weitläuftig, alle die ehrenrührigen Namen vorzuzählen, welche er dem Prof. Schweigger zuwarf; bei Hasenfuß u. s. w. fing er an. Er wollte auf der Stelle wieder einpacken. Ich, der es nicht einmal nöthig gehabt hätte, da wegen der allgemeinen Langsamkeit und Lauferei noch nichts ausgepackt war nach 3/4 Stunden, spielte meiner5 Gewohnheit gemäß das Lamm und blieb sedat und sagte, zum Übereilen hätten wir morgen noch Zeit genug. Er kann meine andere Bemerkung bezeugen, daß ich kein besseres Zeichen einer nächsten schönen Zukunft kennte als wenn man in der ersten Stunde in einem Gasthofe es miserabel habe; und daß dieser desto mehr verspreche,10 je weniger er verspreche.
Jetzt kam der Wirth endlich, ein höflich-junges Männchen -- darauf Schrag, an welchen ich im Jammer geschickt -- dann gar Schweigger, welcher meinen letzten Brief, der Freitags erst Nach- mittags aufgegeben worden, um 1 Posttag zu spät bekommen.15
Vieles ging nun gut und Seebeck blieb, weil ich ihm mein Zimmer statt eines Schloßes gab und tiefer zog.
Am Morgen zog er aus; und da die Zwei gilt, errieth ich alles und ging hoffend auf mein Ausziehen zur Gräfin Monts. Die recht zu ehrende Frau liegt seit 8 Wochen an Faul-, dann Schleim-, jetzt20 Wechselfieber bis zur Entstellung krank! Ich trug meine Noth vor; -- und kurz, sie machte mich glücklich, denn ich theile jetzt (aber schwerlich komm' ich ihr künftig wieder so nahe) jetzt mit der Sophie Kettenburg Zimmer, Kammer und Bett; und logiere köstlich auf dem Roßmarkte bei Mad. Krause N. 322 dem goldnen25 Reichsadler gegen über und habe so viele Schubladen, Wandschränke, Wandhaken und so gute Leute, daß mir eben nichts fehlt sondern daß Erlangen sich wiederholt nach meiner Zwei durch ein Freuden-Echo.
Während meines Einspruchs bei der Gräfin besuchte mich Jacobi30 um 10 Uhr, der schon um 9 Uhr nach einer stärkern Überreise angekommen war und der briefmäßig erst um 2 Uhr eintreffen wollte.
Um 11 Uhr hatt' ich ihn an meiner Brust. Ich hielt einen alten Bruder und Bekan[n]ten meiner Sehnsucht in den Armen. -- Kein35 Weltmann außer im schönsten Sinne -- der stille edle Alte -- -- Mir war als säh ich ihn blos wieder -- Überall Zusammenpassen
weitläuftig, alle die ehrenrührigen Namen vorzuzählen, welche er dem Prof. Schweigger zuwarf; bei Haſenfuß u. ſ. w. fing er an. Er wollte auf der Stelle wieder einpacken. Ich, der es nicht einmal nöthig gehabt hätte, da wegen der allgemeinen Langſamkeit und Lauferei noch nichts ausgepackt war nach ¾ Stunden, ſpielte meiner5 Gewohnheit gemäß das Lamm und blieb ſedat und ſagte, zum Übereilen hätten wir morgen noch Zeit genug. Er kann meine andere Bemerkung bezeugen, daß ich kein beſſeres Zeichen einer nächſten ſchönen Zukunft kennte als wenn man in der erſten Stunde in einem Gaſthofe es miſerabel habe; und daß dieſer deſto mehr verſpreche,10 je weniger er verſpreche.
Jetzt kam der Wirth endlich, ein höflich-junges Männchen — darauf Schrag, an welchen ich im Jammer geſchickt — dann gar Schweigger, welcher meinen letzten Brief, der Freitags erſt Nach- mittags aufgegeben worden, um 1 Poſttag zu ſpät bekommen.15
Vieles ging nun gut und Seebeck blieb, weil ich ihm mein Zimmer ſtatt eines Schloßes gab und tiefer zog.
Am Morgen zog er aus; und da die Zwei gilt, errieth ich alles und ging hoffend auf mein Ausziehen zur Gräfin Monts. Die recht zu ehrende Frau liegt ſeit 8 Wochen an Faul-, dann Schleim-, jetzt20 Wechſelfieber bis zur Entſtellung krank! Ich trug meine Noth vor; — und kurz, ſie machte mich glücklich, denn ich theile jetzt (aber ſchwerlich komm’ ich ihr künftig wieder ſo nahe) jetzt mit der Sophie Kettenburg Zimmer, Kammer und Bett; und logiere köſtlich auf dem Roßmarkte bei Mad. Krause N. 322 dem goldnen25 Reichsadler gegen über und habe ſo viele Schubladen, Wandſchränke, Wandhaken und ſo gute Leute, daß mir eben nichts fehlt ſondern daß Erlangen ſich wiederholt nach meiner Zwei durch ein Freuden-Echo.
Während meines Einſpruchs bei der Gräfin beſuchte mich Jacobi30 um 10 Uhr, der ſchon um 9 Uhr nach einer ſtärkern Überreiſe angekommen war und der briefmäßig erſt um 2 Uhr eintreffen wollte.
Um 11 Uhr hatt’ ich ihn an meiner Bruſt. Ich hielt einen alten Bruder und Bekan[n]ten meiner Sehnſucht in den Armen. — Kein35 Weltmann außer im ſchönſten Sinne — der ſtille edle Alte — — Mir war als ſäh ich ihn blos wieder — Überall Zuſammenpaſſen
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Er wollte auf der Stelle wieder einpacken. Ich, der es nicht einmal
nöthig gehabt hätte, da wegen der allgemeinen Langſamkeit und
Lauferei noch nichts ausgepackt war nach ¾ Stunden, ſpielte meiner 5
Gewohnheit gemäß das Lamm und blieb ſedat und ſagte, zum
Übereilen hätten wir morgen noch Zeit genug. Er kann meine andere
Bemerkung bezeugen, daß ich kein beſſeres Zeichen einer nächſten
ſchönen Zukunft kennte als wenn man in der erſten Stunde in einem
Gaſthofe es miſerabel habe; und daß dieſer deſto mehr verſpreche, 10
je weniger er verſpreche.
Jetzt kam der Wirth endlich, ein höflich-junges Männchen —
darauf Schrag, an welchen ich im Jammer geſchickt — dann gar
Schweigger, welcher meinen letzten Brief, der Freitags erſt Nach-
mittags aufgegeben worden, um 1 Poſttag zu ſpät bekommen. 15
Vieles ging nun gut und Seebeck blieb, weil ich ihm mein
Zimmer ſtatt eines Schloßes gab und tiefer zog.
Am Morgen zog er aus; und da die Zwei gilt, errieth ich alles
und ging hoffend auf mein Ausziehen zur Gräfin Monts. Die recht
zu ehrende Frau liegt ſeit 8 Wochen an Faul-, dann Schleim-, jetzt 20
Wechſelfieber bis zur Entſtellung krank! Ich trug meine Noth vor;
— und kurz, ſie machte mich glücklich, denn ich theile jetzt (aber
ſchwerlich komm’ ich ihr künftig wieder ſo nahe) jetzt mit der Sophie
Kettenburg Zimmer, Kammer und Bett; und logiere köſtlich auf
dem Roßmarkte bei Mad. Krause N. 322 dem goldnen 25
Reichsadler gegen über und habe ſo viele Schubladen,
Wandſchränke, Wandhaken und ſo gute Leute, daß mir eben
nichts fehlt ſondern daß Erlangen ſich wiederholt nach
meiner Zwei durch ein Freuden-Echo.
Während meines Einſpruchs bei der Gräfin beſuchte mich Jacobi 30
um 10 Uhr, der ſchon um 9 Uhr nach einer ſtärkern Überreiſe
angekommen war und der briefmäßig erſt um 2 Uhr eintreffen
wollte.
Um 11 Uhr hatt’ ich ihn an meiner Bruſt. Ich hielt einen alten
Bruder und Bekan[n]ten meiner Sehnſucht in den Armen. — Kein 35
Weltmann außer im ſchönſten Sinne — der ſtille edle Alte — —
Mir war als ſäh ich ihn blos wieder — Überall Zuſammenpaſſen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/283>, abgerufen am 24.11.2024.
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