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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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291. An Ludwig Tieck in Dresden.
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Wird so fortgefahren, so könnten wir beide eben so gut auf beiden
Erdpolen sitzen und uns mündlich mit einander besprechen als hier in
Dresden. Aber lieber will ich mich selber zu Gaste auf 2 Uhr Nach-5
mittags laden bei Ihnen und den Ihrigen und deren Freund--innen;
denn ohnehin hab' ich hier der Männer zu viele und der Frauen zu
wenige gesehen. Ich habe mir diesen Tag offen erhalten, und es kommt
nun auf Ihre Güte an, ob ich ihn mit einem Vergnügen füllen darf,
nach welchem ich mich schon so lange gesehnt.10

292. An Karoline Richter.

Meine geliebte Karoline!

Dein am Donnerstage abgegangner und Montags angelangter
Brief hat mir lauter Gelingen gemeldet und gebracht; so wie ich über-15
haupt der Vorsehung für ein seltenes Zusammentreffen günstiger
Umstände -- im Gegensatze der Münchner ungünstigen -- danken
muß. Aber die Lückenhaftigkeit meines Lebens bezieht sich ja, wie du
wissen könntest, nur auf das Alter, das die Dichtfreude der Jugend aus-
schließt, auf mein zu starkes Gefühl der wenigen Jahre, die mich wenig20
mehr vollenden lassen, und auf das andere der Zeit aus Sekunden-
Vertröpfeln -- und auf das letzte, das uns beide nun nicht mehr ver-
lassen kann auf dem Wege nach der Fantaisie.


Ich habe dir neulich, meine Karoline, mit einer irrigen Voraus-25
setzung Unrecht gethan, weil ich an das Aufmauern eines hohen Ofens
wie deiner, dachte; aber ein so wohlfeiler ist mir gerade recht lieb, zumal
da ein strenger Winter für mich entschieden ist. -- Kannst du mir kein
Andenken für die liebe, liebe Minona zu kaufen anrathen, das nicht zu
theuer und doch ihrer würdig wäre? Sinne nach. Neulich bei dem30
vortrefflichen Schwarz in Friedstein -- der mir 16 Flaschen seines selber
gebauten Burgunders gegeben, dessen Bezahlung in Geld anzunehmen
er mir hoff ich ohne Zweideutigkeit versprochen -- sang Minona, nach-
dem die schöne Frau von Schwarz mit Operkraft ein langes italienisches
Kunstwerk herrlich vorgetragen,35

291. An Ludwig Tieck in Dresden.
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Wird ſo fortgefahren, ſo könnten wir beide eben ſo gut auf beiden
Erdpolen ſitzen und uns mündlich mit einander beſprechen als hier in
Dresden. Aber lieber will ich mich ſelber zu Gaſte auf 2 Uhr Nach-5
mittags laden bei Ihnen und den Ihrigen und deren Freund—innen;
denn ohnehin hab’ ich hier der Männer zu viele und der Frauen zu
wenige geſehen. Ich habe mir dieſen Tag offen erhalten, und es kommt
nun auf Ihre Güte an, ob ich ihn mit einem Vergnügen füllen darf,
nach welchem ich mich ſchon ſo lange geſehnt.10

292. An Karoline Richter.

Meine geliebte Karoline!

Dein am Donnerſtage abgegangner und Montags angelangter
Brief hat mir lauter Gelingen gemeldet und gebracht; ſo wie ich über-15
haupt der Vorſehung für ein ſeltenes Zuſammentreffen günſtiger
Umſtände — im Gegenſatze der Münchner ungünſtigen — danken
muß. Aber die Lückenhaftigkeit meines Lebens bezieht ſich ja, wie du
wiſſen könnteſt, nur auf das Alter, das die Dichtfreude der Jugend aus-
ſchließt, auf mein zu ſtarkes Gefühl der wenigen Jahre, die mich wenig20
mehr vollenden laſſen, und auf das andere der Zeit aus Sekunden-
Vertröpfeln — und auf das letzte, das uns beide nun nicht mehr ver-
laſſen kann auf dem Wege nach der Fantaisie.


Ich habe dir neulich, meine Karoline, mit einer irrigen Voraus-25
ſetzung Unrecht gethan, weil ich an das Aufmauern eines hohen Ofens
wie deiner, dachte; aber ein ſo wohlfeiler iſt mir gerade recht lieb, zumal
da ein ſtrenger Winter für mich entſchieden iſt. — Kannſt du mir kein
Andenken für die liebe, liebe Minona zu kaufen anrathen, das nicht zu
theuer und doch ihrer würdig wäre? Sinne nach. Neulich bei dem30
vortrefflichen Schwarz in Friedstein — der mir 16 Flaſchen ſeines ſelber
gebauten Burgunders gegeben, deſſen Bezahlung in Geld anzunehmen
er mir hoff ich ohne Zweideutigkeit verſprochen — ſang Minona, nach-
dem die ſchöne Frau von Schwarz mit Operkraft ein langes italieniſches
Kunſtwerk herrlich vorgetragen,35

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[178/0185] 291. An Ludwig Tieck in Dresden. [Dresden, 25. Mai 1822] Wird ſo fortgefahren, ſo könnten wir beide eben ſo gut auf beiden Erdpolen ſitzen und uns mündlich mit einander beſprechen als hier in Dresden. Aber lieber will ich mich ſelber zu Gaſte auf 2 Uhr Nach- 5 mittags laden bei Ihnen und den Ihrigen und deren Freund—innen; denn ohnehin hab’ ich hier der Männer zu viele und der Frauen zu wenige geſehen. Ich habe mir dieſen Tag offen erhalten, und es kommt nun auf Ihre Güte an, ob ich ihn mit einem Vergnügen füllen darf, nach welchem ich mich ſchon ſo lange geſehnt. 10 292. An Karoline Richter. Dresden d. 23ten Mai <Donnerſt.> 1822 Meine geliebte Karoline! Dein am Donnerſtage abgegangner und Montags angelangter Brief hat mir lauter Gelingen gemeldet und gebracht; ſo wie ich über- 15 haupt der Vorſehung für ein ſeltenes Zuſammentreffen günſtiger Umſtände — im Gegenſatze der Münchner ungünſtigen — danken muß. Aber die Lückenhaftigkeit meines Lebens bezieht ſich ja, wie du wiſſen könnteſt, nur auf das Alter, das die Dichtfreude der Jugend aus- ſchließt, auf mein zu ſtarkes Gefühl der wenigen Jahre, die mich wenig 20 mehr vollenden laſſen, und auf das andere der Zeit aus Sekunden- Vertröpfeln — und auf das letzte, das uns beide nun nicht mehr ver- laſſen kann auf dem Wege nach der Fantaisie. den 24ten Mai Ich habe dir neulich, meine Karoline, mit einer irrigen Voraus- 25 ſetzung Unrecht gethan, weil ich an das Aufmauern eines hohen Ofens wie deiner, dachte; aber ein ſo wohlfeiler iſt mir gerade recht lieb, zumal da ein ſtrenger Winter für mich entſchieden iſt. — Kannſt du mir kein Andenken für die liebe, liebe Minona zu kaufen anrathen, das nicht zu theuer und doch ihrer würdig wäre? Sinne nach. Neulich bei dem 30 vortrefflichen Schwarz in Friedstein — der mir 16 Flaſchen ſeines ſelber gebauten Burgunders gegeben, deſſen Bezahlung in Geld anzunehmen er mir hoff ich ohne Zweideutigkeit verſprochen — ſang Minona, nach- dem die ſchöne Frau von Schwarz mit Operkraft ein langes italieniſches Kunſtwerk herrlich vorgetragen, 35

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/185>, abgerufen am 21.11.2024.