Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.Zweites Buch -- das spezifisch röm. Rechtssystem. Systems vermittelst eines uns erst durch die spätere Zeit gebote-nen Materials damit Verzicht leisten wollten. Daß wir fortan unsere Aufmerksamkeit vorzugsweise dem Zweites Buch — das ſpezifiſch röm. Rechtsſyſtem. Syſtems vermittelſt eines uns erſt durch die ſpätere Zeit gebote-nen Materials damit Verzicht leiſten wollten. Daß wir fortan unſere Aufmerkſamkeit vorzugsweiſe dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0020" n="6"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch — das ſpezifiſch röm. Rechtsſyſtem.</fw><lb/> Syſtems vermittelſt eines uns erſt durch die ſpätere Zeit gebote-<lb/> nen Materials damit Verzicht leiſten wollten.</p><lb/> <p>Daß wir fortan unſere Aufmerkſamkeit vorzugsweiſe dem<lb/> Privatrecht zuwenden, darüber wird ſchwerlich ein Kundiger<lb/> mit uns rechten. Es iſt nicht bloß die beſondere Beziehung<lb/> deſſelben zur modernen Welt, die uns dazu veranlaßt, ſondern<lb/> der Vorſprung, den das Privatrecht und der mit ihm in<lb/> engſter Verbindung ſtehende Prozeß vor den übrigen Theilen<lb/> des Rechts gewann, bringt dies von ſelbſt mit ſich. Dieſer Vor-<lb/> ſprung beſteht theils darin, daß dieſer Theil des Rechts ſich weit<lb/> mehr objektivirt, abgelagert hat (§. 24), theils in der bekann-<lb/> ten hohen wiſſenſchaftlichen Cultur, die ihm zu Theil geworden<lb/> iſt. Allerdings läßt ſich erſt in der folgenden Periode von einer<lb/> eigentlichen Wiſſenſchaft des Rechts ſprechen, aber das natür-<lb/> liche Genie des Volks hat doch bereits an dem gegenwärtigen<lb/> Syſtem ſich in einer Weiſe bethätigt, die vielleicht mehr unſere<lb/> Bewunderung zu erregen verdient, als die ausgezeichneten Lei-<lb/> ſtungen der ſpätern Jurisprudenz. Letztere ſteht unſerm heutigen<lb/> wiſſenſchaftlichen Bewußtſein näher, und daher rührt es, daß<lb/> ihr die Anerkennung in ſo reichem Maße zuſtrömt, während<lb/> das Verdienſt der frühern Zeit, die, wenn ich ſo ſagen darf,<lb/> die Dogmatik des Rechts erſt aus dem Groben herausarbeiten<lb/> mußte, weniger in die Augen ſpringt. Und doch war es dieſe<lb/> Arbeit, die über den Werth des römiſchen Rechts eigentlich ent-<lb/> ſchied, und der die ſpätere Wiſſenſchaft den urbaren, geebneten<lb/> Boden verdankte, ohne den ihre Erfolge ſich nicht hätten denken<lb/> laſſen. Ich hebe dies mit beſonderm Nachdruck hervor, weil ich<lb/> von vornherein der Meinung vorbeugen möchte, als verdanke<lb/> das römiſche Recht ſeine Größe der römiſchen Rechtswiſſenſchaft,<lb/> als beginne alſo auch die Glanzperiode der römiſchen Rechtsge-<lb/> ſchichte erſt mit unſerm dritten Syſtem. Sie beginnt ſchon jetzt,<lb/> und erheiſchte es auch nicht die hiſtoriſche Gründlichkeit, dem<lb/> ältern Recht die gebührende Beachtung zuzuwenden: der innere<lb/> Werth desſelben, ſein eigner geiſtiger Gehalt würde ſie ihm<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0020]
Zweites Buch — das ſpezifiſch röm. Rechtsſyſtem.
Syſtems vermittelſt eines uns erſt durch die ſpätere Zeit gebote-
nen Materials damit Verzicht leiſten wollten.
Daß wir fortan unſere Aufmerkſamkeit vorzugsweiſe dem
Privatrecht zuwenden, darüber wird ſchwerlich ein Kundiger
mit uns rechten. Es iſt nicht bloß die beſondere Beziehung
deſſelben zur modernen Welt, die uns dazu veranlaßt, ſondern
der Vorſprung, den das Privatrecht und der mit ihm in
engſter Verbindung ſtehende Prozeß vor den übrigen Theilen
des Rechts gewann, bringt dies von ſelbſt mit ſich. Dieſer Vor-
ſprung beſteht theils darin, daß dieſer Theil des Rechts ſich weit
mehr objektivirt, abgelagert hat (§. 24), theils in der bekann-
ten hohen wiſſenſchaftlichen Cultur, die ihm zu Theil geworden
iſt. Allerdings läßt ſich erſt in der folgenden Periode von einer
eigentlichen Wiſſenſchaft des Rechts ſprechen, aber das natür-
liche Genie des Volks hat doch bereits an dem gegenwärtigen
Syſtem ſich in einer Weiſe bethätigt, die vielleicht mehr unſere
Bewunderung zu erregen verdient, als die ausgezeichneten Lei-
ſtungen der ſpätern Jurisprudenz. Letztere ſteht unſerm heutigen
wiſſenſchaftlichen Bewußtſein näher, und daher rührt es, daß
ihr die Anerkennung in ſo reichem Maße zuſtrömt, während
das Verdienſt der frühern Zeit, die, wenn ich ſo ſagen darf,
die Dogmatik des Rechts erſt aus dem Groben herausarbeiten
mußte, weniger in die Augen ſpringt. Und doch war es dieſe
Arbeit, die über den Werth des römiſchen Rechts eigentlich ent-
ſchied, und der die ſpätere Wiſſenſchaft den urbaren, geebneten
Boden verdankte, ohne den ihre Erfolge ſich nicht hätten denken
laſſen. Ich hebe dies mit beſonderm Nachdruck hervor, weil ich
von vornherein der Meinung vorbeugen möchte, als verdanke
das römiſche Recht ſeine Größe der römiſchen Rechtswiſſenſchaft,
als beginne alſo auch die Glanzperiode der römiſchen Rechtsge-
ſchichte erſt mit unſerm dritten Syſtem. Sie beginnt ſchon jetzt,
und erheiſchte es auch nicht die hiſtoriſche Gründlichkeit, dem
ältern Recht die gebührende Beachtung zuzuwenden: der innere
Werth desſelben, ſein eigner geiſtiger Gehalt würde ſie ihm
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