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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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390. An Wolfgang Menzel in Heidelberg.

Durch die Faulthierpost der sogenannten Buchhändlergelegenheit
erhielt ich Ihr reiches Mai Geschenk erst d. 8ten August; daher mein später
Dank für dasselbe. Ich freue mich über die Fülle Ihres Witzes und Ihrer5
Phantasie und über den richtigen Geist Ihrer meisten Urtheile. Eine
solche Ueberzahl von Treffern entschuldigt leicht das Mitlaufen einiger
Nieten; doch solche wie S. 185 über die Krankheit Gottes etc. etc.
wünscht' ich herzlich hin weg. Hinein wünscht' ich wenigstens die Form
einiger Zusammenreihung unter Rubriken, damit aus den auseinander-10
liegenden Glanzthautropfen ein Regenbogen würde.

Aber künftig wird Ihre Kraft sich eine Form, welche diesen Musaik-
stiftchen durch Zusammensetzung in Ein Gemälde erst den größern
Werth vermittelst des Ortes verleiht, zu wählen wissen. Denn was
wirkt ein schönes vereinzeltes blitzendes Auge in einem Ringe gegen15
eines in einem ganzen Gesichte? --

Leben Sie recht glücklich und Ihr Schicksal sei Ihres Talentes
würdig!

Jean Paul Fr. Richter


391. An Karoline Richter.20

Um 71/2 Uhr, meine gute Karoline, kam ich aus der Schwüle in
der Kühle an im Wallfisch. Das Mitfahren meiner geliebten Emma
that mir recht wohl; aber Nachmittags, wo mein Herbst ist, wäre es
mir noch nöthiger gewesen als am Morgen, wo mein Frühling ist. --25
Mit Miedel, und seinem Sohne und einem Einäugigen aß ich in Streit-
berg. Den kindlichen Schubert sammt Familie fand ich da auch. --
Der alte 68jährige Kutscher und seine alte Kutsche stoßen nicht und
sind trefflich; aber leider die Pferde sind auch alt, ob sie gleich im Trabe
gehen; denn wir kamen immer um 11/2 Stunden später an. Der Kutscher30
will alles mit dem Mehl heute besorgen, da er morgen früher aufbricht
als ich aus dem Bette. -- Ich will [mich] darin recht erholen von der
Nacht und dem Tage. -- Das Bier wirkt auf mich begeisternd und
stärkend zugleich. -- Der Abreisende denkt in seiner alles verlängernden

390. An Wolfgang Menzel in Heidelberg.

Durch die Faulthierpoſt der ſogenannten Buchhändlergelegenheit
erhielt ich Ihr reiches Mai Geſchenk erſt d. 8ten Auguſt; daher mein ſpäter
Dank für daſſelbe. Ich freue mich über die Fülle Ihres Witzes und Ihrer5
Phantaſie und über den richtigen Geiſt Ihrer meiſten Urtheile. Eine
ſolche Ueberzahl von Treffern entſchuldigt leicht das Mitlaufen einiger
Nieten; doch ſolche wie S. 185 über die Krankheit Gottes ꝛc. ꝛc.
wünſcht’ ich herzlich hin weg. Hinein wünſcht’ ich wenigſtens die Form
einiger Zuſammenreihung unter Rubriken, damit aus den auseinander-10
liegenden Glanzthautropfen ein Regenbogen würde.

Aber künftig wird Ihre Kraft ſich eine Form, welche dieſen Muſaik-
ſtiftchen durch Zuſammenſetzung in Ein Gemälde erſt den größern
Werth vermittelſt des Ortes verleiht, zu wählen wiſſen. Denn was
wirkt ein ſchönes vereinzeltes blitzendes Auge in einem Ringe gegen15
eines in einem ganzen Geſichte? —

Leben Sie recht glücklich und Ihr Schickſal ſei Ihres Talentes
würdig!

Jean Paul Fr. Richter


391. An Karoline Richter.20

Um 7½ Uhr, meine gute Karoline, kam ich aus der Schwüle in
der Kühle an im Wallfiſch. Das Mitfahren meiner geliebten Emma
that mir recht wohl; aber Nachmittags, wo mein Herbſt iſt, wäre es
mir noch nöthiger geweſen als am Morgen, wo mein Frühling iſt. —25
Mit Miedel, und ſeinem Sohne und einem Einäugigen aß ich in Streit-
berg. Den kindlichen Schubert ſammt Familie fand ich da auch. —
Der alte 〈68jährige〉 Kutſcher und ſeine alte Kutſche ſtoßen nicht und
ſind trefflich; aber leider die Pferde ſind auch alt, ob ſie gleich im Trabe
gehen; denn wir kamen immer um 1½ Stunden ſpäter an. Der Kutſcher30
will alles mit dem Mehl heute beſorgen, da er morgen früher aufbricht
als ich aus dem Bette. — Ich will [mich] darin recht erholen von der
Nacht und dem Tage. — Das Bier wirkt auf mich begeiſternd und
ſtärkend zugleich. — Der Abreiſende denkt in ſeiner alles verlängernden

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[231/0240] 390. An Wolfgang Menzel in Heidelberg. Baireut d. 11. Aug. 1823 Durch die Faulthierpoſt der ſogenannten Buchhändlergelegenheit erhielt ich Ihr reiches Mai Geſchenk erſt d. 8ten Auguſt; daher mein ſpäter Dank für daſſelbe. Ich freue mich über die Fülle Ihres Witzes und Ihrer 5 Phantaſie und über den richtigen Geiſt Ihrer meiſten Urtheile. Eine ſolche Ueberzahl von Treffern entſchuldigt leicht das Mitlaufen einiger Nieten; doch ſolche wie S. 185 über die Krankheit Gottes ꝛc. ꝛc. wünſcht’ ich herzlich hin weg. Hinein wünſcht’ ich wenigſtens die Form einiger Zuſammenreihung unter Rubriken, damit aus den auseinander- 10 liegenden Glanzthautropfen ein Regenbogen würde. Aber künftig wird Ihre Kraft ſich eine Form, welche dieſen Muſaik- ſtiftchen durch Zuſammenſetzung in Ein Gemälde erſt den größern Werth vermittelſt des Ortes verleiht, zu wählen wiſſen. Denn was wirkt ein ſchönes vereinzeltes blitzendes Auge in einem Ringe gegen 15 eines in einem ganzen Geſichte? — Leben Sie recht glücklich und Ihr Schickſal ſei Ihres Talentes würdig! Jean Paul Fr. Richter 391. An Karoline Richter. 20 Erlangen d. 26ten Aug. 1823 Um 7½ Uhr, meine gute Karoline, kam ich aus der Schwüle in der Kühle an im Wallfiſch. Das Mitfahren meiner geliebten Emma that mir recht wohl; aber Nachmittags, wo mein Herbſt iſt, wäre es mir noch nöthiger geweſen als am Morgen, wo mein Frühling iſt. — 25 Mit Miedel, und ſeinem Sohne und einem Einäugigen aß ich in Streit- berg. Den kindlichen Schubert ſammt Familie fand ich da auch. — Der alte 〈68jährige〉 Kutſcher und ſeine alte Kutſche ſtoßen nicht und ſind trefflich; aber leider die Pferde ſind auch alt, ob ſie gleich im Trabe gehen; denn wir kamen immer um 1½ Stunden ſpäter an. Der Kutſcher 30 will alles mit dem Mehl heute beſorgen, da er morgen früher aufbricht als ich aus dem Bette. — Ich will [mich] darin recht erholen von der Nacht und dem Tage. — Das Bier wirkt auf mich begeiſternd und ſtärkend zugleich. — Der Abreiſende denkt in ſeiner alles verlängernden

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/240>, abgerufen am 21.11.2024.