-- Sogar seine Schwestern gefielen mir -- Abends gingen diese ge- wöhnlich zu Bette und ich saß allein neben ihm und sie baten mich, ihn nicht in seiner Kindlichkeit zu lange fortsprechen zu lassen, und setzten doch die Bouteille hin -- Sie wurde nicht angefangen oder angebrochen und ich schonte ihn -- So ging es in Einem fort -- Vor-5 gestern (Freitags) fuhr ich mit ihm nach Erlangen sammt vielen andern Nachfahrern und halb Erlangen aß oben im Welsischen Garten. Das Übrige in ordentlichen Briefen; denn hier fehlt nicht nur mehr Licht, auch Schatten. Heute Sonnabends entflog er. Es ist unmöglich, den alten Mann nicht zu lieben; und sogar sein10 philosophischer Feind Hegel liebt ihn jetzt.
649. An Karoline Richter und die Kinder.
Nürnberg d. 7. Jun. 1812
Liebe Karoline! Noch vor deinem hoffentlich schon ab[ge]schickten Briefe schreib' ich meinen. In der Beilage an Otto und Emanuel15 findest du die Hauptzüge meiner Reisegeschichte. Wie eine Blüten- laube umgibt mich mein Zimmerchen, und keine einzige Bequem- lichkeit fehlt. Die gute 79jährige Hausfrau und eine vortreffliche Magd sorgen für alles. -- Meine Adresse ist: No. 322 auf dem Roßmarkt bei Mad. Krause. (Sophie Kettenburg war meine20 Vorgängerin.) Gib deine Briefe Vormittags auf die Post; mein letzter am Freitag um 3 Uhr aufgegeben blieb dennoch liegen. Ich bin wieder wie in Erlangen auf eine so unbegreifliche Art gesund, ob ich gleich während der 4 tägigen Anwesenheit Jacobis im Essen und Trinken mehr gewagt habe als in Baireuth in 4 Monaten. --25 Gib blos (du siehst, ich schreibe alles durch einander) Laubthaler und zumal halbe aus und besonders bei Kaufleuten; kaufe einige Lb Kaffee und Zucker, und anderes Unentbehrliche in Quantität. -- Schreibe mir recht viel von meinen lieben Kinderlein; und lasse sie selber (aber ohne Einhülfe) an mich schreiben nur auf kleinen30 Zettelchen. -- Lies ja meinen hinterlassenen Haushalts Zettel manchmal.
Seebeck wollte schon heute ankommen; und dieß wäre mir herz- lich lieb gewesen, damit doch mein Brief die Feier deines heutigen Tags beschlossen hätte. Ich feiere ihn einsam und liebend mit35
— Sogar ſeine Schweſtern gefielen mir — Abends gingen dieſe ge- wöhnlich zu Bette und ich ſaß allein neben ihm und ſie baten mich, ihn nicht in ſeiner Kindlichkeit zu lange fortſprechen zu laſſen, und ſetzten doch die Bouteille hin — Sie wurde nicht angefangen oder angebrochen und ich ſchonte ihn — So ging es in Einem fort — Vor-5 geſtern (Freitags) fuhr ich mit ihm nach Erlangen ſammt vielen andern Nachfahrern und halb Erlangen aß oben im Welsischen Garten. Das Übrige in ordentlichen Briefen; denn hier fehlt nicht nur mehr Licht, auch Schatten. Heute Sonnabends entflog er. Es iſt unmöglich, den alten Mann nicht zu lieben; und ſogar ſein10 philoſophiſcher Feind Hegel liebt ihn jetzt.
649. An Karoline Richter und die Kinder.
Nürnberg d. 7. Jun. 1812
Liebe Karoline! Noch vor deinem hoffentlich ſchon ab[ge]ſchickten Briefe ſchreib’ ich meinen. In der Beilage an Otto und Emanuel15 findeſt du die Hauptzüge meiner Reiſegeſchichte. Wie eine Blüten- laube umgibt mich mein Zimmerchen, und keine einzige Bequem- lichkeit fehlt. Die gute 79jährige Hausfrau und eine vortreffliche Magd ſorgen für alles. — Meine Adreſſe iſt: No. 322 auf dem Roßmarkt bei Mad. Krause. (Sophie Kettenburg war meine20 Vorgängerin.) Gib deine Briefe Vormittags auf die Poſt; mein letzter am Freitag um 3 Uhr aufgegeben blieb dennoch liegen. Ich bin wieder wie in Erlangen auf eine ſo unbegreifliche Art geſund, ob ich gleich während der 4 tägigen Anweſenheit Jacobis im Eſſen und Trinken mehr gewagt habe als in Baireuth in 4 Monaten. —25 Gib blos (du ſiehſt, ich ſchreibe alles durch einander) Laubthaler und zumal halbe aus und beſonders bei Kaufleuten; kaufe einige ℔ Kaffee und Zucker, und anderes Unentbehrliche in Quantität. — Schreibe mir recht viel von meinen lieben Kinderlein; und laſſe ſie ſelber (aber ohne Einhülfe) an mich ſchreiben nur auf kleinen30 Zettelchen. — Lies ja meinen hinterlaſſenen Haushalts Zettel manchmal.
Seebeck wollte ſchon heute ankommen; und dieß wäre mir herz- lich lieb geweſen, damit doch mein Brief die Feier deines heutigen Tags beſchloſſen hätte. Ich feiere ihn einſam und liebend mit35
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— Sogar ſeine Schweſtern gefielen mir — Abends gingen dieſe ge-
wöhnlich zu Bette und ich ſaß allein neben ihm und ſie baten mich,
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ſetzten doch die Bouteille hin — Sie wurde nicht angefangen oder
angebrochen und ich ſchonte ihn — So ging es in Einem fort — Vor- 5
geſtern (Freitags) fuhr ich mit ihm nach Erlangen ſammt vielen
andern Nachfahrern und halb Erlangen aß oben im Welsischen
Garten. Das Übrige in ordentlichen Briefen; denn hier fehlt nicht
nur mehr Licht, auch Schatten. Heute Sonnabends entflog er.
Es iſt unmöglich, den alten Mann nicht zu lieben; und ſogar ſein 10
philoſophiſcher Feind Hegel liebt ihn jetzt.
649. An Karoline Richter und die Kinder.
Nürnberg d. 7. Jun. 1812
Liebe Karoline! Noch vor deinem hoffentlich ſchon ab[ge]ſchickten
Briefe ſchreib’ ich meinen. In der Beilage an Otto und Emanuel 15
findeſt du die Hauptzüge meiner Reiſegeſchichte. Wie eine Blüten-
laube umgibt mich mein Zimmerchen, und keine einzige Bequem-
lichkeit fehlt. Die gute 79jährige Hausfrau und eine vortreffliche
Magd ſorgen für alles. — Meine Adreſſe iſt: No. 322 auf dem
Roßmarkt bei Mad. Krause. (Sophie Kettenburg war meine 20
Vorgängerin.) Gib deine Briefe Vormittags auf die Poſt; mein
letzter am Freitag um 3 Uhr aufgegeben blieb dennoch liegen. Ich
bin wieder wie in Erlangen auf eine ſo unbegreifliche Art geſund,
ob ich gleich während der 4 tägigen Anweſenheit Jacobis im Eſſen
und Trinken mehr gewagt habe als in Baireuth in 4 Monaten. — 25
Gib blos (du ſiehſt, ich ſchreibe alles durch einander) Laubthaler
und zumal halbe aus und beſonders bei Kaufleuten; kaufe einige ℔
Kaffee und Zucker, und anderes Unentbehrliche in Quantität. —
Schreibe mir recht viel von meinen lieben Kinderlein; und laſſe ſie
ſelber (aber ohne Einhülfe) an mich ſchreiben nur auf kleinen 30
Zettelchen. — Lies ja meinen hinterlaſſenen Haushalts Zettel
manchmal.
Seebeck wollte ſchon heute ankommen; und dieß wäre mir herz-
lich lieb geweſen, damit doch mein Brief die Feier deines heutigen
Tags beſchloſſen hätte. Ich feiere ihn einſam und liebend mit 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/284>, abgerufen am 24.11.2024.
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