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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.

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darf, wenn ich nicht alle Kräfte und Genüße höherer Arbeiten zer-
splittern will. --


An Ungern-Sternberg hab' ich schon den 14ten Oktober einen
beantworteten Brief mit den Stammbuchblättchen für Vin-5
centi
geschickt. -- Meine Bitte, Sophie P[aulus] auszuspionieren,
war blos die scherzhaft gesagte, mir damals von dieser Stummen
kleine Fata zu schreiben; denn über ihr Inneres braucht' ich niemand
zu fragen als sie selber, so offen-wahr ist sie und sie würde mir die
eine Hälfte eines Gedankens zeigen, eh' sie noch wüßte, wie die10
andere nur aussähe. -- Sophie Dapping gewinn' ich immer lieber
durch deine so schönen fast con amore entworfnen Gemälde. --
Rezensiere immerhin meinen 2ten Siebenkäs, aber in der Jenaer
L[iteratur] Zeitung,
um meinem darin geifernden Feind Krause
den Platz zum Wider-Bellen zu nehmen, das ich nach meinen15
Saturnalien von ihm erwarte. Sonderbar genug! kann niemand
die zweite Auflage besser beurtheilen als der, welcher die Verbesse-
rungen früher erfuhr als die Fehler der ersten, -- nämlich du. --
Dittmar ist dem Künstler noch meine Büste schuldig. Sage Schwarz,
er solle, wenn er einmal in einem Kästchen nichts bekomme als eine20
lange Nase, es verzeihen, weil es meine eigne sei, die der Künstler
wie ein Tagliacozzo meinem Kopfe nachschicken wolle und die man
mir dann in Heidelberg so leicht aufsetzen kann wie eine Brille. --
Bei der Mutter der schönen Koch würd' ich am Ende wohnen, wenn
ich rechte Freiheit, zu bezahlen behielte -- am allerersten mein Ge-25
tränk --; aber zwischen mir und euch liegen noch viele Berge und
Monate. -- Lasse doch einmal die ewig-bewegliche Bachstelze aus
deinen Briefen hinausfliegen! Nicht eine halbe Minute lang war
ich über das winzige Ding verdrüßlich. -- Wie spät komm' ich in
diesem Briefe auf deine wahrhaft poetische Musik, welche du vom30
alten Jahre in das neue verknüpfend überklingen läßest, und auf die
Seelenworte der herrlichen Mutter, deren Hand das Schönschreiben
so leicht wird wie Schönhandeln! Diese Hand möcht' ich lange
halten und drücken. Sie hat mich und meine Frau wie der Abend-
gesang einer fernen Beterin erquickt. Gott lasse sie dir und dem35
hochwürdigen Vater und euch alle sich einander im künftigen Jahre!
So viel kannst du mir leider nicht wünschen, denn ich habe so gar

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darf, wenn ich nicht alle Kräfte und Genüße höherer Arbeiten zer-
ſplittern will. —


An Ungern-Sternberg hab’ ich ſchon den 14ten Oktober einen
beantworteten Brief mit den Stammbuchblättchen für Vin-5
centi
geſchickt. — Meine Bitte, Sophie P[aulus] auszuſpionieren,
war blos die ſcherzhaft geſagte, mir damals von dieſer Stummen
kleine Fata zu ſchreiben; denn über ihr Inneres braucht’ ich niemand
zu fragen als ſie ſelber, ſo offen-wahr iſt ſie und ſie würde mir die
eine Hälfte eines Gedankens zeigen, eh’ ſie noch wüßte, wie die10
andere nur ausſähe. — Sophie Dapping gewinn’ ich immer lieber
durch deine ſo ſchönen faſt con amore entworfnen Gemälde. —
Rezenſiere immerhin meinen 2ten Siebenkäs, aber in der Jenaer
L[iteratur] Zeitung,
um meinem darin geifernden Feind Krause
den Platz zum Wider-Bellen zu nehmen, das ich nach meinen15
Saturnalien von ihm erwarte. Sonderbar genug! kann niemand
die zweite Auflage beſſer beurtheilen als der, welcher die Verbeſſe-
rungen früher erfuhr als die Fehler der erſten, — nämlich du. —
Dittmar iſt dem Künſtler noch meine Büſte ſchuldig. Sage Schwarz,
er ſolle, wenn er einmal in einem Käſtchen nichts bekomme als eine20
lange Naſe, es verzeihen, weil es meine eigne ſei, die der Künſtler
wie ein Tagliacozzo meinem Kopfe nachſchicken wolle und die man
mir dann in Heidelberg ſo leicht aufſetzen kann wie eine Brille. —
Bei der Mutter der ſchönen Koch würd’ ich am Ende wohnen, wenn
ich rechte Freiheit, zu bezahlen behielte — am allererſten mein Ge-25
tränk —; aber zwiſchen mir und euch liegen noch viele Berge und
Monate. — Laſſe doch einmal die ewig-bewegliche Bachſtelze aus
deinen Briefen hinausfliegen! Nicht eine halbe Minute lang war
ich über das winzige Ding verdrüßlich. — Wie ſpät komm’ ich in
dieſem Briefe auf deine wahrhaft poetiſche Muſik, welche du vom30
alten Jahre in das neue verknüpfend überklingen läßeſt, und auf die
Seelenworte der herrlichen Mutter, deren Hand das Schönſchreiben
ſo leicht wird wie Schönhandeln! Dieſe Hand möcht’ ich lange
halten und drücken. Sie hat mich und meine Frau wie der Abend-
geſang einer fernen Beterin erquickt. Gott laſſe ſie dir und dem35
hochwürdigen Vater und euch alle ſich einander im künftigen Jahre!
So viel kannſt du mir leider nicht wünſchen, denn ich habe ſo gar

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[163/0170] darf, wenn ich nicht alle Kräfte und Genüße höherer Arbeiten zer- ſplittern will. — d. 16. Dezemb. An Ungern-Sternberg hab’ ich ſchon den 14ten Oktober einen beantworteten Brief mit den Stammbuchblättchen für Vin- 5 centi geſchickt. — Meine Bitte, Sophie P[aulus] auszuſpionieren, war blos die ſcherzhaft geſagte, mir damals von dieſer Stummen kleine Fata zu ſchreiben; denn über ihr Inneres braucht’ ich niemand zu fragen als ſie ſelber, ſo offen-wahr iſt ſie und ſie würde mir die eine Hälfte eines Gedankens zeigen, eh’ ſie noch wüßte, wie die 10 andere nur ausſähe. — Sophie Dapping gewinn’ ich immer lieber durch deine ſo ſchönen faſt con amore entworfnen Gemälde. — Rezenſiere immerhin meinen 2ten Siebenkäs, aber in der Jenaer L[iteratur] Zeitung, um meinem darin geifernden Feind Krause den Platz zum Wider-Bellen zu nehmen, das ich nach meinen 15 Saturnalien von ihm erwarte. Sonderbar genug! kann niemand die zweite Auflage beſſer beurtheilen als der, welcher die Verbeſſe- rungen früher erfuhr als die Fehler der erſten, — nämlich du. — Dittmar iſt dem Künſtler noch meine Büſte ſchuldig. Sage Schwarz, er ſolle, wenn er einmal in einem Käſtchen nichts bekomme als eine 20 lange Naſe, es verzeihen, weil es meine eigne ſei, die der Künſtler wie ein Tagliacozzo meinem Kopfe nachſchicken wolle und die man mir dann in Heidelberg ſo leicht aufſetzen kann wie eine Brille. — Bei der Mutter der ſchönen Koch würd’ ich am Ende wohnen, wenn ich rechte Freiheit, zu bezahlen behielte — am allererſten mein Ge- 25 tränk —; aber zwiſchen mir und euch liegen noch viele Berge und Monate. — Laſſe doch einmal die ewig-bewegliche Bachſtelze aus deinen Briefen hinausfliegen! Nicht eine halbe Minute lang war ich über das winzige Ding verdrüßlich. — Wie ſpät komm’ ich in dieſem Briefe auf deine wahrhaft poetiſche Muſik, welche du vom 30 alten Jahre in das neue verknüpfend überklingen läßeſt, und auf die Seelenworte der herrlichen Mutter, deren Hand das Schönſchreiben ſo leicht wird wie Schönhandeln! Dieſe Hand möcht’ ich lange halten und drücken. Sie hat mich und meine Frau wie der Abend- geſang einer fernen Beterin erquickt. Gott laſſe ſie dir und dem 35 hochwürdigen Vater und euch alle ſich einander im künftigen Jahre! So viel kannſt du mir leider nicht wünſchen, denn ich habe ſo gar 11*

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:19:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:19:52Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/170>, abgerufen am 04.12.2024.