Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.A. Stellung d. Ind. Die Wohlfahrtsfrage. Quellen d. Pauperismus. §. 34. Bauern so sehr erschwerten, mußten dieselben Wirkungen äu-ßern, wenn er sein früheres Eigenthum pachtete. Mit dem großen Grundbesitzer konnte nur der große Pächter konkurri- ren. So dürfen wir annehmen, daß das System der eignen Bewirthschaftung das bei weitem vorherrschende blieb, 375) we- nigstens so lange, als in den bisherigen Verhältnissen nicht eine Veränderung eintrat. Die Bildung des Colonats datirt aus weit späterer Zeit, das uralte Verhältniß der patronatischen Landleihe an den Klienten (Bd. 1, S. 234) tritt in der gegen- wärtigen Periode so wenig hervor, daß wir ihm eine erhebliche Bedeutung für die vorliegende Frage nicht beilegen können. Zu dem socialen Schaden, den wir bisher behandelt haben, 375) Die Römer waren der Verpachtung gar nicht geneigt. S. z. B. Columella I, 7, der sie nur ausnahmsweise und unter besondern Voraus- setzungen zulassen will. 376) Liv. II. 42 .. malignitate patrum, qui militem praeda frauda-
vere. Wie ergiebig diese Quelle mitunter war, geht aus Liv. XLII, 32: quia locupletes videbant u. s. w. hervor. A. Stellung d. Ind. Die Wohlfahrtsfrage. Quellen d. Pauperismus. §. 34. Bauern ſo ſehr erſchwerten, mußten dieſelben Wirkungen äu-ßern, wenn er ſein früheres Eigenthum pachtete. Mit dem großen Grundbeſitzer konnte nur der große Pächter konkurri- ren. So dürfen wir annehmen, daß das Syſtem der eignen Bewirthſchaftung das bei weitem vorherrſchende blieb, 375) we- nigſtens ſo lange, als in den bisherigen Verhältniſſen nicht eine Veränderung eintrat. Die Bildung des Colonats datirt aus weit ſpäterer Zeit, das uralte Verhältniß der patronatiſchen Landleihe an den Klienten (Bd. 1, S. 234) tritt in der gegen- wärtigen Periode ſo wenig hervor, daß wir ihm eine erhebliche Bedeutung für die vorliegende Frage nicht beilegen können. Zu dem ſocialen Schaden, den wir bisher behandelt haben, 375) Die Römer waren der Verpachtung gar nicht geneigt. S. z. B. Columella I, 7, der ſie nur ausnahmsweiſe und unter beſondern Voraus- ſetzungen zulaſſen will. 376) Liv. II. 42 .. malignitate patrum, qui militem praeda frauda-
vere. Wie ergiebig dieſe Quelle mitunter war, geht aus Liv. XLII, 32: quia locupletes videbant u. ſ. w. hervor. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0263" n="249"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">A.</hi> Stellung d. Ind. Die Wohlfahrtsfrage. Quellen d. Pauperismus. §. 34.</fw><lb/> Bauern ſo ſehr erſchwerten, mußten dieſelben Wirkungen äu-<lb/> ßern, wenn er ſein früheres Eigenthum pachtete. Mit dem<lb/> großen Grundbeſitzer konnte nur der <hi rendition="#g">große</hi> Pächter konkurri-<lb/> ren. So dürfen wir annehmen, daß das Syſtem der eignen<lb/> Bewirthſchaftung das bei weitem vorherrſchende blieb, <note place="foot" n="375)">Die Römer waren der Verpachtung gar nicht geneigt. S. z. B.<lb/><hi rendition="#aq">Columella I,</hi> 7, der ſie nur ausnahmsweiſe und unter beſondern Voraus-<lb/> ſetzungen zulaſſen will.</note> we-<lb/> nigſtens ſo lange, als in den bisherigen Verhältniſſen nicht eine<lb/> Veränderung eintrat. Die Bildung des Colonats datirt aus<lb/> weit ſpäterer Zeit, das uralte Verhältniß der patronatiſchen<lb/> Landleihe an den Klienten (Bd. 1, S. 234) tritt in der gegen-<lb/> wärtigen Periode ſo wenig hervor, daß wir ihm eine erhebliche<lb/> Bedeutung für die vorliegende Frage nicht beilegen können.</p><lb/> <p>Zu dem ſocialen Schaden, den wir bisher behandelt haben,<lb/> geſellte ſich noch ein anderer, nicht minder folgenreicher, der<lb/> gleichfalls mit eigenthümlich römiſchen Verhältniſſen zuſammen-<lb/> hing. Es war dies die außerordentliche Beſchränktheit des Sy-<lb/> ſtems der Erwerbsquellen, eine Erſcheinung, die hier nicht, wie<lb/> anderwärts, die natürliche Folge eines unentwickelten Verkehrs<lb/> und einer niedern Culturſtufe war, ſondern das Werk ſocialer<lb/> Vorurtheile. Für den Unbemittelten nämlich gab es in Rom<lb/> Jahrhunderte lang nur Ein anſtändiges Erwerbsmittel, den<lb/> Krieg. Der Römer faßte den Krieg als Erwerbsquelle auf, und<lb/> es begreift ſich von dieſem Geſichtspunkt aus, daß man in dem<lb/> Kriegsdienſt nicht eine Laſt, ſondern einen Vortheil erblickte, an<lb/> dem man die Unmündigen nicht participiren ließ. Das Heer<lb/> nahm die Vertheilung der Beute als Recht in Anſpruch, und<lb/> die Ueberweiſung derſelben an den Schatz erſchien demſelben als<lb/> ein Raub an ſeinen Rechten. <note place="foot" n="376)"><hi rendition="#aq">Liv. II. 42 .. malignitate patrum, qui militem praeda frauda-<lb/> vere</hi>. Wie ergiebig dieſe Quelle mitunter war, geht aus <hi rendition="#aq">Liv. XLII, 32:<lb/> quia locupletes videbant</hi> u. ſ. w. hervor.</note> Hinſichtlich dieſer Erwerbs-<lb/> quelle beſtand eine ſcheinbare Gleichheit aller Stände, aber in<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [249/0263]
A. Stellung d. Ind. Die Wohlfahrtsfrage. Quellen d. Pauperismus. §. 34.
Bauern ſo ſehr erſchwerten, mußten dieſelben Wirkungen äu-
ßern, wenn er ſein früheres Eigenthum pachtete. Mit dem
großen Grundbeſitzer konnte nur der große Pächter konkurri-
ren. So dürfen wir annehmen, daß das Syſtem der eignen
Bewirthſchaftung das bei weitem vorherrſchende blieb, 375) we-
nigſtens ſo lange, als in den bisherigen Verhältniſſen nicht eine
Veränderung eintrat. Die Bildung des Colonats datirt aus
weit ſpäterer Zeit, das uralte Verhältniß der patronatiſchen
Landleihe an den Klienten (Bd. 1, S. 234) tritt in der gegen-
wärtigen Periode ſo wenig hervor, daß wir ihm eine erhebliche
Bedeutung für die vorliegende Frage nicht beilegen können.
Zu dem ſocialen Schaden, den wir bisher behandelt haben,
geſellte ſich noch ein anderer, nicht minder folgenreicher, der
gleichfalls mit eigenthümlich römiſchen Verhältniſſen zuſammen-
hing. Es war dies die außerordentliche Beſchränktheit des Sy-
ſtems der Erwerbsquellen, eine Erſcheinung, die hier nicht, wie
anderwärts, die natürliche Folge eines unentwickelten Verkehrs
und einer niedern Culturſtufe war, ſondern das Werk ſocialer
Vorurtheile. Für den Unbemittelten nämlich gab es in Rom
Jahrhunderte lang nur Ein anſtändiges Erwerbsmittel, den
Krieg. Der Römer faßte den Krieg als Erwerbsquelle auf, und
es begreift ſich von dieſem Geſichtspunkt aus, daß man in dem
Kriegsdienſt nicht eine Laſt, ſondern einen Vortheil erblickte, an
dem man die Unmündigen nicht participiren ließ. Das Heer
nahm die Vertheilung der Beute als Recht in Anſpruch, und
die Ueberweiſung derſelben an den Schatz erſchien demſelben als
ein Raub an ſeinen Rechten. 376) Hinſichtlich dieſer Erwerbs-
quelle beſtand eine ſcheinbare Gleichheit aller Stände, aber in
375) Die Römer waren der Verpachtung gar nicht geneigt. S. z. B.
Columella I, 7, der ſie nur ausnahmsweiſe und unter beſondern Voraus-
ſetzungen zulaſſen will.
376) Liv. II. 42 .. malignitate patrum, qui militem praeda frauda-
vere. Wie ergiebig dieſe Quelle mitunter war, geht aus Liv. XLII, 32:
quia locupletes videbant u. ſ. w. hervor.
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