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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.

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Zweit. Buch. Erst. Abschn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb.
der öffentliche Ankläger das Recht, sie überall vorzunehmen, wo
er relevante Dokumente und Hausbücher, deren Besitz abge-
läugnet wurde, vermuthete, sondern in den XII Tafeln ward
ein privatrechtlicher Fall derselben ausdrücklich hervorgehoben,
die Haussuchung nach gestohlenen Gegenständen. 208) Den Fall
einer Weigerung des Verdächtigen, die Haussuchung vorneh-
men zu lassen, hatte das Gesetz gar nicht vorgesehen; ging die
Meinung des Gesetzes etwa dahin, daß der Widerstand durch
Anwendung von Gewalt beseitigt werden solle? Ein solcher
gewaltsamer Einbruch in das Haus hat etwas höchst wider-
strebendes; das prätorische Edikt vermied ihn dadurch, daß es
den Widersetzlichen als geständig behandelte und mit der höch-
sten Strafe belegte, 209) wahrscheinlich schloß es aber, wie bei
der Lehre vom furtum überhaupt210) so auch hier sich nur einer
alten Praxis an.

Ob es in dem andern Fall zur Anwendung von Zwangs-
maßregeln kam, oder ob die Strafe, die dem Widersetzlichen
auch hier gedroht war, 211) das alleinige, aber gewiß ausrei-
chende 212) Mittel war, seinen Widerstand zu brechen, lasse ich
dahingestellt.

Abgesehn hiervon war nun die äußere Abgeschlossenheit
des Hauses prinzipiell anerkannt. 213) Ich möchte ihr eine in-

208) Gaj. III. §. 186 fl. Das Gesetz kannte zwei Arten: die unfeier-
liche, die, wenn sie die Auffindung der gestohlenen Sache zur Folge gehabt,
die Strafe des triplum nach sich zog (act. furti concepti. Davon die §.
186, 187) und die feierliche (per linteum et lancem), die nur eintrat, wenn
der Verdächtige selbst es wünschte, dafür aber die Strafe des quadruplum
nach sich zog (§. 192, 193).
209) Gaj. III. §. 192.
210) z. B. Gaj. III. §. 190, 191. B. 1, S. 129.
211) In der öffentlichen Vollmacht des Anklägers (lex, Geib, S. 285).
212) Cic. in Verr. IV. 66 ... Ille contradicere ... Quid multa?
nisi vehementius homini minatus essem, nisi legis sanctionempoe-
namque
recitassem, tabularum mihi potestas facta non esset.
213) Eine sinnreiche Anwendung ist davon kürzlich auf die servitus one-
ris ferendi
gemacht von Rud. Elvers, Servitutenlehre B. 1, S. 61.

Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb.
der öffentliche Ankläger das Recht, ſie überall vorzunehmen, wo
er relevante Dokumente und Hausbücher, deren Beſitz abge-
läugnet wurde, vermuthete, ſondern in den XII Tafeln ward
ein privatrechtlicher Fall derſelben ausdrücklich hervorgehoben,
die Hausſuchung nach geſtohlenen Gegenſtänden. 208) Den Fall
einer Weigerung des Verdächtigen, die Hausſuchung vorneh-
men zu laſſen, hatte das Geſetz gar nicht vorgeſehen; ging die
Meinung des Geſetzes etwa dahin, daß der Widerſtand durch
Anwendung von Gewalt beſeitigt werden ſolle? Ein ſolcher
gewaltſamer Einbruch in das Haus hat etwas höchſt wider-
ſtrebendes; das prätoriſche Edikt vermied ihn dadurch, daß es
den Widerſetzlichen als geſtändig behandelte und mit der höch-
ſten Strafe belegte, 209) wahrſcheinlich ſchloß es aber, wie bei
der Lehre vom furtum überhaupt210) ſo auch hier ſich nur einer
alten Praxis an.

Ob es in dem andern Fall zur Anwendung von Zwangs-
maßregeln kam, oder ob die Strafe, die dem Widerſetzlichen
auch hier gedroht war, 211) das alleinige, aber gewiß ausrei-
chende 212) Mittel war, ſeinen Widerſtand zu brechen, laſſe ich
dahingeſtellt.

Abgeſehn hiervon war nun die äußere Abgeſchloſſenheit
des Hauſes prinzipiell anerkannt. 213) Ich möchte ihr eine in-

208) Gaj. III. §. 186 fl. Das Geſetz kannte zwei Arten: die unfeier-
liche, die, wenn ſie die Auffindung der geſtohlenen Sache zur Folge gehabt,
die Strafe des triplum nach ſich zog (act. furti concepti. Davon die §.
186, 187) und die feierliche (per linteum et lancem), die nur eintrat, wenn
der Verdächtige ſelbſt es wünſchte, dafür aber die Strafe des quadruplum
nach ſich zog (§. 192, 193).
209) Gaj. III. §. 192.
210) z. B. Gaj. III. §. 190, 191. B. 1, S. 129.
211) In der öffentlichen Vollmacht des Anklägers (lex, Geib, S. 285).
212) Cic. in Verr. IV. 66 … Ille contradicere … Quid multa?
nisi vehementius homini minatus essem, nisi legis sanctionempoe-
namque
recitassem, tabularum mihi potestas facta non esset.
213) Eine ſinnreiche Anwendung iſt davon kürzlich auf die servitus one-
ris ferendi
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[166/0180] Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. der öffentliche Ankläger das Recht, ſie überall vorzunehmen, wo er relevante Dokumente und Hausbücher, deren Beſitz abge- läugnet wurde, vermuthete, ſondern in den XII Tafeln ward ein privatrechtlicher Fall derſelben ausdrücklich hervorgehoben, die Hausſuchung nach geſtohlenen Gegenſtänden. 208) Den Fall einer Weigerung des Verdächtigen, die Hausſuchung vorneh- men zu laſſen, hatte das Geſetz gar nicht vorgeſehen; ging die Meinung des Geſetzes etwa dahin, daß der Widerſtand durch Anwendung von Gewalt beſeitigt werden ſolle? Ein ſolcher gewaltſamer Einbruch in das Haus hat etwas höchſt wider- ſtrebendes; das prätoriſche Edikt vermied ihn dadurch, daß es den Widerſetzlichen als geſtändig behandelte und mit der höch- ſten Strafe belegte, 209) wahrſcheinlich ſchloß es aber, wie bei der Lehre vom furtum überhaupt 210) ſo auch hier ſich nur einer alten Praxis an. Ob es in dem andern Fall zur Anwendung von Zwangs- maßregeln kam, oder ob die Strafe, die dem Widerſetzlichen auch hier gedroht war, 211) das alleinige, aber gewiß ausrei- chende 212) Mittel war, ſeinen Widerſtand zu brechen, laſſe ich dahingeſtellt. Abgeſehn hiervon war nun die äußere Abgeſchloſſenheit des Hauſes prinzipiell anerkannt. 213) Ich möchte ihr eine in- 208) Gaj. III. §. 186 fl. Das Geſetz kannte zwei Arten: die unfeier- liche, die, wenn ſie die Auffindung der geſtohlenen Sache zur Folge gehabt, die Strafe des triplum nach ſich zog (act. furti concepti. Davon die §. 186, 187) und die feierliche (per linteum et lancem), die nur eintrat, wenn der Verdächtige ſelbſt es wünſchte, dafür aber die Strafe des quadruplum nach ſich zog (§. 192, 193). 209) Gaj. III. §. 192. 210) z. B. Gaj. III. §. 190, 191. B. 1, S. 129. 211) In der öffentlichen Vollmacht des Anklägers (lex, Geib, S. 285). 212) Cic. in Verr. IV. 66 … Ille contradicere … Quid multa? nisi vehementius homini minatus essem, nisi legis sanctionempoe- namque recitassem, tabularum mihi potestas facta non esset. 213) Eine ſinnreiche Anwendung iſt davon kürzlich auf die servitus one- ris ferendi gemacht von Rud. Elvers, Servitutenlehre B. 1, S. 61.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0201_1854/180>, abgerufen am 23.11.2024.