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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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daß es Ihnen wohl gehe. Dem Himmel sei Dank dafür, denn Reisen jetzt in dieser
Jahreszeit ist gewis etwas sehr Gewagtes. Möchten doch alle Ihre Unterneh-
mungen zu Ihrem Glück und zu Ihrer Freude ausschlagen!

Sie wissen das Anliegen mit der Brille, und sind vielleicht selbst mit Nigl deshalb
in rapport gekommen. Er hat kurz nach Ihrer Abreise von hier, meinem Mann5
durch die Renata das leere Futteral ohne die schon bezahlten Brillengläser
geschickt. Es war eine arge Täuschung, da mein Mann nach jeder Erleichterung
seiner Augen beschränkung hascht wie ein Blinder nach einem Lichtstral. Nun
bittet er Sie von Nigl die zwei verlangten Gläser -- das Eine von Nro 44 oder 45
oder 46 -- das Andere von der Nr. 52, oder 53, oder 54, lieber wieder zu be-10
zahlen, und es gütigst mitzubringen.

Die zweite Bitte ist: seine zwei Lampen und Nürnberger Dochte, Alles
will ihm nicht gut genug leuchten. Er bittet Sie daher ihm 1/2Lb Wallrad
Lichter die in Nürnberg nicht zu haben sind, zur Probe mitzubringen.

Die dritte Bitte betrift die Zukunft der Witwe Kanne. Amöne wünschte daß15
mein Mann an Schmidt, dem [!] Beichtvater der Königin zur Auswirkung einer
Pension schriebe, allein mein Mann ist ihm seit einiger Zeit entfremdet, und Ihre
mündliche warme Darstellung von der ganz eigenen körperlichen Hülflosigkeit
der armen Frau würde den guten Hofprediger stimmen eine hernach einzu-
reichende Bittschrift der Witwe von ganzer Seele gern seiner wohlthätigen20
Königin zu empfehlen. Zwar bekömmt sie gewis die gewöhnliche Pension einer
Professors Witwe, und ihre Kinder den herkömmlichen Antheil, allein man weiß
wie gering der Maaßstab ist, nach dem man geht. Es war doch so ein aus-
gezeichneter Mann und von den Mit-Gläubigen seiner Überzeugungen so sehr
verehrt. In München leben so viele, wie G. R. Rouge, la Rosee, Franz Bader25
-- man sollte etwas Außerordentliches auch für die Erziehung der Kinder, zur
Erleichterung der armen zarten, nervenschwachen Mutter thun, die gewis nicht
lange mehr lebt.

[Von Jean Paul eigenhändig]
Nachschrift30

Mein guter Emanuel! Mögen Ihnen Ihre Geschäfte besser gelingen
als mir meine! Abends kann ich gar nicht schreiben; am Morgen hab'
ich kaum 3 Stunden zum Arbeiten. Abends hilft mir meine liebe Karo-
line als treffliche Vorleserin so wie die Kinder. -- Verzeihen Sie die
Bitten der Noth. Die beiden ungleichartigen Brillengläser brauchen35
keine Fassung. Bisher bekam ich jede Augen-Hülfe um 4, 6 Wochen
später; Gläser, Dochte, Lampen etc. etc. Durch Ihre Güte bin ich nun
eines festern Zeitpunktes gewiß.

Kommen Sie glücklich bei (wahrscheinlich schon) hellern und kühlern
Wetter zurück!40

Ihr Richter

daß es Ihnen wohl gehe. Dem Himmel ſei Dank dafür, denn Reiſen jetzt in dieſer
Jahreszeit iſt gewis etwas ſehr Gewagtes. Möchten doch alle Ihre Unterneh-
mungen zu Ihrem Glück und zu Ihrer Freude ausſchlagen!

Sie wiſſen das Anliegen mit der Brille, und ſind vielleicht ſelbſt mit Nigl deshalb
in rapport gekommen. Er hat kurz nach Ihrer Abreiſe von hier, meinem Mann5
durch die Renata das leere Futteral ohne die ſchon bezahlten Brillengläſer
geſchickt. Es war eine arge Täuſchung, da mein Mann nach jeder Erleichterung
ſeiner Augen beſchränkung haſcht wie ein Blinder nach einem Lichtſtral. Nun
bittet er Sie von Nigl die zwei verlangten Gläſer — das Eine von Nro 44 oder 45
oder 46 — das Andere von der Nr. 52, oder 53, oder 54, lieber wieder zu be-10
zahlen, und es gütigſt mitzubringen.

Die zweite Bitte iſt: ſeine zwei Lampen und Nürnberger Dochte, Alles
will ihm nicht gut genug leuchten. Er bittet Sie daher ihm ½℔ Wallrad
Lichter die in Nürnberg nicht zu haben ſind, zur Probe mitzubringen.

Die dritte Bitte betrift die Zukunft der Witwe Kanne. Amöne wünſchte daß15
mein Mann an Schmidt, dem [!] Beichtvater der Königin zur Auswirkung einer
Pension ſchriebe, allein mein Mann iſt ihm ſeit einiger Zeit entfremdet, und Ihre
mündliche warme Darſtellung von der ganz eigenen körperlichen Hülfloſigkeit
der armen Frau würde den guten Hofprediger ſtimmen eine hernach einzu-
reichende Bittſchrift der Witwe von ganzer Seele gern ſeiner wohlthätigen20
Königin zu empfehlen. Zwar bekömmt ſie gewis die gewöhnliche Penſion einer
Profeſſors Witwe, und ihre Kinder den herkömmlichen Antheil, allein man weiß
wie gering der Maaßſtab iſt, nach dem man geht. Es war doch ſo ein aus-
gezeichneter Mann und von den Mit-Gläubigen ſeiner Überzeugungen ſo ſehr
verehrt. In München leben ſo viele, wie G. R. Rouge, la Roſée, Franz Bader25
— man ſollte etwas Außerordentliches auch für die Erziehung der Kinder, zur
Erleichterung der armen zarten, nervenſchwachen Mutter thun, die gewis nicht
lange mehr lebt.

[Von Jean Paul eigenhändig]
Nachſchrift30

Mein guter Emanuel! Mögen Ihnen Ihre Geſchäfte beſſer gelingen
als mir meine! Abends kann ich gar nicht ſchreiben; am Morgen hab’
ich kaum 3 Stunden zum Arbeiten. Abends hilft mir meine liebe Karo-
line als treffliche Vorleſerin ſo wie die Kinder. — Verzeihen Sie die
Bitten der Noth. Die beiden ungleichartigen Brillengläſer brauchen35
keine Faſſung. Bisher bekam ich jede Augen-Hülfe um 4, 6 Wochen
ſpäter; Gläſer, Dochte, Lampen ꝛc. ꝛc. Durch Ihre Güte bin ich nun
eines feſtern Zeitpunktes gewiß.

Kommen Sie glücklich bei (wahrſcheinlich ſchon) hellern und kühlern
Wetter zurück!40

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[276/0288] daß es Ihnen wohl gehe. Dem Himmel ſei Dank dafür, denn Reiſen jetzt in dieſer Jahreszeit iſt gewis etwas ſehr Gewagtes. Möchten doch alle Ihre Unterneh- mungen zu Ihrem Glück und zu Ihrer Freude ausſchlagen! Sie wiſſen das Anliegen mit der Brille, und ſind vielleicht ſelbſt mit Nigl deshalb in rapport gekommen. Er hat kurz nach Ihrer Abreiſe von hier, meinem Mann 5 durch die Renata das leere Futteral ohne die ſchon bezahlten Brillengläſer geſchickt. Es war eine arge Täuſchung, da mein Mann nach jeder Erleichterung ſeiner Augen beſchränkung haſcht wie ein Blinder nach einem Lichtſtral. Nun bittet er Sie von Nigl die zwei verlangten Gläſer — das Eine von Nro 44 oder 45 oder 46 — das Andere von der Nr. 52, oder 53, oder 54, lieber wieder zu be- 10 zahlen, und es gütigſt mitzubringen. Die zweite Bitte iſt: ſeine zwei Lampen und Nürnberger Dochte, Alles will ihm nicht gut genug leuchten. Er bittet Sie daher ihm ½℔ Wallrad Lichter die in Nürnberg nicht zu haben ſind, zur Probe mitzubringen. Die dritte Bitte betrift die Zukunft der Witwe Kanne. Amöne wünſchte daß 15 mein Mann an Schmidt, dem [!] Beichtvater der Königin zur Auswirkung einer Pension ſchriebe, allein mein Mann iſt ihm ſeit einiger Zeit entfremdet, und Ihre mündliche warme Darſtellung von der ganz eigenen körperlichen Hülfloſigkeit der armen Frau würde den guten Hofprediger ſtimmen eine hernach einzu- reichende Bittſchrift der Witwe von ganzer Seele gern ſeiner wohlthätigen 20 Königin zu empfehlen. Zwar bekömmt ſie gewis die gewöhnliche Penſion einer Profeſſors Witwe, und ihre Kinder den herkömmlichen Antheil, allein man weiß wie gering der Maaßſtab iſt, nach dem man geht. Es war doch ſo ein aus- gezeichneter Mann und von den Mit-Gläubigen ſeiner Überzeugungen ſo ſehr verehrt. In München leben ſo viele, wie G. R. Rouge, la Roſée, Franz Bader 25 — man ſollte etwas Außerordentliches auch für die Erziehung der Kinder, zur Erleichterung der armen zarten, nervenſchwachen Mutter thun, die gewis nicht lange mehr lebt. Nachſchrift 30 Mein guter Emanuel! Mögen Ihnen Ihre Geſchäfte beſſer gelingen als mir meine! Abends kann ich gar nicht ſchreiben; am Morgen hab’ ich kaum 3 Stunden zum Arbeiten. Abends hilft mir meine liebe Karo- line als treffliche Vorleſerin ſo wie die Kinder. — Verzeihen Sie die Bitten der Noth. Die beiden ungleichartigen Brillengläſer brauchen 35 keine Faſſung. Bisher bekam ich jede Augen-Hülfe um 4, 6 Wochen ſpäter; Gläſer, Dochte, Lampen ꝛc. ꝛc. Durch Ihre Güte bin ich nun eines feſtern Zeitpunktes gewiß. Kommen Sie glücklich bei (wahrſcheinlich ſchon) hellern und kühlern Wetter zurück! 40 Ihr Richter

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/288>, abgerufen am 22.11.2024.