Deine -- eben so klare als kurze -- Finanzdarstellungen sind zugleich ächthistorische; und erst durch diese gewinnt man den Blick über jene. Besonders erfreueten mich die -- oft ironischen -- Blicke S. 56, 63, 66, 67, 79, 80, 88, 92. Jetzo erst versteh' ich das Lizenzen-Unwesen, das wider Willen und wider Sprichwort summam5 injuriam summum jus werden läßt; und überhaupt versteh' ich ein- zelne ausgerissene Redesätze Diskurssätze, die du mir ohne Schluß- kette anhängen wolltest. Heller und besser als die Bestimmung des Geldes und deine Weißagung über das verarmende Frankreich neben dem verarmten Deutschland kann nichts sein. Hätt ich es10 freilich im Mspt gelesen, so wären einige kurze Zweifel, wo du Geld und Produktentausch oder wo du Metallgeld meinst, weg- geblieben. Übrigens hast du den eigentl. ewigen Gesichtpunkt ge- geben: Geld ist Überschuß der Tauschware. -- Ich bitte dich daher um die Vorsetzung dieser Fortsetzung, nämlich um den Anfang. --15 Überall ist die Darstellung kurz und recht.
752. An Otto.
[Bayreuth, Mai (?) 1813]
Lieber Alter! Außer dem beifolgenden Mainzer Liebebrief kam auch noch der Polizeidiener mit dem Befehle, daß ich in 24 Stunden20 fatiren und narrieren soll (ich weiß nicht mehr bei welcher Geld- und Loos-Strafe). Da ich nun gar nichts vom Staate habe und nichts in ihm verdiene (die Interessen ausgenommen): so will ich dieß dem R[ent] A[mtmann] Geiger schreiben und 5 fl. zum Loose mitschicken. Oder muß ich die Fragen auf der Fassion beantworten?25 -- Ist mir doch in keinem Staate noch so gegangen als gerade in einem, den ich gewis so sehr liebe und achte wie du den preu- ßischen.
753. An Otto.
[Bayreuth, Mai 1813]30
Guten Abend, Lieber! Hier wieder eine Zeitung aus dem Wonnemonat. -- Sei so gut und schicke mir den Weinbrief und den köstlichen von der Lux. Ich errieths, eh du mir schriebst; aber dir war das Errathen schwerer.
21 Jean Paul Briefe. VI.
Deine — eben ſo klare als kurze — Finanzdarſtellungen ſind zugleich ächthiſtoriſche; und erſt durch dieſe gewinnt man den Blick über jene. Beſonders erfreueten mich die — oft ironiſchen — Blicke S. 56, 63, 66, 67, 79, 80, 88, 92. Jetzo erſt verſteh’ ich das Lizenzen-Unweſen, das wider Willen und wider Sprichwort summam5 injuriam summum jus werden läßt; und überhaupt verſteh’ ich ein- zelne ausgeriſſene Redeſätze 〈Diſkursſätze〉, die du mir ohne Schluß- kette anhängen wollteſt. Heller und beſſer als die Beſtimmung des Geldes und deine Weißagung über das verarmende Frankreich neben dem verarmten Deutſchland kann nichts ſein. Hätt ich es10 freilich im Mſpt geleſen, ſo wären einige kurze Zweifel, wo du Geld und Produktentauſch oder wo du Metallgeld meinſt, weg- geblieben. Übrigens haſt du den eigentl. ewigen Geſichtpunkt ge- geben: Geld iſt Überſchuß der Tauſchware. — Ich bitte dich daher um die Vorſetzung dieſer Fortſetzung, nämlich um den Anfang. —15 Überall iſt die Darſtellung kurz und recht.
752. An Otto.
[Bayreuth, Mai (?) 1813]
Lieber Alter! Außer dem beifolgenden Mainzer Liebebrief kam auch noch der Polizeidiener mit dem Befehle, daß ich in 24 Stunden20 fatiren und narrieren ſoll (ich weiß nicht mehr bei welcher Geld- und Loos-Strafe). Da ich nun gar nichts vom Staate habe und nichts in ihm verdiene (die Intereſſen ausgenommen): ſo will ich dieß dem R[ent] A[mtmann] Geiger ſchreiben und 5 fl. zum Looſe mitſchicken. Oder muß ich die Fragen auf der Fassion beantworten?25 — Iſt mir doch in keinem Staate noch ſo gegangen als gerade in einem, den ich gewis ſo ſehr liebe und achte wie du den preu- ßiſchen.
753. An Otto.
[Bayreuth, Mai 1813]30
Guten Abend, Lieber! Hier wieder eine Zeitung aus dem Wonnemonat. — Sei ſo gut und ſchicke mir den Weinbrief und den köſtlichen von der Lux. Ich errieths, eh du mir ſchriebſt; aber dir war das Errathen ſchwerer.
21 Jean Paul Briefe. VI.
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Deine — eben ſo klare als kurze — Finanzdarſtellungen ſind zugleich
ächthiſtoriſche; und erſt durch dieſe gewinnt man den Blick über
jene. Beſonders erfreueten mich die — oft ironiſchen — Blicke
S. 56, 63, 66, 67, 79, 80, 88, 92. Jetzo erſt verſteh’ ich das
Lizenzen-Unweſen, das wider Willen und wider Sprichwort summam 5
injuriam summum jus werden läßt; und überhaupt verſteh’ ich ein-
zelne ausgeriſſene Redeſätze 〈Diſkursſätze〉, die du mir ohne Schluß-
kette anhängen wollteſt. Heller und beſſer als die Beſtimmung
des Geldes und deine Weißagung über das verarmende Frankreich
neben dem verarmten Deutſchland kann nichts ſein. Hätt ich es 10
freilich im Mſpt geleſen, ſo wären einige kurze Zweifel, wo du
Geld und Produktentauſch oder wo du Metallgeld meinſt, weg-
geblieben. Übrigens haſt du den eigentl. ewigen Geſichtpunkt ge-
geben: Geld iſt Überſchuß der Tauſchware. — Ich bitte dich daher
um die Vorſetzung dieſer Fortſetzung, nämlich um den Anfang. — 15
Überall iſt die Darſtellung kurz und recht.
752. An Otto.
[Bayreuth, Mai (?) 1813]
Lieber Alter! Außer dem beifolgenden Mainzer Liebebrief kam
auch noch der Polizeidiener mit dem Befehle, daß ich in 24 Stunden 20
fatiren und narrieren ſoll (ich weiß nicht mehr bei welcher Geld-
und Loos-Strafe). Da ich nun gar nichts vom Staate habe und
nichts in ihm verdiene (die Intereſſen ausgenommen): ſo will ich
dieß dem R[ent] A[mtmann] Geiger ſchreiben und 5 fl. zum Looſe
mitſchicken. Oder muß ich die Fragen auf der Fassion beantworten? 25
— Iſt mir doch in keinem Staate noch ſo gegangen als gerade in
einem, den ich gewis ſo ſehr liebe und achte wie du den preu-
ßiſchen.
753. An Otto.
[Bayreuth, Mai 1813] 30
Guten Abend, Lieber! Hier wieder eine Zeitung aus dem
Wonnemonat. — Sei ſo gut und ſchicke mir den Weinbrief und
den köſtlichen von der Lux. Ich errieths, eh du mir ſchriebſt; aber
dir war das Errathen ſchwerer.
21 Jean Paul Briefe. VI.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/336>, abgerufen am 24.11.2024.
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