Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.

Bild:
<< vorherige Seite
198. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Alter! Herzens Dank für die Herzens
Denkschrift, die mich sehr gerührt. G. hätte verdient, mit Ihnen
zusammen gelebt zu haben. -- Jetzo will wieder die Knebel den schon5
oft begehrten Siebenkäs. Darf ich denn auch meine Bitte wieder-
holen? -- Wir beide halten uns lange in Frankfurt auf; nächstens
will [ich] zu Ihnen, damit wir von da fortfahren.

199. An Emanuel.
10

Guten Abend! Lieber Alter, fast morgen abend möcht' ich lieber
kommen, da ich gestern in der Eremitage war und heute in die
Harmonie fast muß. Können Sie aber morgen [nicht]: so nehm
ich jeden andern Tag mit Vorausdank an.

*200. An Friedrich Gottlob Wetzel in Bamberg.15

Meinen Dank für Ihr Schauspiel muß ich mit der Bitte um
Verzeihung des langen Behaltens anfangen. Denken Sie sich die
Sommer- und zugleich meine Arbeittage: so bin ich entschuldigt.

Legen Sie wenigen Werth auf mein Urtheil, das eigentlich nur20
eine Empfindung ist, da das Drama weit von meinen Anlagen und
Kenntnissen abliegt.

Zu loben ist an Ihrem Werke leicht; -- z. B. der ungekünstelte,
leichte Sprach- und Versbau -- der ungezwungene Auseinandergang
der Geschichte -- die Darstellung mancher zusammengesetzten Hand-25
lung, z. B. S. 57 -- sogar Ihr Scarron, den ich nicht ganz heraus-
wünschte, wie Ihre Abkürzungen -- Ihr lyrisches Feuer an so vielen
Stellen -- und das Schönste, das Sterben der Heldin, besonders
die Erscheinung der Pilgerin.

Darum aber sind die nachherigen Engel und das Glänzen, so wie30
später die erst andern Geschichten abgeborgte Taube, sammt
Cranmer's unversehrtem Herzen, Überladungen. Das einzige
eiserne Kreuz auf der Bühne muß die Phantasie ächt tragisch
ergreifen.

198. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Alter! Herzens Dank für die Herzens
Denkſchrift, die mich ſehr gerührt. G. hätte verdient, mit Ihnen
zuſammen gelebt zu haben. — Jetzo will wieder die Knebel den ſchon5
oft begehrten Siebenkäs. Darf ich denn auch meine Bitte wieder-
holen? — Wir beide halten uns lange in Frankfurt auf; nächſtens
will [ich] zu Ihnen, damit wir von da fortfahren.

199. An Emanuel.
10

Guten Abend! Lieber Alter, faſt morgen abend möcht’ ich lieber
kommen, da ich geſtern in der Eremitage war und heute in die
Harmonie faſt muß. Können Sie aber morgen [nicht]: ſo nehm
ich jeden andern Tag mit Vorausdank an.

*200. An Friedrich Gottlob Wetzel in Bamberg.15

Meinen Dank für Ihr Schauſpiel muß ich mit der Bitte um
Verzeihung des langen Behaltens anfangen. Denken Sie ſich die
Sommer- und zugleich meine Arbeittage: ſo bin ich entſchuldigt.

Legen Sie wenigen Werth auf mein Urtheil, das eigentlich nur20
eine Empfindung iſt, da das Drama weit von meinen Anlagen und
Kenntniſſen abliegt.

Zu loben iſt an Ihrem Werke leicht; — z. B. der ungekünſtelte,
leichte Sprach- und Versbau — der ungezwungene Auseinandergang
der Geſchichte — die Darſtellung mancher zuſammengeſetzten Hand-25
lung, z. B. S. 57 — ſogar Ihr Scarron, den ich nicht ganz heraus-
wünſchte, wie Ihre Abkürzungen — Ihr lyriſches Feuer an ſo vielen
Stellen — und das Schönſte, das Sterben der Heldin, beſonders
die Erſcheinung der Pilgerin.

Darum aber ſind die nachherigen Engel und das Glänzen, ſo wie30
ſpäter die erſt andern Geſchichten abgeborgte Taube, ſammt
Cranmer’s unverſehrtem Herzen, Überladungen. Das einzige
eiſerne Kreuz auf der Bühne muß die Phantaſie ächt tragiſch
ergreifen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0079" n="74"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>198. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 12. Juli 1816]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Guten Morgen, mein Alter! Herzens Dank für die Herzens<lb/>
Denk&#x017F;chrift, die mich &#x017F;ehr gerührt. <hi rendition="#aq">G.</hi> hätte verdient, mit Ihnen<lb/>
zu&#x017F;ammen gelebt zu haben. &#x2014; Jetzo will wieder die <hi rendition="#aq">Knebel</hi> den &#x017F;chon<lb n="5"/>
oft begehrten <hi rendition="#aq">Siebenkäs.</hi> Darf ich denn auch meine Bitte wieder-<lb/>
holen? &#x2014; Wir beide halten uns lange in <hi rendition="#aq">Frankfurt</hi> auf; näch&#x017F;tens<lb/>
will [ich] zu Ihnen, damit wir von da fortfahren.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>199. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 15. Juli 1816]</hi> </dateline>
        <lb n="10"/>
        <p>Guten Abend! Lieber Alter, fa&#x017F;t morgen abend möcht&#x2019; ich lieber<lb/>
kommen, da ich ge&#x017F;tern in der <hi rendition="#aq">Eremitage</hi> war und heute in die<lb/><hi rendition="#aq">Harmonie</hi> fa&#x017F;t muß. Können Sie aber morgen [nicht]: &#x017F;o nehm<lb/>
ich jeden andern Tag mit Vorausdank an.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>*200. An <hi rendition="#g">Friedrich Gottlob Wetzel in Bamberg.</hi><lb n="15"/>
</head>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Baireuth</hi> d. 16. Jul. 1816</hi> </dateline><lb/>
        <p>Meinen Dank für Ihr Schau&#x017F;piel muß ich mit der Bitte um<lb/>
Verzeihung des langen Behaltens anfangen. Denken Sie &#x017F;ich die<lb/>
Sommer- und zugleich meine Arbeittage: &#x017F;o bin ich ent&#x017F;chuldigt.</p><lb/>
        <p>Legen Sie wenigen Werth auf mein Urtheil, das eigentlich nur<lb n="20"/>
eine Empfindung i&#x017F;t, da das Drama weit von meinen Anlagen und<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;en abliegt.</p><lb/>
        <p>Zu loben i&#x017F;t an Ihrem Werke leicht; &#x2014; z. B. der ungekün&#x017F;telte,<lb/>
leichte Sprach- und Versbau &#x2014; der ungezwungene Auseinandergang<lb/>
der Ge&#x017F;chichte &#x2014; die Dar&#x017F;tellung mancher zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Hand-<lb n="25"/>
lung, z. B. S. 57 &#x2014; &#x017F;ogar Ihr Scarron, den ich nicht ganz heraus-<lb/>
wün&#x017F;chte, wie Ihre Abkürzungen &#x2014; Ihr lyri&#x017F;ches Feuer an &#x017F;o vielen<lb/>
Stellen &#x2014; und das Schön&#x017F;te, das Sterben der Heldin, be&#x017F;onders<lb/>
die Er&#x017F;cheinung der Pilgerin.</p><lb/>
        <p>Darum aber &#x017F;ind die nachherigen Engel und das Glänzen, &#x017F;o wie<lb n="30"/>
&#x017F;päter die er&#x017F;t andern Ge&#x017F;chichten abgeborgte Taube, &#x017F;ammt<lb/>
Cranmer&#x2019;s unver&#x017F;ehrtem Herzen, Überladungen. Das einzige<lb/>
ei&#x017F;erne Kreuz auf der Bühne muß die Phanta&#x017F;ie ächt tragi&#x017F;ch<lb/>
ergreifen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0079] 198. An Emanuel. [Bayreuth, 12. Juli 1816] Guten Morgen, mein Alter! Herzens Dank für die Herzens Denkſchrift, die mich ſehr gerührt. G. hätte verdient, mit Ihnen zuſammen gelebt zu haben. — Jetzo will wieder die Knebel den ſchon 5 oft begehrten Siebenkäs. Darf ich denn auch meine Bitte wieder- holen? — Wir beide halten uns lange in Frankfurt auf; nächſtens will [ich] zu Ihnen, damit wir von da fortfahren. 199. An Emanuel. [Bayreuth, 15. Juli 1816] 10 Guten Abend! Lieber Alter, faſt morgen abend möcht’ ich lieber kommen, da ich geſtern in der Eremitage war und heute in die Harmonie faſt muß. Können Sie aber morgen [nicht]: ſo nehm ich jeden andern Tag mit Vorausdank an. *200. An Friedrich Gottlob Wetzel in Bamberg. 15 Baireuth d. 16. Jul. 1816 Meinen Dank für Ihr Schauſpiel muß ich mit der Bitte um Verzeihung des langen Behaltens anfangen. Denken Sie ſich die Sommer- und zugleich meine Arbeittage: ſo bin ich entſchuldigt. Legen Sie wenigen Werth auf mein Urtheil, das eigentlich nur 20 eine Empfindung iſt, da das Drama weit von meinen Anlagen und Kenntniſſen abliegt. Zu loben iſt an Ihrem Werke leicht; — z. B. der ungekünſtelte, leichte Sprach- und Versbau — der ungezwungene Auseinandergang der Geſchichte — die Darſtellung mancher zuſammengeſetzten Hand- 25 lung, z. B. S. 57 — ſogar Ihr Scarron, den ich nicht ganz heraus- wünſchte, wie Ihre Abkürzungen — Ihr lyriſches Feuer an ſo vielen Stellen — und das Schönſte, das Sterben der Heldin, beſonders die Erſcheinung der Pilgerin. Darum aber ſind die nachherigen Engel und das Glänzen, ſo wie 30 ſpäter die erſt andern Geſchichten abgeborgte Taube, ſammt Cranmer’s unverſehrtem Herzen, Überladungen. Das einzige eiſerne Kreuz auf der Bühne muß die Phantaſie ächt tragiſch ergreifen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:19:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:19:52Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/79
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/79>, abgerufen am 17.05.2024.