Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.3. Das religiöse Prinzip -- publicistische Seite des Fas. §. 18. lungsort, und die Beamten pflegten von einem Tempel aus dieConcionen zu halten. 192) Ein Verstoß gegen das Fas macht jede staatsrechtliche Hand- Wie die Einzelnen zur Bekräftigung ihrer Verpflichtungen 192) Rubino a. a. O. S. 241. 193) Darum pflegte, wer einen Gesetzvorschlag zu machen hatte, die
offenbar aus ältester Zeit stammende Klausel hinzuzufügen: si quid fas non sit rogari, ejus rei hac lege nihil rogato. 3. Das religiöſe Prinzip — publiciſtiſche Seite des Fas. §. 18. lungsort, und die Beamten pflegten von einem Tempel aus dieConcionen zu halten. 192) Ein Verſtoß gegen das Fas macht jede ſtaatsrechtliche Hand- Wie die Einzelnen zur Bekräftigung ihrer Verpflichtungen 192) Rubino a. a. O. S. 241. 193) Darum pflegte, wer einen Geſetzvorſchlag zu machen hatte, die
offenbar aus älteſter Zeit ſtammende Klauſel hinzuzufügen: si quid fas non sit rogari, ejus rei hac lege nihil rogato. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0289" n="271"/><fw place="top" type="header">3. Das religiöſe Prinzip — publiciſtiſche Seite des <hi rendition="#aq">Fas.</hi> §. 18.</fw><lb/> lungsort, und die Beamten pflegten von einem Tempel aus die<lb/> Concionen zu halten. <note place="foot" n="192)">Rubino a. a. O. S. 241.</note></p><lb/> <p>Ein Verſtoß gegen das <hi rendition="#aq">Fas</hi> macht jede ſtaatsrechtliche Hand-<lb/> lung nichtig. Das <hi rendition="#aq">Fas</hi> aber enthält nicht bloß Vorſchriften<lb/> über die äußere Form der Geſchäfte, ſondern eine Menge ma-<lb/> teriell ſtaatsrechtlicher Grundſätze. <note place="foot" n="193)">Darum pflegte, wer einen Geſetzvorſchlag zu machen hatte, die<lb/> offenbar aus älteſter Zeit ſtammende Klauſel hinzuzufügen: <hi rendition="#aq">si quid fas non<lb/> sit rogari, ejus rei hac lege nihil rogato.</hi></note> Wir haben bereits er-<lb/> wähnt, daß die älteſte Verfaſſung religiös geweiht war, aber<lb/> auch zur Zeit der Republik dauern die Beziehungen zwiſchen<lb/> Religion und Staatsrecht fort. So z. B. war es gegen das<lb/><hi rendition="#aq">Fas,</hi> daß der Dictator länger als 6 Monat im Amt blieb, ſo<lb/> waren die <hi rendition="#aq">leges sacratae</hi> mit den Tribunen, die ſie einführten,<lb/> durch den Eid des ganzen Volks unter den Schutz der Religion<lb/> geſtellt, und jeder, der ſie verletzte, für <hi rendition="#aq">sacer</hi> erklärt. Hier lei-<lb/> ſtete die Religion auch den Plebejern einmal den Dienſt, ihre<lb/> politiſchen Rechte zu ſchützen, während ſie ſonſt gerade umge-<lb/> kehrt ihnen dadurch hinderlich war, daß ſie die Vorrechte der<lb/> Patricier unter ihren Schutz genommen hatte. Dadurch daß<lb/> die älteſte Verfaſſung durch und durch mit religiöſen Elementen<lb/> verwachſen war, ward ſie ein mächtiges Vollwerk. Den Pa-<lb/> triciern, die daſſelbe gegen die andringenden Plebejer zu ver-<lb/> theidigen ſuchten, ſtanden die Götter zur Seite, und religiöſe<lb/> Ideen unterſtützen und adelten den politiſchen Widerſtand.</p><lb/> <p>Wie die Einzelnen zur Bekräftigung ihrer Verpflichtungen<lb/> zum Eide griffen, ſo auch der Staat ſelbſt. Es iſt bereits frü-<lb/> her des Eides der Soldaten, der Beamten und ſo eben des<lb/> des ganzen Volks gedacht, der Hauptfall aber iſt der des völ-<lb/> kerrechtlichen Vertrages, mochte derſelbe nun vom Feldherrn<lb/> einſeitig und unter Vorbehalt der Genehmigung des Volks ab-<lb/> geſchloſſen werden — (die <hi rendition="#aq">sponsio</hi>) — oder im Auftrage des<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [271/0289]
3. Das religiöſe Prinzip — publiciſtiſche Seite des Fas. §. 18.
lungsort, und die Beamten pflegten von einem Tempel aus die
Concionen zu halten. 192)
Ein Verſtoß gegen das Fas macht jede ſtaatsrechtliche Hand-
lung nichtig. Das Fas aber enthält nicht bloß Vorſchriften
über die äußere Form der Geſchäfte, ſondern eine Menge ma-
teriell ſtaatsrechtlicher Grundſätze. 193) Wir haben bereits er-
wähnt, daß die älteſte Verfaſſung religiös geweiht war, aber
auch zur Zeit der Republik dauern die Beziehungen zwiſchen
Religion und Staatsrecht fort. So z. B. war es gegen das
Fas, daß der Dictator länger als 6 Monat im Amt blieb, ſo
waren die leges sacratae mit den Tribunen, die ſie einführten,
durch den Eid des ganzen Volks unter den Schutz der Religion
geſtellt, und jeder, der ſie verletzte, für sacer erklärt. Hier lei-
ſtete die Religion auch den Plebejern einmal den Dienſt, ihre
politiſchen Rechte zu ſchützen, während ſie ſonſt gerade umge-
kehrt ihnen dadurch hinderlich war, daß ſie die Vorrechte der
Patricier unter ihren Schutz genommen hatte. Dadurch daß
die älteſte Verfaſſung durch und durch mit religiöſen Elementen
verwachſen war, ward ſie ein mächtiges Vollwerk. Den Pa-
triciern, die daſſelbe gegen die andringenden Plebejer zu ver-
theidigen ſuchten, ſtanden die Götter zur Seite, und religiöſe
Ideen unterſtützen und adelten den politiſchen Widerſtand.
Wie die Einzelnen zur Bekräftigung ihrer Verpflichtungen
zum Eide griffen, ſo auch der Staat ſelbſt. Es iſt bereits frü-
her des Eides der Soldaten, der Beamten und ſo eben des
des ganzen Volks gedacht, der Hauptfall aber iſt der des völ-
kerrechtlichen Vertrages, mochte derſelbe nun vom Feldherrn
einſeitig und unter Vorbehalt der Genehmigung des Volks ab-
geſchloſſen werden — (die sponsio) — oder im Auftrage des
192) Rubino a. a. O. S. 241.
193) Darum pflegte, wer einen Geſetzvorſchlag zu machen hatte, die
offenbar aus älteſter Zeit ſtammende Klauſel hinzuzufügen: si quid fas non
sit rogari, ejus rei hac lege nihil rogato.
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