Auf Ihr letztes mir angenehmes Blättchen -- aber jedes von Ihnen ist mir ein angenehmes -- hab' ich in Betreff der letzten Sendung für das Morgenblatt zu sagen, daß der unabgedruckte5 Theil ganz wol bis zur Zeit des Urtheils liegen bleiben kann. -- Meine künftigen vermischten Schriften geb' ich Ihnen mit Freuden -- um so mehr, da so viele Aufsätze aus Ihren Verlags-Zeit- schriften darein kämen --; aber vor der Hand, d. h. vor 2 Messen kanns[!] ich nicht aus Zeit-Mangel. Zimmer gibt zur M[ichaelis]10 M[esse] 1810 den dritten Band des Katzenbergers. -- Für Perthes vaterländisches Museum hab' ich ein ziemliches Paquet "Nach- daemmerungen für Deutschland" abgeschickt. Sollte etwann diese Zeitschrift gar nicht zu Stande kommen: so send' ich jene Ihnen als Nachschrift zu den Daemmerungen oder als kleines15 2tes Theilchen derselben.
Hier leg' ich ein Blättchen von meiner Schwägerin Minna Spazier an die Redakzion bei, eine Rezension der Urania betreffend. Sie beklagt sich sehr über diese. "Ein Schulze, auch Mitarbeiter des Morgenblatts, habe früher eine unpartheiischere ohne ihr20 Wissen eingesandt." Ich weiß von nichts als von der Urania selber, worin ich gerade die "Briefe eines genialen Frauenzimmers" so anziehend gefunden als früher in Berlin die Urbilder dazu so abstoßend. Übrigens kann ich schon als Verwandter, und aus vielen andern Gründen kein Wort für Urania im Morgenblatt sagen;25 aber dieß bitt' ich Sie und die Redakzion, das Urtheil Schulzens darin aufzunehmen, wie wol ich es nicht gelesen. Der unparteiische Mann widerspricht sich selten; aber die unparteiische Rezensur- Anstalt widerspreche sich recht oft; und nichts war mir von jeher in Literatur-Zeitungen erwünschter und achtbarer, als in der näm-30 lichen zuweilen 2 widersprechende Rezensionen 1 Buchs aufgenom- men zu finden. Denn Zeit und Mitwelt widersprechen ja auch -- nun so ahme das Journal es nach. -- Minna Sp. gehört übrigens unter die genialsten Schreib-Weiber jetziger Zeit, die Stael aus- genommen.35
Wagners beide neueste Werke hab' ich noch nicht erhalten.
Leben Sie wol, lieber Cotta! In der nächst-vorigen und jetzigen
224. An Cotta.
Bayreuth d. 4. Jenn. [vielmehr Febr.] 1810
Auf Ihr letztes mir angenehmes Blättchen — aber jedes von Ihnen iſt mir ein angenehmes — hab’ ich in Betreff der letzten Sendung für das Morgenblatt zu ſagen, daß der unabgedruckte5 Theil ganz wol bis zur Zeit des Urtheils liegen bleiben kann. — Meine künftigen vermiſchten Schriften geb’ ich Ihnen mit Freuden — um ſo mehr, da ſo viele Aufſätze aus Ihren Verlags-Zeit- ſchriften darein kämen —; aber vor der Hand, d. h. vor 2 Meſſen kanns[!] ich nicht aus Zeit-Mangel. Zimmer gibt zur M[ichaelis]10 M[eſſe] 1810 den dritten Band des Katzenbergers. — Für Perthes vaterländiſches Muſeum hab’ ich ein ziemliches Paquet „Nach- daemmerungen für Deutschland“ abgeſchickt. Sollte etwann dieſe Zeitſchrift gar nicht zu Stande kommen: ſo ſend’ ich jene Ihnen als Nachſchrift zu den Daemmerungen oder als kleines15 2tes Theilchen derſelben.
Hier leg’ ich ein Blättchen von meiner Schwägerin Minna Spazier an die Redakzion bei, eine Rezenſion der Urania betreffend. Sie beklagt ſich ſehr über dieſe. „Ein Schulze, auch Mitarbeiter des Morgenblatts, habe früher eine unpartheiiſchere ohne ihr20 Wiſſen eingeſandt.“ Ich weiß von nichts als von der Urania ſelber, worin ich gerade die „Briefe eines genialen Frauenzimmers“ ſo anziehend gefunden als früher in Berlin die Urbilder dazu ſo abſtoßend. Übrigens kann ich ſchon als Verwandter, und aus vielen andern Gründen kein Wort für Urania im Morgenblatt ſagen;25 aber dieß bitt’ ich Sie und die Redakzion, das Urtheil Schulzens darin aufzunehmen, wie wol ich es nicht geleſen. Der unparteiiſche Mann widerſpricht ſich ſelten; aber die unparteiiſche Rezenſur- Anſtalt widerſpreche ſich recht oft; und nichts war mir von jeher in Literatur-Zeitungen erwünſchter und achtbarer, als in der näm-30 lichen zuweilen 2 widerſprechende Rezenſionen 1 Buchs aufgenom- men zu finden. Denn Zeit und Mitwelt widerſprechen ja auch — nun ſo ahme das Journal es nach. — Minna Sp. gehört übrigens unter die genialſten Schreib-Weiber jetziger Zeit, die Stael aus- genommen.35
Wagners beide neueſte Werke hab’ ich noch nicht erhalten.
Leben Sie wol, lieber Cotta! In der nächſt-vorigen und jetzigen
<TEI><text><body><pbfacs="#f0099"n="86"/><divtype="letter"n="1"><head>224. An <hirendition="#g">Cotta.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right"><hirendition="#aq">Bayreuth d. 4. Jenn.</hi> [vielmehr Febr.] 1810</hi></dateline><lb/><p>Auf Ihr letztes mir angenehmes Blättchen — aber jedes von<lb/>
Ihnen iſt mir ein angenehmes — hab’ ich in Betreff der letzten<lb/>
Sendung für das Morgenblatt zu ſagen, daß der unabgedruckte<lbn="5"/>
Theil ganz wol bis zur Zeit des Urtheils liegen bleiben kann. —<lb/>
Meine künftigen vermiſchten Schriften geb’ ich Ihnen mit Freuden<lb/>— um ſo mehr, da ſo viele Aufſätze aus Ihren Verlags-Zeit-<lb/>ſchriften darein kämen —; aber vor der Hand, d. h. vor 2 Meſſen<lb/>
kanns[!] ich nicht aus Zeit-Mangel. <hirendition="#aq">Zimmer</hi> gibt zur M[ichaelis]<lbn="10"/>
M[eſſe] 1810 den dritten Band des Katzenbergers. — Für <hirendition="#aq">Perthes</hi><lb/>
vaterländiſches Muſeum hab’ ich ein ziemliches Paquet <hirendition="#aq">„Nach-<lb/>
daemmerungen für Deutschland“</hi> abgeſchickt. Sollte etwann<lb/>
dieſe Zeitſchrift gar nicht zu Stande kommen: ſo ſend’ ich jene<lb/>
Ihnen als Nachſchrift zu den <hirendition="#aq">Daemmerungen</hi> oder als <hirendition="#g">kleines</hi><lbn="15"/>
2<hirendition="#sup">tes</hi> Theil<hirendition="#g">chen</hi> derſelben.</p><lb/><p>Hier leg’ ich ein Blättchen von meiner Schwägerin <hirendition="#aq">Minna<lb/>
Spazier</hi> an die Redakzion bei, eine Rezenſion der <hirendition="#aq">Urania</hi> betreffend.<lb/>
Sie beklagt ſich ſehr über dieſe. „Ein <hirendition="#aq">Schulze</hi>, auch Mitarbeiter<lb/>
des Morgenblatts, habe früher eine unpartheiiſchere <hirendition="#g">ohne</hi> ihr<lbn="20"/>
Wiſſen eingeſandt.“ Ich weiß von nichts als von der <hirendition="#aq">Urania</hi><lb/>ſelber, worin ich gerade die „Briefe eines genialen Frauenzimmers“<lb/>ſo anziehend gefunden als früher in <hirendition="#aq">Berlin</hi> die Urbilder dazu ſo<lb/>
abſtoßend. Übrigens kann ich ſchon als Verwandter, und aus vielen<lb/>
andern Gründen kein Wort für <hirendition="#aq">Urania</hi> im Morgenblatt ſagen;<lbn="25"/>
aber dieß bitt’ ich Sie und die Redakzion, das Urtheil <hirendition="#aq">Schulzens</hi><lb/>
darin aufzunehmen, wie wol ich es nicht geleſen. Der unparteiiſche<lb/>
Mann widerſpricht ſich ſelten; aber die unparteiiſche Rezenſur-<lb/>
Anſtalt widerſpreche ſich recht oft; und nichts war mir von jeher<lb/>
in Literatur-Zeitungen erwünſchter und achtbarer, als in der näm-<lbn="30"/>
lichen zuweilen 2 widerſprechende Rezenſionen 1 Buchs aufgenom-<lb/>
men zu finden. Denn Zeit und Mitwelt widerſprechen ja auch —<lb/>
nun ſo ahme das Journal es nach. —<hirendition="#aq">Minna Sp.</hi> gehört übrigens<lb/>
unter die genialſten Schreib-Weiber jetziger Zeit, die <hirendition="#aq">Stael</hi> aus-<lb/>
genommen.<lbn="35"/></p><p><hirendition="#aq">Wagners</hi> beide neueſte Werke hab’ ich noch nicht erhalten.</p><lb/><p>Leben Sie wol, lieber <hirendition="#aq">Cotta</hi>! In der nächſt-vorigen und jetzigen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[86/0099]
224. An Cotta.
Bayreuth d. 4. Jenn. [vielmehr Febr.] 1810
Auf Ihr letztes mir angenehmes Blättchen — aber jedes von
Ihnen iſt mir ein angenehmes — hab’ ich in Betreff der letzten
Sendung für das Morgenblatt zu ſagen, daß der unabgedruckte 5
Theil ganz wol bis zur Zeit des Urtheils liegen bleiben kann. —
Meine künftigen vermiſchten Schriften geb’ ich Ihnen mit Freuden
— um ſo mehr, da ſo viele Aufſätze aus Ihren Verlags-Zeit-
ſchriften darein kämen —; aber vor der Hand, d. h. vor 2 Meſſen
kanns[!] ich nicht aus Zeit-Mangel. Zimmer gibt zur M[ichaelis] 10
M[eſſe] 1810 den dritten Band des Katzenbergers. — Für Perthes
vaterländiſches Muſeum hab’ ich ein ziemliches Paquet „Nach-
daemmerungen für Deutschland“ abgeſchickt. Sollte etwann
dieſe Zeitſchrift gar nicht zu Stande kommen: ſo ſend’ ich jene
Ihnen als Nachſchrift zu den Daemmerungen oder als kleines 15
2tes Theilchen derſelben.
Hier leg’ ich ein Blättchen von meiner Schwägerin Minna
Spazier an die Redakzion bei, eine Rezenſion der Urania betreffend.
Sie beklagt ſich ſehr über dieſe. „Ein Schulze, auch Mitarbeiter
des Morgenblatts, habe früher eine unpartheiiſchere ohne ihr 20
Wiſſen eingeſandt.“ Ich weiß von nichts als von der Urania
ſelber, worin ich gerade die „Briefe eines genialen Frauenzimmers“
ſo anziehend gefunden als früher in Berlin die Urbilder dazu ſo
abſtoßend. Übrigens kann ich ſchon als Verwandter, und aus vielen
andern Gründen kein Wort für Urania im Morgenblatt ſagen; 25
aber dieß bitt’ ich Sie und die Redakzion, das Urtheil Schulzens
darin aufzunehmen, wie wol ich es nicht geleſen. Der unparteiiſche
Mann widerſpricht ſich ſelten; aber die unparteiiſche Rezenſur-
Anſtalt widerſpreche ſich recht oft; und nichts war mir von jeher
in Literatur-Zeitungen erwünſchter und achtbarer, als in der näm- 30
lichen zuweilen 2 widerſprechende Rezenſionen 1 Buchs aufgenom-
men zu finden. Denn Zeit und Mitwelt widerſprechen ja auch —
nun ſo ahme das Journal es nach. — Minna Sp. gehört übrigens
unter die genialſten Schreib-Weiber jetziger Zeit, die Stael aus-
genommen. 35
Wagners beide neueſte Werke hab’ ich noch nicht erhalten.
Leben Sie wol, lieber Cotta! In der nächſt-vorigen und jetzigen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/99>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.