) fing gerade zu darüber zu lachen an; -- dieß war Antwort genug. -- Ich freue mich auf deinen morgenden Brief, er wird gewiß froher sein. So lebe denn wol, du gutes Herz, bis35 ich an deinen Lippen hänge.
R.
An Jaco bi will ich schreiben.
es Otto. Denn iſt das ganze Werk vergriffen, ſo hätt’ er mir ſchon vor 1 Jahre die kontrahierte Nachzahlung leiſten müſſen. — Jetzt da ich in Nürnberg war, iſt mir das wolwollende Erlangen eine alte Stadt geworden, ſo daß es mich immer heftiger nach Bayreuth hindrängt. — Auf der folgenden Seite werd’ ich mit5 dir erfahren, wann ich abfahre.
d. 18. Jun.〈Dienſtags〉
Am Sonnabend nach acht Uhr bin ich bei meiner lieben Karoline. Heute um 7 Uhr (nämlich jetzt am Morgen) lag ſchon dein letzter Brief mit den beiden andern auf dem Tiſche. — Warum quälſt10 du dich denn ſo, liebe Seele, indeß ich hier blos froh bin? Du haſt alles recht gemacht. Laſſe nur dein Kanapée auch machen für deine viele Hausmühe. — Mein freitägiger Brief, den du am Sonntage bekommen haben wirſt, wird die Nebel zertheilet haben, die um dein gutes Auge hingen. Kannſt du denn nicht errathen und feſthalten,15 wie ich dich liebe? Glaubſt du denn gar keinem Worte und Zeichen? Deſto weher thaten mir die Stellen deines Briefs, wo du meine jetzige Heiterkeit ganz falſch auslegſt. Du könnteſt eben ſo gut ſchließen, ich wäre nur glücklich, weil ich meine Kinder nicht um mich hätte. — Eben läßt mich die Marggräfin zum Mittags Eſſen laden. —20
Um 11 Uhr
Voriges ſchrieb ich nach 7 Uhr; denn ob ich gleich geſtern bei Ammon Rack-Thée, dann Bier, dann faſt 1 Bonteille Wein ge- trunken und um 12½ Uhr zu Bette gegangen: war ich doch am Morgen geſund und zum Briefſchreiben friſch. — Ich will lieber25 jetzt endigen und fortſchicken, weil ich nicht weiß, wenn ich von der Fürſtin zurück komme. — Wie hätt’ ich hier ſo heiter ſein können, wenn ich nicht fromm geweſen wäre und dich nicht geliebt hätte? — Grüße Emanuel und Otto; wegen des Budget des letztern will ich Meusel fragen. — Von den Erlangerinnen weiß ich noch nichts30 Sonderliches zu ſagen. „Was gibts hier für ausgezeichnete Weiber?“ fragte ich Mehmel; ſeine einfache blöde Tochter (ſehr der Rosalie ähnlich) fing gerade zu darüber zu lachen an; — dieß war Antwort genug. — Ich freue mich auf deinen morgenden Brief, er wird gewiß froher ſein. So lebe denn wol, du gutes Herz, bis35 ich an deinen Lippen hänge.
R.
An Jaco bi will ich ſchreiben.
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es Otto. Denn iſt das ganze Werk vergriffen, ſo hätt’ er mir
ſchon vor 1 Jahre die kontrahierte Nachzahlung leiſten müſſen. —
Jetzt da ich in Nürnberg war, iſt mir das wolwollende Erlangen
eine alte Stadt geworden, ſo daß es mich immer heftiger nach
Bayreuth hindrängt. — Auf der folgenden Seite werd’ ich mit 5
dir erfahren, wann ich abfahre.
d. 18. Jun. 〈Dienſtags〉
Am Sonnabend nach acht Uhr bin ich bei meiner lieben Karoline.
Heute um 7 Uhr (nämlich jetzt am Morgen) lag ſchon dein letzter
Brief mit den beiden andern auf dem Tiſche. — Warum quälſt 10
du dich denn ſo, liebe Seele, indeß ich hier blos froh bin? Du haſt
alles recht gemacht. Laſſe nur dein Kanapée auch machen für deine
viele Hausmühe. — Mein freitägiger Brief, den du am Sonntage
bekommen haben wirſt, wird die Nebel zertheilet haben, die um dein
gutes Auge hingen. Kannſt du denn nicht errathen und feſthalten, 15
wie ich dich liebe? Glaubſt du denn gar keinem Worte und Zeichen?
Deſto weher thaten mir die Stellen deines Briefs, wo du meine jetzige
Heiterkeit ganz falſch auslegſt. Du könnteſt eben ſo gut ſchließen,
ich wäre nur glücklich, weil ich meine Kinder nicht um mich hätte.
— Eben läßt mich die Marggräfin zum Mittags Eſſen laden. — 20
Um 11 Uhr
Voriges ſchrieb ich nach 7 Uhr; denn ob ich gleich geſtern bei
Ammon Rack-Thée, dann Bier, dann faſt 1 Bonteille Wein ge-
trunken und um 12½ Uhr zu Bette gegangen: war ich doch am
Morgen geſund und zum Briefſchreiben friſch. — Ich will lieber 25
jetzt endigen und fortſchicken, weil ich nicht weiß, wenn ich von der
Fürſtin zurück komme. — Wie hätt’ ich hier ſo heiter ſein können,
wenn ich nicht fromm geweſen wäre und dich nicht geliebt hätte? —
Grüße Emanuel und Otto; wegen des Budget des letztern will ich
Meusel fragen. — Von den Erlangerinnen weiß ich noch nichts 30
Sonderliches zu ſagen. „Was gibts hier für ausgezeichnete
Weiber?“ fragte ich Mehmel; ſeine einfache blöde Tochter (ſehr
der Rosalie ähnlich) fing gerade zu darüber zu lachen an; — dieß
war Antwort genug. — Ich freue mich auf deinen morgenden Brief,
er wird gewiß froher ſein. So lebe denn wol, du gutes Herz, bis 35
ich an deinen Lippen hänge.
R.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/216>, abgerufen am 27.11.2024.
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