Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.Zweit. Buch. Erst. Abschn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. (c. 3) von Einem derselben, der für die unglaubliche Summevon 700000 Sestertien (ungefähr 30000 Thlr.) gekauft und gleich darauf von seinem Herrn freigelassen wurde. Daß aber schon in alter Zeit die Zahl der Freilassungen eine nicht unbe- deutende gewesen sein muß, geht daraus hervor, daß die vice- sima manumissionum, die im Jahre der Stadt 398 eingeführt wurde, schon von vornherein eine beträchtliche Einnahmsquelle des Aerars bildete. 269) Es war bei der vorliegenden Darstellung nicht sowohl 269) In dieser Voraussetzung ward sie eingeführt, Liv. VII. 16: Pa- tres, quia ea lege haud parvum vectigal inopi aerario additum fuis- set, auctores fuerunt. Dieses Geld (aurum vicesimarium) wurde im aera- rium sanctius für Nothfälle aufbewahrt. Im Jahre 543 nahm man nicht weniger als 4000 Pfd. Gold daraus. Liv. XXVII. 10. 270) Daß ein römischer Jurist sich auch hier nur an das abstract Recht-
liche hält, ist ganz in der Ordnung. Aber bei Nichtjuristen findet sich doch jene Vorstellung z. B. Seneca ep. V. 6, wo er der Saturnalien gedenkt, als an welchen die Sklaven die Rolle der Herren spielten und zwar honores illis in domo gerere, jus dicere permiserunt. Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb. (c. 3) von Einem derſelben, der für die unglaubliche Summevon 700000 Seſtertien (ungefähr 30000 Thlr.) gekauft und gleich darauf von ſeinem Herrn freigelaſſen wurde. Daß aber ſchon in alter Zeit die Zahl der Freilaſſungen eine nicht unbe- deutende geweſen ſein muß, geht daraus hervor, daß die vice- sima manumissionum, die im Jahre der Stadt 398 eingeführt wurde, ſchon von vornherein eine beträchtliche Einnahmsquelle des Aerars bildete. 269) Es war bei der vorliegenden Darſtellung nicht ſowohl 269) In dieſer Vorausſetzung ward ſie eingeführt, Liv. VII. 16: Pa- tres, quia ea lege haud parvum vectigal inopi aerario additum fuis- set, auctores fuerunt. Dieſes Geld (aurum vicesimarium) wurde im aera- rium sanctius für Nothfälle aufbewahrt. Im Jahre 543 nahm man nicht weniger als 4000 Pfd. Gold daraus. Liv. XXVII. 10. 270) Daß ein römiſcher Juriſt ſich auch hier nur an das abſtract Recht-
liche hält, iſt ganz in der Ordnung. Aber bei Nichtjuriſten findet ſich doch jene Vorſtellung z. B. Seneca ep. V. 6, wo er der Saturnalien gedenkt, als an welchen die Sklaven die Rolle der Herren ſpielten und zwar honores illis in domo gerere, jus dicere permiserunt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0202" n="188"/><fw place="top" type="header">Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. <hi rendition="#aq">II.</hi> Die Grundtriebe. <hi rendition="#aq">III.</hi> Der Freiheitstrieb.</fw><lb/><hi rendition="#aq">(c. 3)</hi> von Einem derſelben, der für die unglaubliche Summe<lb/> von 700000 Seſtertien (ungefähr 30000 Thlr.) gekauft und<lb/> gleich darauf von ſeinem Herrn freigelaſſen wurde. Daß aber<lb/> ſchon in alter Zeit die Zahl der Freilaſſungen eine nicht unbe-<lb/> deutende geweſen ſein muß, geht daraus hervor, daß die <hi rendition="#aq">vice-<lb/> sima manumissionum,</hi> die im Jahre der Stadt 398 eingeführt<lb/> wurde, ſchon von vornherein eine beträchtliche Einnahmsquelle<lb/> des Aerars bildete. <note place="foot" n="269)">In dieſer Vorausſetzung ward ſie eingeführt, <hi rendition="#aq">Liv. VII. 16: Pa-<lb/> tres, quia ea lege <hi rendition="#g">haud parvum</hi> vectigal <hi rendition="#g">inopi</hi> aerario additum fuis-<lb/> set, auctores fuerunt.</hi> Dieſes Geld <hi rendition="#aq">(aurum vicesimarium)</hi> wurde im <hi rendition="#aq">aera-<lb/> rium sanctius</hi> für Nothfälle aufbewahrt. Im Jahre 543 nahm man nicht<lb/> weniger als 4000 Pfd. Gold daraus. <hi rendition="#aq">Liv. XXVII.</hi> 10.</note></p><lb/> <p>Es war bei der vorliegenden Darſtellung nicht ſowohl<lb/> darum zu thun, eine bisher in der Regel falſch beurtheilte Seite<lb/> des römiſchen Lebens im richtigen Lichte zu zeigen, als vielmehr<lb/> den wahren Sinn der herrſchaftlichen Gewalt zu ermitteln, zu<lb/> zeigen nämlich, daß letztere nicht den Zweck habe, die Rohheit<lb/> und Willkühr des Herrn gegenüber einem wehrloſen Sklaven<lb/> zu legaliſiren, ſondern den Zweck, dem Herrn im Vertrauen auf<lb/> ſeine Gerechtigkeit und Menſchlichkeit und unter der durch den<lb/> Cenſor geübten Oberaufſicht des Staats ein auch für die exor-<lb/> bitanteſten Fälle vollkommen ausreichendes <hi rendition="#g">Hausregiment</hi><lb/> über ſein Geſinde zu geben. Erkennt man in der Gewalt des<lb/> römiſchen Vaters über den Sohn heutzutage mit Recht eine Art<lb/> Strafgerichtsbarkeit, ſo möge man auch für die herrſchaftliche<lb/> Gewalt eine gleiche Beſtimmung <note place="foot" n="270)">Daß ein römiſcher <hi rendition="#g">Juriſt</hi> ſich auch hier nur an das abſtract Recht-<lb/> liche hält, iſt ganz in der Ordnung. Aber bei Nichtjuriſten findet ſich doch<lb/> jene Vorſtellung z. B. <hi rendition="#aq">Seneca ep. V. 6,</hi> wo er der Saturnalien gedenkt,<lb/> als an welchen die Sklaven die Rolle der Herren ſpielten und zwar <hi rendition="#aq">honores<lb/> illis in domo gerere, <hi rendition="#g">jus dicere</hi> permiserunt.</hi></note> annehmen und damit der-<lb/> ſelben ein ſittliches Motiv und einen ſittlichen Charakter ver-<lb/> leihen, der uns zwar mit der Thatſache der <hi rendition="#g">Sklaverei</hi> nie<lb/> wird ausſöhnen können, wohl aber bis zu einem gewiſſen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [188/0202]
Zweit. Buch. Erſt. Abſchn. II. Die Grundtriebe. III. Der Freiheitstrieb.
(c. 3) von Einem derſelben, der für die unglaubliche Summe
von 700000 Seſtertien (ungefähr 30000 Thlr.) gekauft und
gleich darauf von ſeinem Herrn freigelaſſen wurde. Daß aber
ſchon in alter Zeit die Zahl der Freilaſſungen eine nicht unbe-
deutende geweſen ſein muß, geht daraus hervor, daß die vice-
sima manumissionum, die im Jahre der Stadt 398 eingeführt
wurde, ſchon von vornherein eine beträchtliche Einnahmsquelle
des Aerars bildete. 269)
Es war bei der vorliegenden Darſtellung nicht ſowohl
darum zu thun, eine bisher in der Regel falſch beurtheilte Seite
des römiſchen Lebens im richtigen Lichte zu zeigen, als vielmehr
den wahren Sinn der herrſchaftlichen Gewalt zu ermitteln, zu
zeigen nämlich, daß letztere nicht den Zweck habe, die Rohheit
und Willkühr des Herrn gegenüber einem wehrloſen Sklaven
zu legaliſiren, ſondern den Zweck, dem Herrn im Vertrauen auf
ſeine Gerechtigkeit und Menſchlichkeit und unter der durch den
Cenſor geübten Oberaufſicht des Staats ein auch für die exor-
bitanteſten Fälle vollkommen ausreichendes Hausregiment
über ſein Geſinde zu geben. Erkennt man in der Gewalt des
römiſchen Vaters über den Sohn heutzutage mit Recht eine Art
Strafgerichtsbarkeit, ſo möge man auch für die herrſchaftliche
Gewalt eine gleiche Beſtimmung 270) annehmen und damit der-
ſelben ein ſittliches Motiv und einen ſittlichen Charakter ver-
leihen, der uns zwar mit der Thatſache der Sklaverei nie
wird ausſöhnen können, wohl aber bis zu einem gewiſſen
269) In dieſer Vorausſetzung ward ſie eingeführt, Liv. VII. 16: Pa-
tres, quia ea lege haud parvum vectigal inopi aerario additum fuis-
set, auctores fuerunt. Dieſes Geld (aurum vicesimarium) wurde im aera-
rium sanctius für Nothfälle aufbewahrt. Im Jahre 543 nahm man nicht
weniger als 4000 Pfd. Gold daraus. Liv. XXVII. 10.
270) Daß ein römiſcher Juriſt ſich auch hier nur an das abſtract Recht-
liche hält, iſt ganz in der Ordnung. Aber bei Nichtjuriſten findet ſich doch
jene Vorſtellung z. B. Seneca ep. V. 6, wo er der Saturnalien gedenkt,
als an welchen die Sklaven die Rolle der Herren ſpielten und zwar honores
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