Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.358. An Emanuel. [Bayreuth, 15. Dez. 1817]Guten Morgen, mein Emanuel! Voß wird Sie wieder laben; 359. An Heinrich Voß in Heidelberg. Baireut d. 15. Dez. 181710Mein geliebter Heinrich! Etwas muß ich doch deinen schönen 358. An Emanuel. [Bayreuth, 15. Dez. 1817]Guten Morgen, mein Emanuel! Voß wird Sie wieder laben; 359. An Heinrich Voß in Heidelberg. Baireut d. 15. Dez. 181710Mein geliebter Heinrich! Etwas muß ich doch deinen ſchönen <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0169" n="162"/> <div type="letter" n="1"> <head>358. An <hi rendition="#g">Emanuel</hi>.</head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 15. Dez. 1817]</hi> </dateline><lb/> <p>Guten Morgen, mein Emanuel! Voß wird Sie wieder laben;<lb/> wie ich ihn mit Ihrem Blättchen, das erſt leider morgen abgeht,<lb/> da ich bisher durchaus dazu ſchreiben wollte und nicht konnte. —<lb n="5"/> <hi rendition="#aq">Thieriot</hi> iſt auch ſchon da. Ich habe weder von ſeinem Ehe Glück<lb/> noch Unglück einen Begriff. Einen Morgengruß an die Wieder-<lb/> auferſtandne!</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>359. An <hi rendition="#g">Heinrich Voß in Heidelberg</hi>.</head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Baireut</hi> d. 15. Dez. 1817</hi> </dateline> <lb n="10"/> <p>Mein geliebter Heinrich! Etwas muß ich doch deinen ſchönen<lb/> Briefen beantworten — wenn ich auch in der Eile ihren äſthetiſchen<lb/> Werth nicht vergelte —, nämlich die Fragen. <hi rendition="#aq">Thieriot</hi> ſchrieb als<lb/> ein noch 18jähriger Anhänger 〈Schüler〉 <hi rendition="#aq">Hermanns</hi> wirklich den<lb/> Homer und ſeine Scholiaſten. Er iſt mehr als Liebhaber in der<lb n="15"/> griechiſchen und in der engliſchen Sprache, welcher letzten er ſchon<lb/> als Jüngling einen ſtückweiſen deutſchen Shakſpeare abzwang,<lb/> übrigens voll Liebe, Reinheit, Redlichkeit, Eitelkeit, Unbeſonnenheit<lb/> und Außen-Idiotiſmen. — Calderon ſpielte auf den alten Glauben<lb/> an, daß nur Bockblut den Diamanten weich mache. — Übrigens iſt<lb n="20"/> ſpaniſche Klang-Poeſie uns unüberſetzbar; und zum Theil die italie-<lb/> niſche; der Dante von Bachenſchwanz iſt mir in anderer Hinſicht<lb/> 1000 [mal] lieber als der von Kannegießer. Aber den Homer und<lb/> Virgil brachte doch dein Vater mit ſchweren klingenden Schätzen<lb/> zu uns herüber. — Yngur[d] iſt im böſen Sinne eine Müllners Schuld<lb n="25"/> ſelber; iſt weder zu ſehen, noch zu leſen; aber er rechnet wie all’ das<lb/> neue Schreibvolk ſeinen Schatten zu ſeiner Statur. — <hi rendition="#aq">Roberts</hi><lb/> Gedichte gegen Napoleon ſind mir ein leeres Sonnetten-Feuerwerk<lb/> ohne Wärme; aber ſeine Jephta ſcheint mir trefflich. <hi rendition="#aq">Rückert</hi><lb/> ſteht lyriſch hoch über ihm; nur übertäubt die Inſtrumentalmuſik<lb n="30"/> der Sonnette ſeine dichteriſche Vokalmuſik. Die meiſten jetzigen<lb/> Sangvögel ſingen nach einer Drehorgel von Muſtern, nicht aus<lb/> heiſſem Bruttrieb, wie die Nachtigall. — Dem lieben <hi rendition="#aq">Geib</hi> kann ich<lb/> nichts geben. Mit jeder neuen Monat- ꝛc. ꝛc. ſchrift bekomm’ ich<lb/> einen neuen Feind, weil ich Mitarbeiter ſein ſoll und nie kann und<lb n="35"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [162/0169]
358. An Emanuel.
[Bayreuth, 15. Dez. 1817]
Guten Morgen, mein Emanuel! Voß wird Sie wieder laben;
wie ich ihn mit Ihrem Blättchen, das erſt leider morgen abgeht,
da ich bisher durchaus dazu ſchreiben wollte und nicht konnte. — 5
Thieriot iſt auch ſchon da. Ich habe weder von ſeinem Ehe Glück
noch Unglück einen Begriff. Einen Morgengruß an die Wieder-
auferſtandne!
359. An Heinrich Voß in Heidelberg.
Baireut d. 15. Dez. 1817 10
Mein geliebter Heinrich! Etwas muß ich doch deinen ſchönen
Briefen beantworten — wenn ich auch in der Eile ihren äſthetiſchen
Werth nicht vergelte —, nämlich die Fragen. Thieriot ſchrieb als
ein noch 18jähriger Anhänger 〈Schüler〉 Hermanns wirklich den
Homer und ſeine Scholiaſten. Er iſt mehr als Liebhaber in der 15
griechiſchen und in der engliſchen Sprache, welcher letzten er ſchon
als Jüngling einen ſtückweiſen deutſchen Shakſpeare abzwang,
übrigens voll Liebe, Reinheit, Redlichkeit, Eitelkeit, Unbeſonnenheit
und Außen-Idiotiſmen. — Calderon ſpielte auf den alten Glauben
an, daß nur Bockblut den Diamanten weich mache. — Übrigens iſt 20
ſpaniſche Klang-Poeſie uns unüberſetzbar; und zum Theil die italie-
niſche; der Dante von Bachenſchwanz iſt mir in anderer Hinſicht
1000 [mal] lieber als der von Kannegießer. Aber den Homer und
Virgil brachte doch dein Vater mit ſchweren klingenden Schätzen
zu uns herüber. — Yngur[d] iſt im böſen Sinne eine Müllners Schuld 25
ſelber; iſt weder zu ſehen, noch zu leſen; aber er rechnet wie all’ das
neue Schreibvolk ſeinen Schatten zu ſeiner Statur. — Roberts
Gedichte gegen Napoleon ſind mir ein leeres Sonnetten-Feuerwerk
ohne Wärme; aber ſeine Jephta ſcheint mir trefflich. Rückert
ſteht lyriſch hoch über ihm; nur übertäubt die Inſtrumentalmuſik 30
der Sonnette ſeine dichteriſche Vokalmuſik. Die meiſten jetzigen
Sangvögel ſingen nach einer Drehorgel von Muſtern, nicht aus
heiſſem Bruttrieb, wie die Nachtigall. — Dem lieben Geib kann ich
nichts geben. Mit jeder neuen Monat- ꝛc. ꝛc. ſchrift bekomm’ ich
einen neuen Feind, weil ich Mitarbeiter ſein ſoll und nie kann und 35
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(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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