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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852.

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Gemeinsame Betrachtung derselben. §. 19.
hältniß des Staates nach außen hin, und hier ist der Gegensatz
ein klaffender, eine vollständige Negation alles dessen, was der
Staat im Innern in sich birgt.

Wir haben von einem ursprünglichen System dieser Aus-
gangspunkte gesprochen; dürfen wir dies? Der Sinn der Frage
ist folgender. Es ist möglich, daß das römische Volk, das aus
verschiedenen Volksstämmen zu einem Volke zusammenwuchs,
von jedem derselben irgend ein Element seiner sittlichen Welt
überkam, von dem einen, bei dem der Einfluß der Religion
prävalirte, etwa das religiöse, von dem andern, dessen Sinn
vorzugsweise auf Krieg gerichtet war, das militärische, von dem
dritten das rein privatrechtliche. Und in der That ist die Be-
hauptung aufgestellt, daß das römische Recht aus einer solchen
Mischung entstanden, und der Versuch gemacht, es auf seine
ethnischen Urbestandtheile zurückzuführen. 217) Sind wir nun
für unsere Ausgangspunkte des römischen Rechts zu derselben
Annahme gezwungen, sei es durch äußere historische Zengnisse,
sei es durch innere Gründe? Bei einem kriegerischen Volke, das
in beständiger Bewegung begriffen ist, versteht sich der Einfluß
des militärischen Interesses auf die Verfassung von selbst. Das
Geschlechterprinzip fügt sich dem Zweck des Ganzen ungezwun-
gen ein, und das subjektive Prinzip mit seiner Erbeutung und
Selbsthülfe findet kaum eine passendere Stätte, als bei einem
solchen Volke. Und das religiöse Prinzip? So wenig an sich
die religiöse Stimmung dem kriegerischen Sinn widerstrebt, so
könnte man doch am ersten in Versuchung kommen, in einigen
Spuren des religiösen Prinzips im römischen Recht Reste eines
religiös gefärbten Rechtssystems zu erblicken, das bei einem
andern Volke seine Ausbildung erhalten hätte. Wir stellen diese
Spuren, und zur Vergleichung die entsprechenden Punkte des
profanen Systems, hier zusammen.

217) Göttling römische Staatsverfassung. Einleitung.

Gemeinſame Betrachtung derſelben. §. 19.
hältniß des Staates nach außen hin, und hier iſt der Gegenſatz
ein klaffender, eine vollſtändige Negation alles deſſen, was der
Staat im Innern in ſich birgt.

Wir haben von einem urſprünglichen Syſtem dieſer Aus-
gangspunkte geſprochen; dürfen wir dies? Der Sinn der Frage
iſt folgender. Es iſt möglich, daß das römiſche Volk, das aus
verſchiedenen Volksſtämmen zu einem Volke zuſammenwuchs,
von jedem derſelben irgend ein Element ſeiner ſittlichen Welt
überkam, von dem einen, bei dem der Einfluß der Religion
prävalirte, etwa das religiöſe, von dem andern, deſſen Sinn
vorzugsweiſe auf Krieg gerichtet war, das militäriſche, von dem
dritten das rein privatrechtliche. Und in der That iſt die Be-
hauptung aufgeſtellt, daß das römiſche Recht aus einer ſolchen
Miſchung entſtanden, und der Verſuch gemacht, es auf ſeine
ethniſchen Urbeſtandtheile zurückzuführen. 217) Sind wir nun
für unſere Ausgangspunkte des römiſchen Rechts zu derſelben
Annahme gezwungen, ſei es durch äußere hiſtoriſche Zengniſſe,
ſei es durch innere Gründe? Bei einem kriegeriſchen Volke, das
in beſtändiger Bewegung begriffen iſt, verſteht ſich der Einfluß
des militäriſchen Intereſſes auf die Verfaſſung von ſelbſt. Das
Geſchlechterprinzip fügt ſich dem Zweck des Ganzen ungezwun-
gen ein, und das ſubjektive Prinzip mit ſeiner Erbeutung und
Selbſthülfe findet kaum eine paſſendere Stätte, als bei einem
ſolchen Volke. Und das religiöſe Prinzip? So wenig an ſich
die religiöſe Stimmung dem kriegeriſchen Sinn widerſtrebt, ſo
könnte man doch am erſten in Verſuchung kommen, in einigen
Spuren des religiöſen Prinzips im römiſchen Recht Reſte eines
religiös gefärbten Rechtsſyſtems zu erblicken, das bei einem
andern Volke ſeine Ausbildung erhalten hätte. Wir ſtellen dieſe
Spuren, und zur Vergleichung die entſprechenden Punkte des
profanen Syſtems, hier zuſammen.

217) Göttling römiſche Staatsverfaſſung. Einleitung.
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[283/0301] Gemeinſame Betrachtung derſelben. §. 19. hältniß des Staates nach außen hin, und hier iſt der Gegenſatz ein klaffender, eine vollſtändige Negation alles deſſen, was der Staat im Innern in ſich birgt. Wir haben von einem urſprünglichen Syſtem dieſer Aus- gangspunkte geſprochen; dürfen wir dies? Der Sinn der Frage iſt folgender. Es iſt möglich, daß das römiſche Volk, das aus verſchiedenen Volksſtämmen zu einem Volke zuſammenwuchs, von jedem derſelben irgend ein Element ſeiner ſittlichen Welt überkam, von dem einen, bei dem der Einfluß der Religion prävalirte, etwa das religiöſe, von dem andern, deſſen Sinn vorzugsweiſe auf Krieg gerichtet war, das militäriſche, von dem dritten das rein privatrechtliche. Und in der That iſt die Be- hauptung aufgeſtellt, daß das römiſche Recht aus einer ſolchen Miſchung entſtanden, und der Verſuch gemacht, es auf ſeine ethniſchen Urbeſtandtheile zurückzuführen. 217) Sind wir nun für unſere Ausgangspunkte des römiſchen Rechts zu derſelben Annahme gezwungen, ſei es durch äußere hiſtoriſche Zengniſſe, ſei es durch innere Gründe? Bei einem kriegeriſchen Volke, das in beſtändiger Bewegung begriffen iſt, verſteht ſich der Einfluß des militäriſchen Intereſſes auf die Verfaſſung von ſelbſt. Das Geſchlechterprinzip fügt ſich dem Zweck des Ganzen ungezwun- gen ein, und das ſubjektive Prinzip mit ſeiner Erbeutung und Selbſthülfe findet kaum eine paſſendere Stätte, als bei einem ſolchen Volke. Und das religiöſe Prinzip? So wenig an ſich die religiöſe Stimmung dem kriegeriſchen Sinn widerſtrebt, ſo könnte man doch am erſten in Verſuchung kommen, in einigen Spuren des religiöſen Prinzips im römiſchen Recht Reſte eines religiös gefärbten Rechtsſyſtems zu erblicken, das bei einem andern Volke ſeine Ausbildung erhalten hätte. Wir ſtellen dieſe Spuren, und zur Vergleichung die entſprechenden Punkte des profanen Syſtems, hier zuſammen. 217) Göttling römiſche Staatsverfaſſung. Einleitung.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 1. Leipzig, 1852, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht01_1852/301>, abgerufen am 22.11.2024.