Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts. ven die Angabe, daß und unter welcher Bedingung er statuliber sei, daß das Pekulium mitgegeben oder vorbehalten werde, bei einem Thier das Alter, die Fehler oder deren Nicht- dasein u. s. w. Ist dies richtig, so konnte demnach durch die Mancipation nur der Mancipant, nie der Empfänger ver- pflichtet werden, und diesen Satz halte ich allerdings in seiner weitesten Ausdehnung für wahr. Die entgegengesetzte Behaup- tung von Huschke, der zufolge die Mancipation für den Käufer rücksichtlich des schuldigen Kaufpreises die Kraft eines Nexum gehabt hätte, hat, ganz abgesehen von ihrem Mangel an allem und jedem positiven Anhaltspunkt, die Analogie des ältern Rechts aufs entschiedenste gegen sich. Alle formellen Geschäfte des eigentlichen jus civile sind streng einseitig, es gibt keins, aus dem beide Contrahenten gegenseitig verpflichtet würden, und selbst der Kauf und die Miethe zerfielen, wie ich an an- derer Stelle nachzuweisen hoffe, früher in zwei einseitige Ge- schäfte (Stipulationen): emtio und venditio, locatio und con- ductio. Kurz der Grundsatz der Einseitigkeit ist eins der Fun- damentalprincipien des ältern Rechts. Wie bei der Stipula- tion, so hat auch bei der Mancipation der, dessen Interesse das Geschäft bezweckt, die getroffenen Verabredungen (die lex con- tractus) zu publiciren. Daß der Mancipant wie bei der Sti- pulation auf die Rede des Andern habe antworten müssen, wird mit Ausnahme des Testaments nirgends erwähnt, und bei der gewöhnlichen Mancipation werden wir es schwerlich annehmen dürfen. Bei der Stipulation lag die Nothwendig- keit der Antwort in der Frage selbst ausgedrückt, bei der Mancipation hingegen lautete die Formel assertorisch, ähnlich wie bei der in jure cessio, und daß es bei letzterer keiner Ant- wort bedurfte, ist ausdrücklich bezeugt. 730) Woher die Ab- 730) Gaj. II, 24 quo negante aut tacente. Schon diese Verschieden-
heit in der Fassung der Formeln hätte, ganz abgesehen von andern Gründen, die Idee ausschließen sollen, als ob die Stipulation aus der Nuncupation der Mancipation entstanden sei. Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. ven die Angabe, daß und unter welcher Bedingung er statuliber ſei, daß das Pekulium mitgegeben oder vorbehalten werde, bei einem Thier das Alter, die Fehler oder deren Nicht- daſein u. ſ. w. Iſt dies richtig, ſo konnte demnach durch die Mancipation nur der Mancipant, nie der Empfänger ver- pflichtet werden, und dieſen Satz halte ich allerdings in ſeiner weiteſten Ausdehnung für wahr. Die entgegengeſetzte Behaup- tung von Huſchke, der zufolge die Mancipation für den Käufer rückſichtlich des ſchuldigen Kaufpreiſes die Kraft eines Nexum gehabt hätte, hat, ganz abgeſehen von ihrem Mangel an allem und jedem poſitiven Anhaltspunkt, die Analogie des ältern Rechts aufs entſchiedenſte gegen ſich. Alle formellen Geſchäfte des eigentlichen jus civile ſind ſtreng einſeitig, es gibt keins, aus dem beide Contrahenten gegenſeitig verpflichtet würden, und ſelbſt der Kauf und die Miethe zerfielen, wie ich an an- derer Stelle nachzuweiſen hoffe, früher in zwei einſeitige Ge- ſchäfte (Stipulationen): emtio und venditio, locatio und con- ductio. Kurz der Grundſatz der Einſeitigkeit iſt eins der Fun- damentalprincipien des ältern Rechts. Wie bei der Stipula- tion, ſo hat auch bei der Mancipation der, deſſen Intereſſe das Geſchäft bezweckt, die getroffenen Verabredungen (die lex con- tractus) zu publiciren. Daß der Mancipant wie bei der Sti- pulation auf die Rede des Andern habe antworten müſſen, wird mit Ausnahme des Teſtaments nirgends erwähnt, und bei der gewöhnlichen Mancipation werden wir es ſchwerlich annehmen dürfen. Bei der Stipulation lag die Nothwendig- keit der Antwort in der Frage ſelbſt ausgedrückt, bei der Mancipation hingegen lautete die Formel aſſertoriſch, ähnlich wie bei der in jure cessio, und daß es bei letzterer keiner Ant- wort bedurfte, iſt ausdrücklich bezeugt. 730) Woher die Ab- 730) Gaj. II, 24 quo negante aut tacente. Schon dieſe Verſchieden-
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Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
ven die Angabe, daß und unter welcher Bedingung er statu
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werde, bei einem Thier das Alter, die Fehler oder deren Nicht-
daſein u. ſ. w. Iſt dies richtig, ſo konnte demnach durch die
Mancipation nur der Mancipant, nie der Empfänger ver-
pflichtet werden, und dieſen Satz halte ich allerdings in ſeiner
weiteſten Ausdehnung für wahr. Die entgegengeſetzte Behaup-
tung von Huſchke, der zufolge die Mancipation für den Käufer
rückſichtlich des ſchuldigen Kaufpreiſes die Kraft eines Nexum
gehabt hätte, hat, ganz abgeſehen von ihrem Mangel an allem
und jedem poſitiven Anhaltspunkt, die Analogie des ältern
Rechts aufs entſchiedenſte gegen ſich. Alle formellen Geſchäfte
des eigentlichen jus civile ſind ſtreng einſeitig, es gibt keins,
aus dem beide Contrahenten gegenſeitig verpflichtet würden,
und ſelbſt der Kauf und die Miethe zerfielen, wie ich an an-
derer Stelle nachzuweiſen hoffe, früher in zwei einſeitige Ge-
ſchäfte (Stipulationen): emtio und venditio, locatio und con-
ductio. Kurz der Grundſatz der Einſeitigkeit iſt eins der Fun-
damentalprincipien des ältern Rechts. Wie bei der Stipula-
tion, ſo hat auch bei der Mancipation der, deſſen Intereſſe das
Geſchäft bezweckt, die getroffenen Verabredungen (die lex con-
tractus) zu publiciren. Daß der Mancipant wie bei der Sti-
pulation auf die Rede des Andern habe antworten müſſen,
wird mit Ausnahme des Teſtaments nirgends erwähnt, und
bei der gewöhnlichen Mancipation werden wir es ſchwerlich
annehmen dürfen. Bei der Stipulation lag die Nothwendig-
keit der Antwort in der Frage ſelbſt ausgedrückt, bei der
Mancipation hingegen lautete die Formel aſſertoriſch, ähnlich
wie bei der in jure cessio, und daß es bei letzterer keiner Ant-
wort bedurfte, iſt ausdrücklich bezeugt. 730) Woher die Ab-
730) Gaj. II, 24 quo negante aut tacente. Schon dieſe Verſchieden-
heit in der Faſſung der Formeln hätte, ganz abgeſehen von andern Gründen,
die Idee ausſchließen ſollen, als ob die Stipulation aus der Nuncupation der
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