Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.nisch-sinnliches Heroum! -- Aber Scott ärgert mich wieder durch die in Richter 277. An Landrichter M. L. Wellmer in Markt-Erlbach. [Kopie][Bayreuth, 20. April 1822]25Der Witz, geistreicher Herr Wahrmann, gibt selber Schutzbriefe, er niſch-ſinnliches Heroum! — Aber Scott ärgert mich wieder durch die in Richter 277. An Landrichter M. L. Wellmer in Markt-Erlbach. [Kopie][Bayreuth, 20. April 1822]25Der Witz, geiſtreicher Herr Wahrmann, gibt ſelber Schutzbriefe, er <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0172" n="165"/> niſch-ſinnliches Heroum! — Aber Scott ärgert mich wieder durch die in<lb/> Brüche zerſtückte Einheit des Intereſſe, wiewol in Göthe’s Wander-<lb/> jahren auch Brüche genug vorkommen. Eine ſo ſpäte Kritik kann und<lb/> ſoll aber nicht dem alten, nun unſchmelzbaren Meiſter helfen, ſondern<lb/> blos der ganzen Welt, die Göthen nicht ſcharf genug nimmt. — Er und<lb n="5"/> Byron theilen ſich in die Titaniſche Natur, gegen welche mein „Titan“<lb/> kämpfen will. — Schreibe mir doch den neuen Gattennamen und Wohn-<lb/> ort der <hi rendition="#aq">Lux,</hi> die an mich Spitzen und Weſtenſchnur beſtimmt hat; und<lb/> ſchicke mir ihren Brief. — Noch immer kenn’ ich deines Vaters Werk<lb/> gegen <hi rendition="#aq">Perthes</hi> nur aus dem Morgenblatte. — Ich bitte dich, der<lb n="10"/> liebenden, mich ſo ſchön fortliebenden <hi rendition="#aq">Sophie Dapping</hi> meinen<lb/> grüßenden Dank für ihr herz- und ſchmerzreiches Blättchen zu bringen,<lb/> das nicht blos mich und meine Frau, ſondern auch <hi rendition="#aq">Emanuel</hi> durch das<lb/> Anſchauen einer ſchönen Seele recht erfreuet hat. — Sage noch be-<lb/> ſondern Dank dem Arzte <hi rendition="#aq">Conradi,</hi> der <hi rendition="#g">allein</hi> auf dem rechten Heil-<lb n="15"/> Wege war — Hier wurde vom Arzte durch Depotenziieren getödtet —<lb/> Die Reiſe an ſich wäre eher gut geweſen — Laſſe mich heute nichts<lb/> nennen; denn mein Schmerz wird ohnehin jeden Tag <hi rendition="#g">jünger.</hi> — — —<lb/> Und ſo ergeh’ es denn dir recht froh, du mein Geliebter und ungetrübt-<lb/> fortſchimmernder Abendſtern aus dem verſunknen Heidelberger Früh-<lb n="20"/> ling. Ich liebe dich ſehr, mein Heinrich! — Grüße deine Eltern und<lb/> deine Umgebung. —</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Richter</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>277. An <hi rendition="#g">Landrichter M. L. Wellmer in Markt-Erlbach.</hi></head><lb/> <note type="editorial">[Kopie]</note> <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 20. April 1822]</hi> </dateline> <lb n="25"/> <p>Der Witz, geiſtreicher Herr Wahrmann, gibt ſelber Schutzbriefe, er<lb/> braucht alſo keinen, ſondern nur wie Stände (nach Ihrem herrlichen<lb/> Wortſpiel) <hi rendition="#g">Gegenſ</hi>tände. Vollends Ihre harmloſe Laune — welche<lb/> mich in Ihrer ſouflierten Kathederrede beſonders ergötzte — ſchlägt<lb/> mehr mit dem Fächer, oder gibt Ohrfeigen wie ein junges Mädchen<lb n="30"/> einem ſie oder ſich vergeſſenden Liebhaber. So ſehr ich konſtituzionell<lb/> aus ganzem warmen Herzen denke: ſo find’ ich Ihr Lachen doch nicht<lb/> verfaſſungwidrig; über etwas lachen iſt ſehr verſchieden von Verlachen;<lb/> ſo wie man nur jenes, nicht dieſes gegen ſich ſelber kann. Übrigens habe<lb/> ich nur lobende Urtheile über Ihre Briefe gehört, und dem warmen<lb n="35"/> ſchönen Ernſte Ihres 6<hi rendition="#sup">ten</hi> geb’ ich beſonders konſtituzionellen Beifall.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [165/0172]
niſch-ſinnliches Heroum! — Aber Scott ärgert mich wieder durch die in
Brüche zerſtückte Einheit des Intereſſe, wiewol in Göthe’s Wander-
jahren auch Brüche genug vorkommen. Eine ſo ſpäte Kritik kann und
ſoll aber nicht dem alten, nun unſchmelzbaren Meiſter helfen, ſondern
blos der ganzen Welt, die Göthen nicht ſcharf genug nimmt. — Er und 5
Byron theilen ſich in die Titaniſche Natur, gegen welche mein „Titan“
kämpfen will. — Schreibe mir doch den neuen Gattennamen und Wohn-
ort der Lux, die an mich Spitzen und Weſtenſchnur beſtimmt hat; und
ſchicke mir ihren Brief. — Noch immer kenn’ ich deines Vaters Werk
gegen Perthes nur aus dem Morgenblatte. — Ich bitte dich, der 10
liebenden, mich ſo ſchön fortliebenden Sophie Dapping meinen
grüßenden Dank für ihr herz- und ſchmerzreiches Blättchen zu bringen,
das nicht blos mich und meine Frau, ſondern auch Emanuel durch das
Anſchauen einer ſchönen Seele recht erfreuet hat. — Sage noch be-
ſondern Dank dem Arzte Conradi, der allein auf dem rechten Heil- 15
Wege war — Hier wurde vom Arzte durch Depotenziieren getödtet —
Die Reiſe an ſich wäre eher gut geweſen — Laſſe mich heute nichts
nennen; denn mein Schmerz wird ohnehin jeden Tag jünger. — — —
Und ſo ergeh’ es denn dir recht froh, du mein Geliebter und ungetrübt-
fortſchimmernder Abendſtern aus dem verſunknen Heidelberger Früh- 20
ling. Ich liebe dich ſehr, mein Heinrich! — Grüße deine Eltern und
deine Umgebung. —
Richter
277. An Landrichter M. L. Wellmer in Markt-Erlbach.
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Der Witz, geiſtreicher Herr Wahrmann, gibt ſelber Schutzbriefe, er
braucht alſo keinen, ſondern nur wie Stände (nach Ihrem herrlichen
Wortſpiel) Gegenſtände. Vollends Ihre harmloſe Laune — welche
mich in Ihrer ſouflierten Kathederrede beſonders ergötzte — ſchlägt
mehr mit dem Fächer, oder gibt Ohrfeigen wie ein junges Mädchen 30
einem ſie oder ſich vergeſſenden Liebhaber. So ſehr ich konſtituzionell
aus ganzem warmen Herzen denke: ſo find’ ich Ihr Lachen doch nicht
verfaſſungwidrig; über etwas lachen iſt ſehr verſchieden von Verlachen;
ſo wie man nur jenes, nicht dieſes gegen ſich ſelber kann. Übrigens habe
ich nur lobende Urtheile über Ihre Briefe gehört, und dem warmen 35
ſchönen Ernſte Ihres 6ten geb’ ich beſonders konſtituzionellen Beifall.
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(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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