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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.

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A. Stellung des Indiv. Hausherrl. Gewalt. Die patr. pot. §. 32.
Maße mit der gerade am meisten angefochtenen Unbe-
schränktheit
jener Gewalt im ältern Recht.

2. Die väterliche Gewalt.

Der rechtliche Zuschnitt der väterlichen Gewalt 271) war, wie
bemerkt, bis auf weniges derselbe, wie der der herrschaftlichen,
und wir werden daher nur die Differenzpunkte beider zu erwäh-
nen haben.

Es ist aber wohlgemerkt nicht vom Unterschiede der Kinder
und Sklaven in absoluter Beziehung 272) die Rede, sondern nur
von der etwaigen Differenz hinsichtlich ihres relativen Verhält-
nisses zum Herrn. Trotz der gewaltigen Verschiedenheit beider
in erster Beziehung war doch dieses ihr relatives Verhältniß ur-
sprünglich ganz dasselbe. Auch die Kinder also konnten nichts
Eigenes haben, 273) auch sie waren dem jus necis ac vitae des

271) Die patr. pot. betrachteten die Römer der spätern Zeit als etwas
ganz besonderes, was sich nur bei ihnen finde (Gaj. I. §. 55), während das-
selbe Maß der Gewalt gegenüber den Sklaven ihnen als etwas ganz regulä-
res, überall vorkommendes erschien (Gaj. I. §. 52) und umgekehrt die spätere
Beschränkung desselben als etwas eigenthümliches (Gaj. I. §. 53).
272) Der Freiheit und Unfreiheit. Daher die Kinder die Freien, liberi,
genannt. Der Unterschied äußerte sich bei Lebzeiten des Herrn nur in staats-
rechtlicher Beziehung, erst mit dem Tode desselben auch in privatrechtlicher.
Denn die Sklaven blieben, was sie waren, die Kinder hingegen wurden sui
juris
und setzten als solche, wenn der Vater sie nicht enterbt hatte, die fa-
milia
fort, der sie bisher nur passiv angehört hatten.
273) Nicht bloß kein Vermögen, sondern auch keine Gewalt über Perso-
nen. Hinsichtlich der patr. pot. ist dies zweifellos, hinsichtlich der manus be-
stritten, aber gewiß mit Unrecht. Denn wenn von einer manus des Sohnes
über seine Frau die Rede ist, z. B. bei Gaj. II. §. 148, III. §. 3. Ulp. fragm.
XXII.
§. 14, so ist dies nicht anders zu verstehen, als: "wenn unser Sohn,
den wir in der Gewalt haben, eine Ehe mit manus eingegangen ist," ohne
daß aber er selbst damit als Innehaber der manus bezeichnet werden sollte.
Die Hauptwirkung der manus, nämlich die vermögensrechtliche, war ja in
seiner Person völlig undenkbar. S. Gellius XVIII. 6: quae in mariti manu
mancipioque aut in ejus, in cujus maritus manu mancipioque esset.

A. Stellung des Indiv. Hausherrl. Gewalt. Die patr. pot. §. 32.
Maße mit der gerade am meiſten angefochtenen Unbe-
ſchränktheit
jener Gewalt im ältern Recht.

2. Die väterliche Gewalt.

Der rechtliche Zuſchnitt der väterlichen Gewalt 271) war, wie
bemerkt, bis auf weniges derſelbe, wie der der herrſchaftlichen,
und wir werden daher nur die Differenzpunkte beider zu erwäh-
nen haben.

Es iſt aber wohlgemerkt nicht vom Unterſchiede der Kinder
und Sklaven in abſoluter Beziehung 272) die Rede, ſondern nur
von der etwaigen Differenz hinſichtlich ihres relativen Verhält-
niſſes zum Herrn. Trotz der gewaltigen Verſchiedenheit beider
in erſter Beziehung war doch dieſes ihr relatives Verhältniß ur-
ſprünglich ganz daſſelbe. Auch die Kinder alſo konnten nichts
Eigenes haben, 273) auch ſie waren dem jus necis ac vitae des

271) Die patr. pot. betrachteten die Römer der ſpätern Zeit als etwas
ganz beſonderes, was ſich nur bei ihnen finde (Gaj. I. §. 55), während daſ-
ſelbe Maß der Gewalt gegenüber den Sklaven ihnen als etwas ganz regulä-
res, überall vorkommendes erſchien (Gaj. I. §. 52) und umgekehrt die ſpätere
Beſchränkung deſſelben als etwas eigenthümliches (Gaj. I. §. 53).
272) Der Freiheit und Unfreiheit. Daher die Kinder die Freien, liberi,
genannt. Der Unterſchied äußerte ſich bei Lebzeiten des Herrn nur in ſtaats-
rechtlicher Beziehung, erſt mit dem Tode deſſelben auch in privatrechtlicher.
Denn die Sklaven blieben, was ſie waren, die Kinder hingegen wurden sui
juris
und ſetzten als ſolche, wenn der Vater ſie nicht enterbt hatte, die fa-
milia
fort, der ſie bisher nur paſſiv angehört hatten.
273) Nicht bloß kein Vermögen, ſondern auch keine Gewalt über Perſo-
nen. Hinſichtlich der patr. pot. iſt dies zweifellos, hinſichtlich der manus be-
ſtritten, aber gewiß mit Unrecht. Denn wenn von einer manus des Sohnes
über ſeine Frau die Rede iſt, z. B. bei Gaj. II. §. 148, III. §. 3. Ulp. fragm.
XXII.
§. 14, ſo iſt dies nicht anders zu verſtehen, als: „wenn unſer Sohn,
den wir in der Gewalt haben, eine Ehe mit manus eingegangen iſt,“ ohne
daß aber er ſelbſt damit als Innehaber der manus bezeichnet werden ſollte.
Die Hauptwirkung der manus, nämlich die vermögensrechtliche, war ja in
ſeiner Perſon völlig undenkbar. S. Gellius XVIII. 6: quae in mariti manu
mancipioque aut in ejus, in cujus maritus manu mancipioque esset.
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[189/0203] A. Stellung des Indiv. Hausherrl. Gewalt. Die patr. pot. §. 32. Maße mit der gerade am meiſten angefochtenen Unbe- ſchränktheit jener Gewalt im ältern Recht. 2. Die väterliche Gewalt. Der rechtliche Zuſchnitt der väterlichen Gewalt 271) war, wie bemerkt, bis auf weniges derſelbe, wie der der herrſchaftlichen, und wir werden daher nur die Differenzpunkte beider zu erwäh- nen haben. Es iſt aber wohlgemerkt nicht vom Unterſchiede der Kinder und Sklaven in abſoluter Beziehung 272) die Rede, ſondern nur von der etwaigen Differenz hinſichtlich ihres relativen Verhält- niſſes zum Herrn. Trotz der gewaltigen Verſchiedenheit beider in erſter Beziehung war doch dieſes ihr relatives Verhältniß ur- ſprünglich ganz daſſelbe. Auch die Kinder alſo konnten nichts Eigenes haben, 273) auch ſie waren dem jus necis ac vitae des 271) Die patr. pot. betrachteten die Römer der ſpätern Zeit als etwas ganz beſonderes, was ſich nur bei ihnen finde (Gaj. I. §. 55), während daſ- ſelbe Maß der Gewalt gegenüber den Sklaven ihnen als etwas ganz regulä- res, überall vorkommendes erſchien (Gaj. I. §. 52) und umgekehrt die ſpätere Beſchränkung deſſelben als etwas eigenthümliches (Gaj. I. §. 53). 272) Der Freiheit und Unfreiheit. Daher die Kinder die Freien, liberi, genannt. Der Unterſchied äußerte ſich bei Lebzeiten des Herrn nur in ſtaats- rechtlicher Beziehung, erſt mit dem Tode deſſelben auch in privatrechtlicher. Denn die Sklaven blieben, was ſie waren, die Kinder hingegen wurden sui juris und ſetzten als ſolche, wenn der Vater ſie nicht enterbt hatte, die fa- milia fort, der ſie bisher nur paſſiv angehört hatten. 273) Nicht bloß kein Vermögen, ſondern auch keine Gewalt über Perſo- nen. Hinſichtlich der patr. pot. iſt dies zweifellos, hinſichtlich der manus be- ſtritten, aber gewiß mit Unrecht. Denn wenn von einer manus des Sohnes über ſeine Frau die Rede iſt, z. B. bei Gaj. II. §. 148, III. §. 3. Ulp. fragm. XXII. §. 14, ſo iſt dies nicht anders zu verſtehen, als: „wenn unſer Sohn, den wir in der Gewalt haben, eine Ehe mit manus eingegangen iſt,“ ohne daß aber er ſelbſt damit als Innehaber der manus bezeichnet werden ſollte. Die Hauptwirkung der manus, nämlich die vermögensrechtliche, war ja in ſeiner Perſon völlig undenkbar. S. Gellius XVIII. 6: quae in mariti manu mancipioque aut in ejus, in cujus maritus manu mancipioque esset.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0201_1854/203>, abgerufen am 24.11.2024.