Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts. beträchtlich geschmälert, sie gerieth nach und nach in Abnahmeund Vergessenheit, und die Uebertragung der legis actio sacra- mento auf die Prätoren und Centumvirn ließ sich ohne wesent- lichen Eingriff in ihre Rechte bewerkstelligen. In Folge dieser Umgestaltung des Prozesses, die wir nach 560) Liv. X, c. 6--9. 561) Selbst nicht zum Consulat. Liv. XXIII, 21 i. f., rücksichtlich des
Pont. Max. s. Liv. epit. 59. Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. beträchtlich geſchmälert, ſie gerieth nach und nach in Abnahmeund Vergeſſenheit, und die Uebertragung der legis actio sacra- mento auf die Prätoren und Centumvirn ließ ſich ohne weſent- lichen Eingriff in ihre Rechte bewerkſtelligen. In Folge dieſer Umgeſtaltung des Prozeſſes, die wir nach 560) Liv. X, c. 6—9. 561) Selbſt nicht zum Conſulat. Liv. XXIII, 21 i. f., rückſichtlich des
Pont. Max. ſ. Liv. epit. 59. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0138" n="432"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die juriſt. Technik. <hi rendition="#aq">B.</hi> Des ält. Rechts.</fw><lb/> beträchtlich geſchmälert, ſie gerieth nach und nach in Abnahme<lb/> und Vergeſſenheit, und die Uebertragung der <hi rendition="#aq">legis actio sacra-<lb/> mento</hi> auf die Prätoren und Centumvirn ließ ſich ohne weſent-<lb/> lichen Eingriff in ihre Rechte bewerkſtelligen.</p><lb/> <p>In Folge dieſer Umgeſtaltung des Prozeſſes, die wir nach<lb/> den obigen chronologiſchen Daten in die erſte Hälfte des fünf-<lb/> ten Jahrhunderts ſetzen dürfen, mußte nothwendigerweiſe auch<lb/> das bisherige Verhältniß in Betreff der Rechtskunde eine Aen-<lb/> derung erleiden, und es möge mir erlaubt ſein, auch hierüber<lb/> eine Vermuthung zu äußern. Wollte man nicht mit der ganzen<lb/> bisherigen Theorie und Praxis brechen — und wer möchte ſo<lb/> etwas für denkbar halten? — ſo mußte man ſich die Kenntniß<lb/> derſelben von den Pontifices zu verſchaffen ſuchen. Das ein-<lb/> fachſte und wirkſamſte Mittel dazu war Eintritt in das Colle-<lb/> gium, und ich glaube, daß dies bis auf Coruncanius der allei-<lb/> nige Weg war, den Jemand einſchlug, um Juriſt zu werden.<lb/> Das Collegium war, ſo zu ſagen, die Rechtsfacultät, bei der<lb/> der zukünftige Juriſt ſeine Schule durchmachte, die Juriſtenzunft,<lb/> in die er ſich aufnehmen ließ, ähnlich wie dies noch heutzutage<lb/> bei den Inns in England der Fall iſt. Wie aber bei letztern<lb/> urſprünglich nur die <hi rendition="#aq">filii nobilium</hi> Zutritt hatten, ſo bei den<lb/> Pontifices nur die Patricier, bis im Jahre 452, alſo drei Jahr<lb/> nach der Veröffentlichung der <hi rendition="#aq">legis actiones</hi> durch Flavius und<lb/> vielleicht unter dem Einfluß dieſes Ereigniſſes auch die Plebejer<lb/> mit Creirung von vier neuen Stellen Aufnahme erlangten. <note place="foot" n="560)"><hi rendition="#aq">Liv. X, c.</hi> 6—9.</note><lb/> Da die Eigenſchaft als Pontifex die Beförderung deſſelben zu<lb/> einem höhern Staatsamt <note place="foot" n="561)">Selbſt nicht zum Conſulat. <hi rendition="#aq">Liv. XXIII, 21 i. f.,</hi> rückſichtlich des<lb/><hi rendition="#aq">Pont. Max.</hi> ſ. <hi rendition="#aq">Liv. epit.</hi> 59.</note> nicht ausſchloß, ſo ſtand jedem<lb/> Pontifex die praktiſch-juriſtiſche Laufbahn offen, und ſo ward<lb/> z. B. gleich einer der vier erſten plebejiſchen Pontifices zum<lb/> Prätor erwählt.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [432/0138]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
beträchtlich geſchmälert, ſie gerieth nach und nach in Abnahme
und Vergeſſenheit, und die Uebertragung der legis actio sacra-
mento auf die Prätoren und Centumvirn ließ ſich ohne weſent-
lichen Eingriff in ihre Rechte bewerkſtelligen.
In Folge dieſer Umgeſtaltung des Prozeſſes, die wir nach
den obigen chronologiſchen Daten in die erſte Hälfte des fünf-
ten Jahrhunderts ſetzen dürfen, mußte nothwendigerweiſe auch
das bisherige Verhältniß in Betreff der Rechtskunde eine Aen-
derung erleiden, und es möge mir erlaubt ſein, auch hierüber
eine Vermuthung zu äußern. Wollte man nicht mit der ganzen
bisherigen Theorie und Praxis brechen — und wer möchte ſo
etwas für denkbar halten? — ſo mußte man ſich die Kenntniß
derſelben von den Pontifices zu verſchaffen ſuchen. Das ein-
fachſte und wirkſamſte Mittel dazu war Eintritt in das Colle-
gium, und ich glaube, daß dies bis auf Coruncanius der allei-
nige Weg war, den Jemand einſchlug, um Juriſt zu werden.
Das Collegium war, ſo zu ſagen, die Rechtsfacultät, bei der
der zukünftige Juriſt ſeine Schule durchmachte, die Juriſtenzunft,
in die er ſich aufnehmen ließ, ähnlich wie dies noch heutzutage
bei den Inns in England der Fall iſt. Wie aber bei letztern
urſprünglich nur die filii nobilium Zutritt hatten, ſo bei den
Pontifices nur die Patricier, bis im Jahre 452, alſo drei Jahr
nach der Veröffentlichung der legis actiones durch Flavius und
vielleicht unter dem Einfluß dieſes Ereigniſſes auch die Plebejer
mit Creirung von vier neuen Stellen Aufnahme erlangten. 560)
Da die Eigenſchaft als Pontifex die Beförderung deſſelben zu
einem höhern Staatsamt 561) nicht ausſchloß, ſo ſtand jedem
Pontifex die praktiſch-juriſtiſche Laufbahn offen, und ſo ward
z. B. gleich einer der vier erſten plebejiſchen Pontifices zum
Prätor erwählt.
560) Liv. X, c. 6—9.
561) Selbſt nicht zum Conſulat. Liv. XXIII, 21 i. f., rückſichtlich des
Pont. Max. ſ. Liv. epit. 59.
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