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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.

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Erstes Buch -- Ausgangspunkte des römischen Rechts.
den ursprünglichen Inhalt des peculium gibt, ist für unsere
Frage nicht außer Acht zu lassen; er weist uns nämlich auf einen
von dem des Hauptgutes getrennten landwirthschaftlichen Be-
trieb hin, und ich brauche nicht zu sagen, wie viel natürlicher
es ist, uns den Clienten als Subjekt desselben zu denken, denn
den Haussohn oder den Sklaven. Bei jenem enthält dieses
Neben- oder kleine Vieh einen charakteristischen Hinweis auf
das nothwendige Verhältniß, in dem er, etwa nach Art unserer
heutigen Tagelöhner auf den Gütern, mit seiner Landwirth-
schaft zu der des Patrons stand. Bei dem Sohn erscheint die
darin ausgedrückte separirte Landwirthschaft ungleich weniger
wahrscheinlich, beim Sklaven unbegreiflich. Am Vermögen des
Clienten bildete sich der Begriff des peculium aus, hier war
das Bedürfniß der Sonderung eines kleineren Vermögens von
dem Hauptvermögen des Herrn am dringendsten, oder die Son-
derung war hier schon durch das Verhältniß selbst gegeben;
dem Sohn oder Sklaven ein Sondervermögen einzuräumen war
nichts weniger als nothwendig; wenn es aber geschah, lag es
nahe, den bereits bekannten Ausdruck peculium darauf zu über-
tragen. Vielleicht dürfte man sagen, daß ähnlich wie das
precarium so auch das peculium aus einem ursprünglich clien-
telarischen Institut ein allgemein römisches geworden sei. Ist
diese Vermuthung richtig, so konnte Festus in der [Note 137]
mitgetheilten Stelle mit Recht die vermögensrechtliche Stellung
der Clienten und Kinder identificiren; die Worte perinde ac
liberis propriis
enthalten dann nicht bloß einen äußerlichen
Vergleich beider Classen von Personen, sondern den ihrer recht-
lichen Lage, und ebenso drückt unter dieser Voraussetzung der
im Wort patronus liegende Vergleich mit pater die juristische
Natur des Verhältnisses erschöpfend aus.

Hier, wo uns diese Clientel nur von einer bestimmten Seite
interessirt, nämlich als ein durch die Rechtlosigkeit des Nicht-
bürgers hervorgerufenes Institut, genügt uns das bisher Ge-
sagte. Wir haben in ihr den nothwendigen Ausgangspunkt des

Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts.
den urſprünglichen Inhalt des peculium gibt, iſt für unſere
Frage nicht außer Acht zu laſſen; er weiſt uns nämlich auf einen
von dem des Hauptgutes getrennten landwirthſchaftlichen Be-
trieb hin, und ich brauche nicht zu ſagen, wie viel natürlicher
es iſt, uns den Clienten als Subjekt deſſelben zu denken, denn
den Hausſohn oder den Sklaven. Bei jenem enthält dieſes
Neben- oder kleine Vieh einen charakteriſtiſchen Hinweis auf
das nothwendige Verhältniß, in dem er, etwa nach Art unſerer
heutigen Tagelöhner auf den Gütern, mit ſeiner Landwirth-
ſchaft zu der des Patrons ſtand. Bei dem Sohn erſcheint die
darin ausgedrückte ſeparirte Landwirthſchaft ungleich weniger
wahrſcheinlich, beim Sklaven unbegreiflich. Am Vermögen des
Clienten bildete ſich der Begriff des peculium aus, hier war
das Bedürfniß der Sonderung eines kleineren Vermögens von
dem Hauptvermögen des Herrn am dringendſten, oder die Son-
derung war hier ſchon durch das Verhältniß ſelbſt gegeben;
dem Sohn oder Sklaven ein Sondervermögen einzuräumen war
nichts weniger als nothwendig; wenn es aber geſchah, lag es
nahe, den bereits bekannten Ausdruck peculium darauf zu über-
tragen. Vielleicht dürfte man ſagen, daß ähnlich wie das
precarium ſo auch das peculium aus einem urſprünglich clien-
telariſchen Inſtitut ein allgemein römiſches geworden ſei. Iſt
dieſe Vermuthung richtig, ſo konnte Feſtus in der [Note 137]
mitgetheilten Stelle mit Recht die vermögensrechtliche Stellung
der Clienten und Kinder identificiren; die Worte perinde ac
liberis propriis
enthalten dann nicht bloß einen äußerlichen
Vergleich beider Claſſen von Perſonen, ſondern den ihrer recht-
lichen Lage, und ebenſo drückt unter dieſer Vorausſetzung der
im Wort patronus liegende Vergleich mit pater die juriſtiſche
Natur des Verhältniſſes erſchöpfend aus.

Hier, wo uns dieſe Clientel nur von einer beſtimmten Seite
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bürgers hervorgerufenes Inſtitut, genügt uns das bisher Ge-
ſagte. Wir haben in ihr den nothwendigen Ausgangspunkt des

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[236/0254] Erſtes Buch — Ausgangspunkte des römiſchen Rechts. den urſprünglichen Inhalt des peculium gibt, iſt für unſere Frage nicht außer Acht zu laſſen; er weiſt uns nämlich auf einen von dem des Hauptgutes getrennten landwirthſchaftlichen Be- trieb hin, und ich brauche nicht zu ſagen, wie viel natürlicher es iſt, uns den Clienten als Subjekt deſſelben zu denken, denn den Hausſohn oder den Sklaven. Bei jenem enthält dieſes Neben- oder kleine Vieh einen charakteriſtiſchen Hinweis auf das nothwendige Verhältniß, in dem er, etwa nach Art unſerer heutigen Tagelöhner auf den Gütern, mit ſeiner Landwirth- ſchaft zu der des Patrons ſtand. Bei dem Sohn erſcheint die darin ausgedrückte ſeparirte Landwirthſchaft ungleich weniger wahrſcheinlich, beim Sklaven unbegreiflich. Am Vermögen des Clienten bildete ſich der Begriff des peculium aus, hier war das Bedürfniß der Sonderung eines kleineren Vermögens von dem Hauptvermögen des Herrn am dringendſten, oder die Son- derung war hier ſchon durch das Verhältniß ſelbſt gegeben; dem Sohn oder Sklaven ein Sondervermögen einzuräumen war nichts weniger als nothwendig; wenn es aber geſchah, lag es nahe, den bereits bekannten Ausdruck peculium darauf zu über- tragen. Vielleicht dürfte man ſagen, daß ähnlich wie das precarium ſo auch das peculium aus einem urſprünglich clien- telariſchen Inſtitut ein allgemein römiſches geworden ſei. Iſt dieſe Vermuthung richtig, ſo konnte Feſtus in der [Note 137] mitgetheilten Stelle mit Recht die vermögensrechtliche Stellung der Clienten und Kinder identificiren; die Worte perinde ac liberis propriis enthalten dann nicht bloß einen äußerlichen Vergleich beider Claſſen von Perſonen, ſondern den ihrer recht- lichen Lage, und ebenſo drückt unter dieſer Vorausſetzung der im Wort patronus liegende Vergleich mit pater die juriſtiſche Natur des Verhältniſſes erſchöpfend aus. Hier, wo uns dieſe Clientel nur von einer beſtimmten Seite intereſſirt, nämlich als ein durch die Rechtloſigkeit des Nicht- bürgers hervorgerufenes Inſtitut, genügt uns das bisher Ge- ſagte. Wir haben in ihr den nothwendigen Ausgangspunkt des

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht01_1852/254>, abgerufen am 22.11.2024.