Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952.wachsende Land, auch ohne Anlaß, zu bekriegen. Wie haben nicht Niemand kann den Krieg ohne den Frieden, die Saat ohne die Ja gesetzt sogar, ich wäre das, was mich H--r fälschlich nennt, Mir ist jede Meinung eines andern gleichgültig, sobald sie nur Ihre Aufsätze hab' ich Ihnen alle geschickt. -- Freilich schreib'20 Der Himmel umgebe Sie mit Menschen, welche lieben wie Sie, Ihr Jean Paul Fr. Richter *169. An Stephan Schütze in Weimar. Bayreuth d. 20. Okt. 1809Der Himmel weiß, warum Sie so glücklich sind, daß sogar Ihre30 wachſende Land, auch ohne Anlaß, zu bekriegen. Wie haben nicht Niemand kann den Krieg ohne den Frieden, die Saat ohne die Ja geſetzt ſogar, ich wäre das, was mich H—r fälſchlich nennt, Mir iſt jede Meinung eines andern gleichgültig, ſobald ſie nur Ihre Aufſätze hab’ ich Ihnen alle geſchickt. — Freilich ſchreib’20 Der Himmel umgebe Sie mit Menſchen, welche lieben wie Sie, Ihr Jean Paul Fr. Richter *169. An Stephan Schütze in Weimar. Bayreuth d. 20. Okt. 1809Der Himmel weiß, warum Sie ſo glücklich ſind, daß ſogar Ihre30 <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0070" n="61"/> wachſende Land, auch ohne Anlaß, zu bekriegen. Wie haben nicht<lb/> Sparta, Rom und London die Welt verwundet, um ſich ſelber<lb/> in Blutbädern zu ſtärken und zu heilen! — Mit dieſer politiſchen<lb/> Verblendung ſollte man manche neuere Härten gegen Ausland<lb/> wenigſtens entſchuldigen. Der Machiavellianiſmus nach außen iſt<lb n="5"/> in England blos in ein ganzes Miniſterium vertheilt, wie ſonſt in<lb/> Rom in den Senat; — und durch dieſes Umherſchweifen unter<lb/> einem Kollegium wird der moraliſche Unwille zertheilt und ent-<lb/> kräftet —; iſt hingegen Ein Menſch ein machiav. Miniſterium,<lb/> ſo hat der Haß ſein Ziel und ſeinen feurigen Fokalpunkt.<lb n="10"/> </p> <p>Niemand kann den Krieg ohne den Frieden, die Saat ohne die<lb/> Ernte beurtheilen.</p><lb/> <p>Ja geſetzt ſogar, ich wäre das, was mich <hi rendition="#aq">H—r</hi> fälſchlich nennt,<lb/> „ein warmer Verehrer“: ſo ſeh’ ich treffliche Menſchen um mich,<lb/> welche jenes und dieſes ſind; und der wahrhaft edle Graf von<lb n="15"/> Benzel-Sternau — denn er macht noch beſſere Sachen als ſeine<lb/> Bücher — iſt ſtatt eines Verehrers gar ein Anbeter.</p><lb/> <p>Mir iſt jede Meinung eines andern gleichgültig, ſobald ſie nur<lb/> nicht aus egoiſtiſchen Wünſchen abſtammt. —</p><lb/> <p>Ihre Aufſätze hab’ ich Ihnen <hi rendition="#g">alle</hi> geſchickt. — Freilich ſchreib’<lb n="20"/> ich kleine Briefe, weil ich viele zu ſchreiben habe und große Bücher<lb/> dazu. — Von <hi rendition="#aq">Perthes</hi> bekam ich ſeit <hi rendition="#aq">H—r’s</hi> Hierſein nichts.</p><lb/> <p>Der Himmel umgebe Sie mit Menſchen, welche lieben wie Sie,<lb/> und mit jedem andern Glück. Ich grüße Sie und Ihre Gattin<lb/> und Perthes.<lb n="25"/> </p> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Ihr<lb/> Jean Paul Fr. Richter</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>*169. An <hi rendition="#g">Stephan Schütze in Weimar.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Bayreuth</hi> d. 20. Okt. 1809</hi> </dateline><lb/> <p>Der Himmel weiß, warum Sie ſo glücklich ſind, daß ſogar Ihre<lb n="30"/> Wirklichkeit — deren ſcharfe Spuren überall als Lokalfarben Ihren<lb/> Wanderungen nachbleiben — ſich in Poeſie verklärt. Eh’ ich las,<lb/> wünſcht’ ich lieber ein zweites Luſtſpiel von Ihnen in der Hand<lb/> zu haben. Aber Sie haben dieſe Entbehrung ſchön vergütet durch<lb/> reinen Scherz und reinen Ernſt, durch beſtimmte Charaktere und<lb n="35"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [61/0070]
wachſende Land, auch ohne Anlaß, zu bekriegen. Wie haben nicht
Sparta, Rom und London die Welt verwundet, um ſich ſelber
in Blutbädern zu ſtärken und zu heilen! — Mit dieſer politiſchen
Verblendung ſollte man manche neuere Härten gegen Ausland
wenigſtens entſchuldigen. Der Machiavellianiſmus nach außen iſt 5
in England blos in ein ganzes Miniſterium vertheilt, wie ſonſt in
Rom in den Senat; — und durch dieſes Umherſchweifen unter
einem Kollegium wird der moraliſche Unwille zertheilt und ent-
kräftet —; iſt hingegen Ein Menſch ein machiav. Miniſterium,
ſo hat der Haß ſein Ziel und ſeinen feurigen Fokalpunkt. 10
Niemand kann den Krieg ohne den Frieden, die Saat ohne die
Ernte beurtheilen.
Ja geſetzt ſogar, ich wäre das, was mich H—r fälſchlich nennt,
„ein warmer Verehrer“: ſo ſeh’ ich treffliche Menſchen um mich,
welche jenes und dieſes ſind; und der wahrhaft edle Graf von 15
Benzel-Sternau — denn er macht noch beſſere Sachen als ſeine
Bücher — iſt ſtatt eines Verehrers gar ein Anbeter.
Mir iſt jede Meinung eines andern gleichgültig, ſobald ſie nur
nicht aus egoiſtiſchen Wünſchen abſtammt. —
Ihre Aufſätze hab’ ich Ihnen alle geſchickt. — Freilich ſchreib’ 20
ich kleine Briefe, weil ich viele zu ſchreiben habe und große Bücher
dazu. — Von Perthes bekam ich ſeit H—r’s Hierſein nichts.
Der Himmel umgebe Sie mit Menſchen, welche lieben wie Sie,
und mit jedem andern Glück. Ich grüße Sie und Ihre Gattin
und Perthes. 25
Ihr
Jean Paul Fr. Richter
*169. An Stephan Schütze in Weimar.
Bayreuth d. 20. Okt. 1809
Der Himmel weiß, warum Sie ſo glücklich ſind, daß ſogar Ihre 30
Wirklichkeit — deren ſcharfe Spuren überall als Lokalfarben Ihren
Wanderungen nachbleiben — ſich in Poeſie verklärt. Eh’ ich las,
wünſcht’ ich lieber ein zweites Luſtſpiel von Ihnen in der Hand
zu haben. Aber Sie haben dieſe Entbehrung ſchön vergütet durch
reinen Scherz und reinen Ernſt, durch beſtimmte Charaktere und 35
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(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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