Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.276. An Heinrich Voß in Heidelberg. Baireut d. 22ten März 1822Mein geliebter Heinrich! d. 19. Apr. So fahr' ich fort, und schreibe meinem unvergeßlichen Voß in diesem5 Im Mai reis' ich nach Dresden. Aber mein Rhein und mein Kreuz- *) wo ich eben dir schreibe.
276. An Heinrich Voß in Heidelberg. Baireut d. 22ten März 1822Mein geliebter Heinrich! d. 19. Apr. So fahr’ ich fort, und ſchreibe meinem unvergeßlichen Voß in dieſem5 Im Mai reiſ’ ich nach Dresden. Aber mein Rhein und mein Kreuz- *) wo ich eben dir ſchreibe.
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276. An Heinrich Voß in Heidelberg.
Baireut d. 22ten März 1822
Mein geliebter Heinrich!
d. 19. Apr.
So fahr’ ich fort, und ſchreibe meinem unvergeßlichen Voß in dieſem 5
Jahre erſt zum erſten male. — Nur die Hoffnung tröſtet mich, daß du
durch kein Schweigen deinen Glauben an die Unveränderlichkeit meines
Herzens erſchüttern läſſeſt. Freilich iſt dieſes neueſte mein ſündlichſtes, da
ich dir den Dank für das brüderliche und muſterhafte Beſorgen meiner
traurigen Angelegenheiten ſo lange ſchuldig blieb. Andern geb’ ich 10
auch auf die ſchönſten Briefe gar keine Antwort. In dieſem Jahre
ſchrieb ich faſt nur Geſchäftbriefe. Die Haupturſache iſt: Nachmittags
bin ich zu keiner ſchreibenden Thätigkeit recht aufgelegt; am Vor-
mittage *) aber benutz’ ich ſie zum Fortſchieben meines Kometen, deſſen
3tes Stück im Juny in deinen Händen ſein wird. — Meinen Körper 15
hab’ ich durch meine Heilkünſte wieder zum Ertragen ächter Weine und
der Arbeit ziemlich hergebeſſert. — Nun laſſe mich alles durch einander
ſagen.
Im Mai reiſ’ ich nach Dresden. Aber mein Rhein und mein Kreuz-
nach ſollen darum doch nicht meinem Herzen und meinen Augen ab- 20
geſchnitten bleiben. Ich habe jetzo das Recht, auch einmal anders zu
weinen; wenn es noch möglich iſt. — Meine Odilie iſt in Würzburg
im „orthopädiſchen“ Inſtitut des trefflichen Heine, wegen ihres Rück-
grats, deſſen Verbiegung ſie bei aller übrigen Geſundheit ſich durch
Kinder-Gymnaſtik geholt. — Durch meine nach Baſel reiſende 25
Schwiegermutter bring’ ich dir leichter meine Mumien und Prozesse
zu. Lies ja von beiden die neuen Vorreden; wozu bei letzten noch ein
Epilog kommt. — Hofmann, der meine Mumien-Vorrede (gegen ihn)
noch nicht geleſen, ſandte mir mit vieler Preiſung den 2ten Theil ſeines
Katers, um mich (vergeblich) zu einer Arbeittheilnahme zu bereden. — 30
Der Verfaſſer der falſchen Wanderjahre hat — obwol als Künſtler
nicht glänzend — doch über Göthe’s moraliſch-anbrüchige Charaktere
vieles Recht und trifft ſehr mit Herders Tiſchreden zuſammen. Welch’
ein ganz anderes Betlehem von großen, reinen und doch wahren
Charakteren iſt nicht in W. Scott’s Gebärhaus, gegen Göthe’s heid- 35
*) wo ich eben dir ſchreibe.
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(2016-11-22T15:22:18Z)
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Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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