Meine Hochachtung gegen Ihre Verdienste um die Gelehrtenwelt und meine Dankbarkeit für die um meine Sprachforschung hab' ich freilich erbärmlich ausgedrückt durch mein elendes Schweigen auf5 [Ihren] liebevollen Brief des vorigen Jahrs. Leider schreibe ich eben immer weniger Briefe, je mehr ich bekomme. Indeß innerlich hab' ich dem Ihrigen Antworten genug gegeben. Damit es nun auch äußerlich geschehe, geb' ich meinen Aufsatz als ein vermehrtes Werkchen heraus, worin ich auf Docens etc. Einwendungen mit10 meinen antworte oder auch zuweilen mit Ja. Jetzo bitt' ich Sie zu entscheiden, ob Sie mir Ihren Brief, den Sie dem Morgenblatt zu geben mir erlaubten, zum treuen Abdruck (sogar des Griechi- schen) in meinem Büchlein vergönnen wollen, oder ob ich nur ein- zelne Einwendungen daraus heben soll. Die Wortfüge-Sache muß15 jetzo zu Ende gestritten werden. Mein Schweigen, das blos durch die Überfülle einer Antwort, wenn es eine Ihrer würdige sein sollte, entstanden ist. [Die] Auseinandersetzung dieser Wörter-Eheprozesse ist eine der schwierigsten in der ganzen Sprach-Erbmasse.
557. An Dr. Göntgen in Frankfurt a. M.20
[Kopie][Bayreuth, 8. Aug. 1819]
Grotefend, dessen Einwendungen ich beachten, widerlegen und wol zuweilen bejahen muß -- gütige Eilantwort -- Ihrem deutschen Herzen werde größeres als deutsches Glück.
558. An Gräfin Chassepot in Löbichau.25
[Kopie][Bayreuth, 20. Aug. 1819]
Ich wollte, im Loben anderer Menschen wäre nur halb so viel Liebe als in Ihrem Schelten; und ich danke Ihnen für jedes zornige Wort. Daher werd' ich auch -- kommen, wenn der Himmel will, nämlich der blaue. Aller Zauber der Menschen und der Landschaften30 geht mir unter auf Reisen, wenn Wolken ihre elenden grauen Schatten darauf werfen; nur zu Hause kümmert mich kein Wetter. Gegen das Ende Augusts fällt gewöhnlich die Entscheidung des
556. An Profeſſor Thierſch in München.
[Konzept][Bayreuth, 8. Aug. 1819]
Meine Hochachtung gegen Ihre Verdienſte um die Gelehrtenwelt und meine Dankbarkeit für die um meine Sprachforſchung hab’ ich freilich erbärmlich ausgedrückt durch mein elendes Schweigen auf5 [Ihren] liebevollen Brief des vorigen Jahrs. Leider ſchreibe ich eben immer weniger Briefe, je mehr ich bekomme. Indeß innerlich hab’ ich dem Ihrigen Antworten genug gegeben. Damit es nun auch äußerlich geſchehe, geb’ ich meinen Aufſatz als ein vermehrtes Werkchen heraus, worin ich auf Docens ꝛc. Einwendungen mit10 meinen antworte oder auch zuweilen mit Ja. Jetzo bitt’ ich Sie zu entſcheiden, ob Sie mir Ihren Brief, den Sie dem Morgenblatt zu geben mir erlaubten, zum treuen Abdruck (ſogar des Griechi- ſchen) in meinem Büchlein vergönnen wollen, oder ob ich nur ein- zelne Einwendungen daraus heben ſoll. Die Wortfüge-Sache muß15 jetzo zu Ende geſtritten werden. Mein Schweigen, das blos durch die Überfülle einer Antwort, wenn es eine Ihrer würdige ſein ſollte, entſtanden iſt. [Die] Auseinanderſetzung dieſer Wörter-Eheprozeſſe iſt eine der ſchwierigſten in der ganzen Sprach-Erbmaſſe.
557. An Dr. Göntgen in Frankfurt a. M.20
[Kopie][Bayreuth, 8. Aug. 1819]
Grotefend, deſſen Einwendungen ich beachten, widerlegen und wol zuweilen bejahen muß — gütige Eilantwort — Ihrem deutſchen Herzen werde größeres als deutſches Glück.
558. An Gräfin Chaſſepot in Löbichau.25
[Kopie][Bayreuth, 20. Aug. 1819]
Ich wollte, im Loben anderer Menſchen wäre nur halb ſo viel Liebe als in Ihrem Schelten; und ich danke Ihnen für jedes zornige Wort. Daher werd’ ich auch — kommen, wenn der Himmel will, nämlich der blaue. Aller Zauber der Menſchen und der Landſchaften30 geht mir unter auf Reiſen, wenn Wolken ihre elenden grauen Schatten darauf werfen; nur zu Hauſe kümmert mich kein Wetter. Gegen das Ende Auguſts fällt gewöhnlich die Entſcheidung des
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556. An Profeſſor Thierſch in München.
[Bayreuth, 8. Aug. 1819]
Meine Hochachtung gegen Ihre Verdienſte um die Gelehrtenwelt
und meine Dankbarkeit für die um meine Sprachforſchung hab’ ich
freilich erbärmlich ausgedrückt durch mein elendes Schweigen auf 5
[Ihren] liebevollen Brief des vorigen Jahrs. Leider ſchreibe ich
eben immer weniger Briefe, je mehr ich bekomme. Indeß innerlich
hab’ ich dem Ihrigen Antworten genug gegeben. Damit es nun
auch äußerlich geſchehe, geb’ ich meinen Aufſatz als ein vermehrtes
Werkchen heraus, worin ich auf Docens ꝛc. Einwendungen mit 10
meinen antworte oder auch zuweilen mit Ja. Jetzo bitt’ ich Sie zu
entſcheiden, ob Sie mir Ihren Brief, den Sie dem Morgenblatt
zu geben mir erlaubten, zum treuen Abdruck (ſogar des Griechi-
ſchen) in meinem Büchlein vergönnen wollen, oder ob ich nur ein-
zelne Einwendungen daraus heben ſoll. Die Wortfüge-Sache muß 15
jetzo zu Ende geſtritten werden. Mein Schweigen, das blos durch
die Überfülle einer Antwort, wenn es eine Ihrer würdige ſein ſollte,
entſtanden iſt. [Die] Auseinanderſetzung dieſer Wörter-Eheprozeſſe
iſt eine der ſchwierigſten in der ganzen Sprach-Erbmaſſe.
557. An Dr. Göntgen in Frankfurt a. M. 20
[Bayreuth, 8. Aug. 1819]
Grotefend, deſſen Einwendungen ich beachten, widerlegen und wol
zuweilen bejahen muß — gütige Eilantwort — Ihrem deutſchen
Herzen werde größeres als deutſches Glück.
558. An Gräfin Chaſſepot in Löbichau. 25
[Bayreuth, 20. Aug. 1819]
Ich wollte, im Loben anderer Menſchen wäre nur halb ſo viel
Liebe als in Ihrem Schelten; und ich danke Ihnen für jedes zornige
Wort. Daher werd’ ich auch — kommen, wenn der Himmel will,
nämlich der blaue. Aller Zauber der Menſchen und der Landſchaften 30
geht mir unter auf Reiſen, wenn Wolken ihre elenden grauen
Schatten darauf werfen; nur zu Hauſe kümmert mich kein Wetter.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/299>, abgerufen am 16.07.2024.
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