Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.Blos zur Kehrseite (die hier die briefliche ist) gehört eine zu stark Mögen Laune und Witz -- diese so seltnen Goldrahmen und Dukaten- Ihr ergebenster etc. 278. An Karoline Richter in Bayreuth. Hof d. 2ten Mai 1822Kaum ausgestiegen und kaum auf eine 1/2 Stunde zu Otto gegangen15 Dresden d. 6ten Mai <Montags> Gestern um 12 Uhr kam ich hier an. Aber wie viel hab ich zu erzählen Aber nun zum Anfang. In Hof fand ich die ganze Muckische Blos zur Kehrſeite (die hier die briefliche iſt) gehört eine zu ſtark Mögen Laune und Witz — dieſe ſo ſeltnen Goldrahmen und Dukaten- Ihr ergebenſter etc. 278. An Karoline Richter in Bayreuth. Hof d. 2ten Mai 1822Kaum ausgeſtiegen und kaum auf eine ½ Stunde zu Otto gegangen15 Dresden d. 6ten Mai <Montags> Geſtern um 12 Uhr kam ich hier an. Aber wie viel hab ich zu erzählen Aber nun zum Anfang. In Hof fand ich die ganze Muckische <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0173" n="166"/> <p>Blos zur Kehrſeite (die hier die briefliche iſt) gehört eine zu ſtark<lb/> und zu oft wiederkehrende <hi rendition="#aq">culotterie,</hi> die dann immer <hi rendition="#aq">sans-culotterie</hi><lb/> wird — auch der Spaß mit den Klebhoſen bei dem Stimmen; ſo wie<lb/> überhaupt nicht die erſten Briefe, ſondern die folgenden die beſſern ſind.<lb/> Sogar den Wunſch: wäre man doch ein Prinz! find’ ich nicht zart genug<lb n="5"/> neben Prinzeſſinnen.</p><lb/> <p>Mögen Laune und Witz — dieſe ſo ſeltnen Goldrahmen und Dukaten-<lb/> ränder an einem Landrichter, ſo daß beide ſogar der unter einem<lb/> Stehende einbüßt — Sie immer durch das Leben und zu uns Leſern<lb/> begleiten!<lb n="10"/> </p> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Ihr<lb/> ergebenſter <hi rendition="#aq">etc.</hi></hi> </salute> </closer> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>278. An <hi rendition="#g">Karoline Richter in Bayreuth.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Hof</hi> d. 2<hi rendition="#sup">ten</hi> Mai 1822</hi> </dateline><lb/> <p>Kaum ausgeſtiegen und kaum auf eine ½ Stunde zu <hi rendition="#aq">Otto</hi> gegangen<lb n="15"/> ſitz’ ich ſchon zum Schreiben an dich Gute nieder. Ich habe ziemlich viel<lb/> Nachwinter an mir erlebt; was freilich die Phantaſie an Genuß verlor<lb/> — faſt alles —, gewann die Philoſophie an Grundſatz wieder. Der<lb/> Kutſcher iſt der beſte und mildeſte, ob er gleich ſchon 29 Schlachten bei-<lb/> gewohnt und Kutſcher des Vicekönigs <hi rendition="#aq">Hieronymus</hi> geweſen. Vor<lb n="20"/> 12 Uhr waren wir in <hi rendition="#aq">Münchberg,</hi> und vor 5 Uhr hier. — Anfangs zog<lb/> ich im Wagen den guten Rock über denſchlechten, nachher im Wirthshaus<lb/> umgekehrt; und morgen deckt mich noch die Bettdecke. Morgen wird der<lb/> Himmel ſich verſchönern, wenn die Gegend ſich verhäßlicht. Und doch<lb/> bin ich ganz heiter.....<lb n="25"/> </p> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Dresden</hi> d. 6<hi rendition="#sup">ten</hi> Mai <Montags></hi> </dateline><lb/> <p>Geſtern um 12 Uhr kam ich hier an. Aber wie viel hab ich zu erzählen<lb/> im Drange der Poſt. <hi rendition="#aq">Minna</hi> beſucht’ ich um 3 Uhr und kam von ihr<lb/> erſt um 7 Uhr weg, ſo froh war ich; — ſie und ich und Minona nennen<lb/> nun einander Du. Der geſtern abweſende Mann wird mich in dieſem<lb n="30"/> Briefe (noch im Gaſthofe geſchrieben) ſtören.</p><lb/> <p>Aber nun zum Anfang. In <hi rendition="#aq">Hof</hi> fand ich die ganze <hi rendition="#aq">Muckische</hi><lb/> Familie. Die <hi rendition="#aq">Muck Schubert</hi> hat ſich verſchönert und ſprach mit großer<lb/> Liebe von dir. — Bis Plauen Nebel und Kälte; blos in Reichenbach<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [166/0173]
Blos zur Kehrſeite (die hier die briefliche iſt) gehört eine zu ſtark
und zu oft wiederkehrende culotterie, die dann immer sans-culotterie
wird — auch der Spaß mit den Klebhoſen bei dem Stimmen; ſo wie
überhaupt nicht die erſten Briefe, ſondern die folgenden die beſſern ſind.
Sogar den Wunſch: wäre man doch ein Prinz! find’ ich nicht zart genug 5
neben Prinzeſſinnen.
Mögen Laune und Witz — dieſe ſo ſeltnen Goldrahmen und Dukaten-
ränder an einem Landrichter, ſo daß beide ſogar der unter einem
Stehende einbüßt — Sie immer durch das Leben und zu uns Leſern
begleiten! 10
Ihr
ergebenſter etc.
278. An Karoline Richter in Bayreuth.
Hof d. 2ten Mai 1822
Kaum ausgeſtiegen und kaum auf eine ½ Stunde zu Otto gegangen 15
ſitz’ ich ſchon zum Schreiben an dich Gute nieder. Ich habe ziemlich viel
Nachwinter an mir erlebt; was freilich die Phantaſie an Genuß verlor
— faſt alles —, gewann die Philoſophie an Grundſatz wieder. Der
Kutſcher iſt der beſte und mildeſte, ob er gleich ſchon 29 Schlachten bei-
gewohnt und Kutſcher des Vicekönigs Hieronymus geweſen. Vor 20
12 Uhr waren wir in Münchberg, und vor 5 Uhr hier. — Anfangs zog
ich im Wagen den guten Rock über denſchlechten, nachher im Wirthshaus
umgekehrt; und morgen deckt mich noch die Bettdecke. Morgen wird der
Himmel ſich verſchönern, wenn die Gegend ſich verhäßlicht. Und doch
bin ich ganz heiter..... 25
Dresden d. 6ten Mai <Montags>
Geſtern um 12 Uhr kam ich hier an. Aber wie viel hab ich zu erzählen
im Drange der Poſt. Minna beſucht’ ich um 3 Uhr und kam von ihr
erſt um 7 Uhr weg, ſo froh war ich; — ſie und ich und Minona nennen
nun einander Du. Der geſtern abweſende Mann wird mich in dieſem 30
Briefe (noch im Gaſthofe geſchrieben) ſtören.
Aber nun zum Anfang. In Hof fand ich die ganze Muckische
Familie. Die Muck Schubert hat ſich verſchönert und ſprach mit großer
Liebe von dir. — Bis Plauen Nebel und Kälte; blos in Reichenbach
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(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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