Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.Erstes Buch -- Ausgangspunkte des römischen Rechts. entferntere Instrument des Kampfes, der Speer, als Symbolder rechtlichen Herrschaft dient, so das nächste Instrument desselben, die manus zur Bezeichnung derselben; ich sage der rechtlichen, und dies eben macht die Sache charakteristisch, denn wenn die physische Herrschaft, der Besitz mit diesem Aus- druck gemeint wäre, würde es nichts auffälliges haben. Im spätern Recht bezeichnet manus zwar nur eine Art der recht- lichen Herrschaft, nämlich die über die Ehefrau, allein aus den Zusammensetzungen des Wortes, die noch im spätern Recht in Uebung geblieben sind, ergibt sich die frühere generelle Bedeu- tung desselben. Dahin gehört außer dem bereits bei capere er- wähnten mancipium und mancipare noch manu mittere und emancipare. Die eherechtliche Gewalt des Mannes über die Frau hat offenbar die Spuren der ältesten Rechtsansicht am besten conservirt; sie heißt manus, wird begründet durch Raub, und der Speer ist ihr Symbol. Die Thatkraft, die Gewalt also ist die Mutter des Rechts, 22) Pott a. a. O. 1 S. 106.
Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts. entferntere Inſtrument des Kampfes, der Speer, als Symbolder rechtlichen Herrſchaft dient, ſo das nächſte Inſtrument deſſelben, die manus zur Bezeichnung derſelben; ich ſage der rechtlichen, und dies eben macht die Sache charakteriſtiſch, denn wenn die phyſiſche Herrſchaft, der Beſitz mit dieſem Aus- druck gemeint wäre, würde es nichts auffälliges haben. Im ſpätern Recht bezeichnet manus zwar nur eine Art der recht- lichen Herrſchaft, nämlich die über die Ehefrau, allein aus den Zuſammenſetzungen des Wortes, die noch im ſpätern Recht in Uebung geblieben ſind, ergibt ſich die frühere generelle Bedeu- tung deſſelben. Dahin gehört außer dem bereits bei capere er- wähnten mancipium und mancipare noch manu mittere und emancipare. Die eherechtliche Gewalt des Mannes über die Frau hat offenbar die Spuren der älteſten Rechtsanſicht am beſten conſervirt; ſie heißt manus, wird begründet durch Raub, und der Speer iſt ihr Symbol. Die Thatkraft, die Gewalt alſo iſt die Mutter des Rechts, 22) Pott a. a. O. 1 S. 106.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0130" n="112"/><fw place="top" type="header">Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts.</fw><lb/> entferntere Inſtrument des Kampfes, der Speer, als <hi rendition="#g">Symbol</hi><lb/> der <hi rendition="#g">rechtlichen</hi> Herrſchaft dient, ſo das nächſte Inſtrument<lb/> deſſelben, die <hi rendition="#aq">manus</hi> zur <hi rendition="#g">Bezeichnung</hi> derſelben; ich ſage der<lb/><hi rendition="#g">rechtlichen</hi>, und dies eben macht die Sache charakteriſtiſch,<lb/> denn wenn die phyſiſche Herrſchaft, der Beſitz mit dieſem Aus-<lb/> druck gemeint wäre, würde es nichts auffälliges haben. Im<lb/> ſpätern Recht bezeichnet <hi rendition="#aq">manus</hi> zwar nur <hi rendition="#g">eine</hi> Art der recht-<lb/> lichen Herrſchaft, nämlich die über die Ehefrau, allein aus den<lb/> Zuſammenſetzungen des Wortes, die noch im ſpätern Recht in<lb/> Uebung geblieben ſind, ergibt ſich die frühere generelle Bedeu-<lb/> tung deſſelben. Dahin gehört außer dem bereits bei <hi rendition="#aq">capere</hi> er-<lb/> wähnten <hi rendition="#aq">mancipium</hi> und <hi rendition="#aq">mancipare</hi> noch <hi rendition="#aq">manu mittere</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">emancipare.</hi> Die eherechtliche Gewalt des Mannes über die<lb/> Frau hat offenbar die Spuren der älteſten Rechtsanſicht am<lb/> beſten conſervirt; ſie heißt <hi rendition="#aq">manus,</hi> wird begründet durch Raub,<lb/> und der Speer iſt ihr Symbol.</p><lb/> <p>Die Thatkraft, die Gewalt alſo iſt die Mutter des Rechts,<lb/> das iſt das Reſultat der bisherigen Ausführung. In dieſem<lb/> Satz liegt ſchon die kriegeriſche Geſinnungsweiſe des Volkes<lb/> ausgeſprochen, liegt, möchte ich ſagen, ein Stück vorrömiſcher<lb/> Geſchichte. Die Etymologie bietet uns außer den im bisherigen<lb/> bereits benutzten Spuren dieſer Geſinnungsweiſe noch manche<lb/> andere, von denen mir noch folgende zu benutzen verſtattet ſein<lb/> möge. Wie die lateiniſche Sprache das Grundſtück nicht nach<lb/> der ſo offenbar vorwiegenden Eigenſchaft der Unbeweglichkeit,<lb/> ſondern als Gegenſtand der Beute bezeichnet, ſo nennt ſie auch<lb/> den Mann nicht nach ſeinem Geſchlecht, ſondern nach ſeinem<lb/> kriegeriſchen Beruf. Der Sanskritausdruck für Mann iſt <hi rendition="#aq">nri</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">nara,</hi> <note place="foot" n="22)">Pott a. a. O. 1 S. 106.</note> und die griechiſche Sprache hat in ihrem ᾽ανήϱ<lb/> denſelben beibehalten, die lateiniſche hingegen ihn fallen laſſen<lb/> und dafür das Wort <hi rendition="#aq">wira,</hi> welches im Sanskrit Krieger, Held<lb/> bedeutet, zur Bezeichnung des Mannes, <hi rendition="#aq">vir</hi> gewählt d. h. die<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0130]
Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts.
entferntere Inſtrument des Kampfes, der Speer, als Symbol
der rechtlichen Herrſchaft dient, ſo das nächſte Inſtrument
deſſelben, die manus zur Bezeichnung derſelben; ich ſage der
rechtlichen, und dies eben macht die Sache charakteriſtiſch,
denn wenn die phyſiſche Herrſchaft, der Beſitz mit dieſem Aus-
druck gemeint wäre, würde es nichts auffälliges haben. Im
ſpätern Recht bezeichnet manus zwar nur eine Art der recht-
lichen Herrſchaft, nämlich die über die Ehefrau, allein aus den
Zuſammenſetzungen des Wortes, die noch im ſpätern Recht in
Uebung geblieben ſind, ergibt ſich die frühere generelle Bedeu-
tung deſſelben. Dahin gehört außer dem bereits bei capere er-
wähnten mancipium und mancipare noch manu mittere und
emancipare. Die eherechtliche Gewalt des Mannes über die
Frau hat offenbar die Spuren der älteſten Rechtsanſicht am
beſten conſervirt; ſie heißt manus, wird begründet durch Raub,
und der Speer iſt ihr Symbol.
Die Thatkraft, die Gewalt alſo iſt die Mutter des Rechts,
das iſt das Reſultat der bisherigen Ausführung. In dieſem
Satz liegt ſchon die kriegeriſche Geſinnungsweiſe des Volkes
ausgeſprochen, liegt, möchte ich ſagen, ein Stück vorrömiſcher
Geſchichte. Die Etymologie bietet uns außer den im bisherigen
bereits benutzten Spuren dieſer Geſinnungsweiſe noch manche
andere, von denen mir noch folgende zu benutzen verſtattet ſein
möge. Wie die lateiniſche Sprache das Grundſtück nicht nach
der ſo offenbar vorwiegenden Eigenſchaft der Unbeweglichkeit,
ſondern als Gegenſtand der Beute bezeichnet, ſo nennt ſie auch
den Mann nicht nach ſeinem Geſchlecht, ſondern nach ſeinem
kriegeriſchen Beruf. Der Sanskritausdruck für Mann iſt nri
und nara, 22) und die griechiſche Sprache hat in ihrem ᾽ανήϱ
denſelben beibehalten, die lateiniſche hingegen ihn fallen laſſen
und dafür das Wort wira, welches im Sanskrit Krieger, Held
bedeutet, zur Bezeichnung des Mannes, vir gewählt d. h. die
22) Pott a. a. O. 1 S. 106.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |