Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.nehmen. Zum Glücke ist der Fuß mit seinem podagristischen Noviziat -- Im 25ten Jahre wird nicht darnach gefragt, ob du einen Theil Durchaus mußt du nach Heidelberg; lieber später darauf nach dem Es hat mir in deinen Briefen wehe gethan, daß sie nach meinen20 nehmen. Zum Glücke iſt der Fuß mit ſeinem podagriſtiſchen Noviziat — Im 25ten Jahre wird nicht darnach gefragt, ob du einen Theil Durchaus mußt du nach Heidelberg; lieber ſpäter darauf nach dem Es hat mir in deinen Briefen wehe gethan, daß ſie nach meinen20 <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0009" n="4"/> nehmen. Zum Glücke iſt der Fuß mit ſeinem podagriſtiſchen Noviziat —<lb/> wobei ich ausgehen kann — der Arzt der Bruſt und der Ableiter des<lb/> Winters. — Deine Arbeitſamkeit würde mir noch größere Freude<lb/> geben, wenn ſie nicht über die Schranken des — Körpers ſchritte. Was<lb/> hilft es dir, jetzo übermäßig zu laufen, wenn du nachher eben ſo<lb n="5"/> lange ruhen mußt? Der herrliche <hi rendition="#aq">Kapp</hi> brachte aus <hi rendition="#aq">Berlin</hi><lb/> einen Himmelwagen voll philologiſcher und philoſophiſcher Aus-<lb/> beuten und ein bleiches Körpergerippe voll lauter Krankheiten mit,<lb/> das jetzo ſeinen Geiſt und ſeine Jugend lähmt. Um Gottes Willen,<lb/> übertreibe nicht! Bewege dich wenigſtens jede Woche einmal recht<lb n="10"/> ſtark, nur nicht auf Schlittſchuhen, welche in dieſem Froſte mit neuen<lb/> Übeln drohen. —</p><lb/> <p>Im 25<hi rendition="#sup">ten</hi> Jahre wird nicht darnach gefragt, ob du einen Theil<lb/> deiner Kenntniſſe ſchon im 16<hi rendition="#sup">ten</hi>, oder erſt im 20<hi rendition="#sup">ten</hi> gewonnen; und nur<lb/> anfangs glänzt man mit einer, am Ende immer ſchädlichen, Früh-<lb n="15"/> zeitigkeit. —</p><lb/> <p>Durchaus mußt du nach <hi rendition="#aq">Heidelberg;</hi> lieber ſpäter darauf nach dem<lb/> philologiſch- und allſeitig-reichen <hi rendition="#aq">Berlin</hi> als nach <hi rendition="#aq">Leipzig;</hi> die Gründe<lb/> künftig. —</p><lb/> <p>Es hat mir in deinen Briefen wehe gethan, daß ſie nach meinen<lb n="20"/> <note type="editorial"><hi rendition="#aq">NB</hi></note>Predigten in der Kalligraphie weiter nichts geworden als noch<lb/> ſchlechter. An einen Vater muß ein Sohn allzeit <hi rendition="#g">Zeit</hi> haben, ſchön zu<lb/> ſchreiben; das Opfer oder die Gabe höchſtens einer halben Stunde mehr<lb/> darf er fodern. Z. B. das Wort Vater ſelber ſchreibſt du Vater. Wähle<lb/> dir doch nur für <hi rendition="#g">jeden</hi> Tag <hi rendition="#g">einen</hi> beſondern Krüpelbuchſtaben, z. B.<lb n="25"/> eben das t, welchen du dir unaufhörlich vormalſt im Kopfe, um ihn<lb/> nicht auf dem Papiere zu malen. Nach 14 Tagen fange wieder von<lb/> vornen an. — Du wirſt hier von München aus ſehr gelobt. — Die<lb/> Mutter lebt geſund in <hi rendition="#aq">Berlin</hi> überhäuft mit Arbeiten, Freuden und<lb/> Freundinnen; und kann trotz ihrer Sehnſucht erſt nach 18 Tagen<lb n="30"/> kommen. Sie ſchreibt: „du ſollſt dich nur gedulden, ſie bringe dir viel<lb/> mit.“ — Den <hi rendition="#aq">Esprit de loix</hi> von <hi rendition="#aq">Montesquieu</hi> haſt du <hi rendition="#g">gewiß</hi> nicht<lb/><hi rendition="#g">ganz</hi> auf der Bibliothek geleſen, er hälfe dir auch weniger als ſeine<lb/> Abhandlung über den Verfall <hi rendition="#aq">(decadence)</hi> des römiſchen Reichs welche<lb/> lies. — Die Schweſtern grüßen innig. — Folge deinem Vater, deſſen<lb n="35"/> Worte eben ſo voll Wahrheit als Liebe ſind. — Meine <hi rendition="#aq">Schlichtegroll’s</hi><lb/> grüß ich herzlich<note type="editorial"><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">[Schluß abgeschnitten]</hi></hi></hi></note></p> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [4/0009]
nehmen. Zum Glücke iſt der Fuß mit ſeinem podagriſtiſchen Noviziat —
wobei ich ausgehen kann — der Arzt der Bruſt und der Ableiter des
Winters. — Deine Arbeitſamkeit würde mir noch größere Freude
geben, wenn ſie nicht über die Schranken des — Körpers ſchritte. Was
hilft es dir, jetzo übermäßig zu laufen, wenn du nachher eben ſo 5
lange ruhen mußt? Der herrliche Kapp brachte aus Berlin
einen Himmelwagen voll philologiſcher und philoſophiſcher Aus-
beuten und ein bleiches Körpergerippe voll lauter Krankheiten mit,
das jetzo ſeinen Geiſt und ſeine Jugend lähmt. Um Gottes Willen,
übertreibe nicht! Bewege dich wenigſtens jede Woche einmal recht 10
ſtark, nur nicht auf Schlittſchuhen, welche in dieſem Froſte mit neuen
Übeln drohen. —
Im 25ten Jahre wird nicht darnach gefragt, ob du einen Theil
deiner Kenntniſſe ſchon im 16ten, oder erſt im 20ten gewonnen; und nur
anfangs glänzt man mit einer, am Ende immer ſchädlichen, Früh- 15
zeitigkeit. —
Durchaus mußt du nach Heidelberg; lieber ſpäter darauf nach dem
philologiſch- und allſeitig-reichen Berlin als nach Leipzig; die Gründe
künftig. —
Es hat mir in deinen Briefen wehe gethan, daß ſie nach meinen 20
Predigten in der Kalligraphie weiter nichts geworden als noch
ſchlechter. An einen Vater muß ein Sohn allzeit Zeit haben, ſchön zu
ſchreiben; das Opfer oder die Gabe höchſtens einer halben Stunde mehr
darf er fodern. Z. B. das Wort Vater ſelber ſchreibſt du Vater. Wähle
dir doch nur für jeden Tag einen beſondern Krüpelbuchſtaben, z. B. 25
eben das t, welchen du dir unaufhörlich vormalſt im Kopfe, um ihn
nicht auf dem Papiere zu malen. Nach 14 Tagen fange wieder von
vornen an. — Du wirſt hier von München aus ſehr gelobt. — Die
Mutter lebt geſund in Berlin überhäuft mit Arbeiten, Freuden und
Freundinnen; und kann trotz ihrer Sehnſucht erſt nach 18 Tagen 30
kommen. Sie ſchreibt: „du ſollſt dich nur gedulden, ſie bringe dir viel
mit.“ — Den Esprit de loix von Montesquieu haſt du gewiß nicht
ganz auf der Bibliothek geleſen, er hälfe dir auch weniger als ſeine
Abhandlung über den Verfall (decadence) des römiſchen Reichs welche
lies. — Die Schweſtern grüßen innig. — Folge deinem Vater, deſſen 35
Worte eben ſo voll Wahrheit als Liebe ſind. — Meine Schlichtegroll’s
grüß ich herzlich
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(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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