Sie sehen, wann ich kann; dann mag Ihnen schnell der Schwur die Augen mit einem Fächer bedecken, wenn ich Ihnen ihn lasse.*)
Liebe gute Seele! Sie sind die erste Unsichtbare, der ich so offen- herzige Briefe, und vollends die Locke gebe; könnt' ich es thun, wenn ich nicht so viel Liebe und Vertrauen für Sie hätte? Sie, die viel5 mehr für mich opfern wollten als ich verdiene oder vergelten kann?
Werden Sie nun künftig nicht durch mein von Geschäften und Lagen abgenöthigtes Schweigen auf Ihre Briefe irre!
Bricht der Krieg wieder aus, und folglich über mein Vaterland herein: so flücht' ich auf einige Zeit nach Heidelberg.10
Lebe froher, liebe Tochter! Quäle dich nicht, sonst quälst du mich und deine Schmerzen verdoppeln sich zu meinen!
Dein Vater Jean Paul Fr. Richter15
Ich habe viele Ursachen zum Wunsche, daß du den Deinigen alles sagtest; und finde bei der vertrauenden Liebe, die sie für dich haben, keinen Grund zum Gegentheil.
779. An Otto.
[Bayreuth, 22. Juli (?) 1813]20
Lieber Otto! Marianne ist halb unsinnig. Lies in meinem Brief- buch meine 3 eingeschlagnen Briefe und dann ihren heutigen an mich, der, so sehr ich über ihn staunen und doch oft lachen mußte, mich zu recht bestimmt ausgesprochnen Antworten zwingt.
780. An Otto.25
[Bayreuth, 22. Juli (?) 1813]
An Otto, aber nicht abgeschickt.
Indem ich den Brief von Marianne erst ganz lese -- denn vor- mittags las ich ihn nur halb und dieses Halbe fliegend -- werd' ich ganz fürchterlich entrüstet, so daß ich fast ein teuflisches Ironie-30 spiel im ganzen Briefwechsel finden könnte, wenn dasselbe nicht
*) Ich male mir die Stunde schön, wo Sie zuerst meine Caroline und meine Kinder sehen, und dann mich; so würd' ich auch alle Ihrigen sehen.
22 Jean Paul Briefe. VI.
Sie ſehen, wann ich kann; dann mag Ihnen ſchnell der Schwur die Augen mit einem Fächer bedecken, wenn ich Ihnen ihn laſſe.*)
Liebe gute Seele! Sie ſind die erſte Unſichtbare, der ich ſo offen- herzige Briefe, und vollends die Locke gebe; könnt’ ich es thun, wenn ich nicht ſo viel Liebe und Vertrauen für Sie hätte? Sie, die viel5 mehr für mich opfern wollten als ich verdiene oder vergelten kann?
Werden Sie nun künftig nicht durch mein von Geſchäften und Lagen abgenöthigtes Schweigen auf Ihre Briefe irre!
Bricht der Krieg wieder aus, und folglich über mein Vaterland herein: ſo flücht’ ich auf einige Zeit nach Heidelberg.10
Lebe froher, liebe Tochter! Quäle dich nicht, ſonſt quälſt du mich und deine Schmerzen verdoppeln ſich zu meinen!
Dein Vater Jean Paul Fr. Richter15
Ich habe viele Urſachen zum Wunſche, daß du den Deinigen alles ſagteſt; und finde bei der vertrauenden Liebe, die ſie für dich haben, keinen Grund zum Gegentheil.
779. An Otto.
[Bayreuth, 22. Juli (?) 1813]20
Lieber Otto! Marianne iſt halb unſinnig. Lies in meinem Brief- buch meine 3 eingeſchlagnen Briefe und dann ihren heutigen an mich, der, ſo ſehr ich über ihn ſtaunen und doch oft lachen mußte, mich zu recht beſtimmt ausgeſprochnen Antworten zwingt.
780. An Otto.25
[Bayreuth, 22. Juli (?) 1813]
An Otto, aber nicht abgeſchickt.
Indem ich den Brief von Marianne erſt ganz leſe — denn vor- mittags las ich ihn nur halb und dieſes Halbe fliegend — werd’ ich ganz fürchterlich entrüſtet, ſo daß ich faſt ein teufliſches Ironie-30 ſpiel im ganzen Briefwechſel finden könnte, wenn daſſelbe nicht
*) Ich male mir die Stunde ſchön, wo Sie zuerſt meine Caroline und meine Kinder ſehen, und dann mich; ſo würd’ ich auch alle Ihrigen ſehen.
22 Jean Paul Briefe. VI.
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Sie ſehen, wann ich kann; dann mag Ihnen ſchnell der Schwur
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Liebe gute Seele! Sie ſind die erſte Unſichtbare, der ich ſo offen-
herzige Briefe, und vollends die Locke gebe; könnt’ ich es thun, wenn
ich nicht ſo viel Liebe und Vertrauen für Sie hätte? Sie, die viel 5
mehr für mich opfern wollten als ich verdiene oder vergelten kann?
Werden Sie nun künftig nicht durch mein von Geſchäften und
Lagen abgenöthigtes Schweigen auf Ihre Briefe irre!
Bricht der Krieg wieder aus, und folglich über mein Vaterland
herein: ſo flücht’ ich auf einige Zeit nach Heidelberg. 10
Lebe froher, liebe Tochter! Quäle dich nicht, ſonſt quälſt du mich
und deine Schmerzen verdoppeln ſich zu meinen!
Dein
Vater
Jean Paul Fr. Richter 15
Ich habe viele Urſachen zum Wunſche, daß du den Deinigen
alles ſagteſt; und finde bei der vertrauenden Liebe, die ſie für dich
haben, keinen Grund zum Gegentheil.
779. An Otto.
[Bayreuth, 22. Juli (?) 1813] 20
Lieber Otto! Marianne iſt halb unſinnig. Lies in meinem Brief-
buch meine 3 eingeſchlagnen Briefe und dann ihren heutigen an
mich, der, ſo ſehr ich über ihn ſtaunen und doch oft lachen mußte,
mich zu recht beſtimmt ausgeſprochnen Antworten zwingt.
780. An Otto. 25
[Bayreuth, 22. Juli (?) 1813]
An Otto, aber nicht abgeſchickt.
Indem ich den Brief von Marianne erſt ganz leſe — denn vor-
mittags las ich ihn nur halb und dieſes Halbe fliegend — werd’
ich ganz fürchterlich entrüſtet, ſo daß ich faſt ein teufliſches Ironie- 30
ſpiel im ganzen Briefwechſel finden könnte, wenn daſſelbe nicht
*) Ich male mir die Stunde ſchön, wo Sie zuerſt meine Caroline und meine
Kinder ſehen, und dann mich; ſo würd’ ich auch alle Ihrigen ſehen.
22 Jean Paul Briefe. VI.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/353>, abgerufen am 16.07.2024.
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