Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.Erstes Buch -- Ausgangspunkte des römischen Rechts. Der Staat und die Familie waren gegründet, und jetzt kam Jetzt blieb nichts mehr übrig als das Völkerrecht, und als Dies ist in wenig Zügen die Entstehungsgeschichte des 5) Liv. I. c. 19. 6) Liv. I. c. 32. Ut tamen, quoniam Numa in pace religiones in-
stituisset, a se bellicae ceremoniae proderentur, nec gererentur solum, sed etiam indicerentur bella aliquo ritu, jus ab antiqua gente Aequico- lis, quod nunc fetiales habent, descripsit, quo res repetuntur. Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts. Der Staat und die Familie waren gegründet, und jetzt kam Jetzt blieb nichts mehr übrig als das Völkerrecht, und als Dies iſt in wenig Zügen die Entſtehungsgeſchichte des 5) Liv. I. c. 19. 6) Liv. I. c. 32. Ut tamen, quoniam Numa in pace religiones in-
stituisset, a se bellicae ceremoniae proderentur, nec gererentur solum, sed etiam indicerentur bella aliquo ritu, jus ab antiqua gente Aequico- lis, quod nunc fetiales habent, descripsit, quo res repetuntur. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0110" n="92"/> <fw place="top" type="header">Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts.</fw><lb/> <p>Der Staat und die Familie waren gegründet, und jetzt kam<lb/> die Reihe an die Religion. Romulus gedachte zwar ſchon der<lb/> Götter, aber ſeine Hauptthätigkeit war doch dem Staate zuge-<lb/> wandt. Sein Nachfolger Numa, den nach der Sage der Ruf<lb/> ſeiner Gottesfurcht und Gerechtigkeit auf den Thron brachte,<lb/> erſcheint als der Repräſentant des religiöſen Prinzips. Er be-<lb/> ſchränkt ſeine Sorge aber nicht auf das rein Gottesdienſtliche,<lb/> auf Einführung von neuen Göttern und die Regulirung des<lb/> Cultus, ſondern ſeine Abſicht war auch darauf gerichtet „die mit<lb/> Gewalt und Waffen gegründete Stadt von neuem zu gründen<lb/> durch Geſetz und Sitte“, <note place="foot" n="5)"><hi rendition="#aq">Liv. I. c. 19.</hi></note> und er erreicht ſie, indem er auch<lb/> ſeinen weltlichen Einrichtungen eine religiöſe Weihe verleiht,<lb/> auch ſie als Eingebungen der ihm befreundeten Nymphe Egeria<lb/> bezeichnet.</p><lb/> <p>Jetzt blieb nichts mehr übrig als das Völkerrecht, und als<lb/> Repräſentant dieſer Seite des Rechts tritt in der Sage der vierte<lb/> König Ancus Martius auf. <note place="foot" n="6)"><hi rendition="#aq">Liv. I. c. 32. Ut tamen, quoniam Numa in pace religiones in-<lb/> stituisset, a se bellicae ceremoniae proderentur, nec gererentur solum,<lb/> sed etiam indicerentur bella aliquo ritu, jus ab antiqua gente Aequico-<lb/> lis, quod nunc fetiales habent, descripsit, quo res repetuntur.</hi></note> Bemerkenswerth iſt dabei aber,<lb/> daß die Sage, die alles übrige in Rom entſtehen läßt, hier die<lb/> Entlehnung von einem fremden Volke zugeſteht.</p><lb/> <p>Dies iſt in wenig Zügen die Entſtehungsgeſchichte des<lb/> Rechts, wie ſie dem römiſchen Volke der ſpätern Zeit als die<lb/><hi rendition="#g">natürliche</hi> erſcheint. Denn daß die Sage den Ausdruck der<lb/> volksthümlichen Denkweiſe enthält, daß ſie, auch wenn ſämmt-<lb/> liche Fakta, die ſie berichtet, unhiſtoriſch ſind, dennoch pſycho-<lb/> logiſche Wahrheit enthält, bedeutungsvoll iſt für die ganze Denk-<lb/> und Sinnesweiſe des Volks das braucht heutzutage nicht mehr<lb/> geſagt zu werden. So iſt auch die römiſche Sage in dieſer Be-<lb/> ziehung ſehr charakteriſtiſch, was wir an einigen Zügen nach-<lb/> weiſen wollen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0110]
Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts.
Der Staat und die Familie waren gegründet, und jetzt kam
die Reihe an die Religion. Romulus gedachte zwar ſchon der
Götter, aber ſeine Hauptthätigkeit war doch dem Staate zuge-
wandt. Sein Nachfolger Numa, den nach der Sage der Ruf
ſeiner Gottesfurcht und Gerechtigkeit auf den Thron brachte,
erſcheint als der Repräſentant des religiöſen Prinzips. Er be-
ſchränkt ſeine Sorge aber nicht auf das rein Gottesdienſtliche,
auf Einführung von neuen Göttern und die Regulirung des
Cultus, ſondern ſeine Abſicht war auch darauf gerichtet „die mit
Gewalt und Waffen gegründete Stadt von neuem zu gründen
durch Geſetz und Sitte“, 5) und er erreicht ſie, indem er auch
ſeinen weltlichen Einrichtungen eine religiöſe Weihe verleiht,
auch ſie als Eingebungen der ihm befreundeten Nymphe Egeria
bezeichnet.
Jetzt blieb nichts mehr übrig als das Völkerrecht, und als
Repräſentant dieſer Seite des Rechts tritt in der Sage der vierte
König Ancus Martius auf. 6) Bemerkenswerth iſt dabei aber,
daß die Sage, die alles übrige in Rom entſtehen läßt, hier die
Entlehnung von einem fremden Volke zugeſteht.
Dies iſt in wenig Zügen die Entſtehungsgeſchichte des
Rechts, wie ſie dem römiſchen Volke der ſpätern Zeit als die
natürliche erſcheint. Denn daß die Sage den Ausdruck der
volksthümlichen Denkweiſe enthält, daß ſie, auch wenn ſämmt-
liche Fakta, die ſie berichtet, unhiſtoriſch ſind, dennoch pſycho-
logiſche Wahrheit enthält, bedeutungsvoll iſt für die ganze Denk-
und Sinnesweiſe des Volks das braucht heutzutage nicht mehr
geſagt zu werden. So iſt auch die römiſche Sage in dieſer Be-
ziehung ſehr charakteriſtiſch, was wir an einigen Zügen nach-
weiſen wollen.
5) Liv. I. c. 19.
6) Liv. I. c. 32. Ut tamen, quoniam Numa in pace religiones in-
stituisset, a se bellicae ceremoniae proderentur, nec gererentur solum,
sed etiam indicerentur bella aliquo ritu, jus ab antiqua gente Aequico-
lis, quod nunc fetiales habent, descripsit, quo res repetuntur.
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