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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts.
schen Potenz d. h. als einer Macht, die durch das bloße Aus-
sprechen, Verkündigen
des Entschlusses ihre schöpferische
Kraft bethätigt, ist der natürlich sinnlichen Periode zu hoch, der
Zug des Materialistischen, der allen ihren Begriffen und An-
schauungen eigen ist (§. 43), verläugnet sich auch in ihrem Wil-
lensbegriff nicht. Die innere Beziehung, in die der Wille zu
einem Gegenstand treten will, muß die äußere, die recht-
liche
Ergreifung die physische zu ihrem Substrat haben, der
Wille muß, so zu sagen, substantiell in die Sache hinüberströ-
men, um sie mit seiner Macht und Kraft zu erfüllen. Das Or-
gan aber, in dem diese Macht und Kraft zur Verwendung nach
außen hin bereit liegt, ist die Hand. Denn die Hand ist der
eigentliche Sitz der activen physischen Kraft. So wird also die
Hand das Werkzeug, das Symbol und der Ausdruck
(Manus) der rechtlichen Herrschaft. 776)

Sie wird das Werkzeug. Wo die rechtliche Herrschaft
begründet werden soll, muß die Hand das Object derselben er-
greifen. So zunächst bei der Mancipation. Zur Zeit des Gajus
war dies bei unbeweglichen Sachen nicht mehr erforderlich, al-
lein die Art und Weise, wie er sich ausdrückt, läßt deutlich er-
kennen, daß er darin eine Abweichung von dem ursprünglichen
Wesen der Mancipation erblickt, die sich auf nichts anders stütze,
als daß es einmal so gehalten werde (solent mancipari). 777)

nicht auf diese Idee hin, daß das bloße Wort zu wenig substantiell sei, um
zu genügen? -- Beruhte auf dieser Vorstellung auch die Sitte (die Stellen bei
Briss. I, c. 49) die Geschenke an die Götter an die Pfosten der Tempel
aufzuhängen?
776) Die relativ niedere Natur der factischen Herrschaft des Besitzes
gegenüber der rechtlichen des Eigenthums drückt die Sprache dadurch aus,
daß sie jenes Verhältniß als bloßen Zustand des Seins auf und in der Sache
(Sitzen: Besitzen, sedere: possidere) erfaßt, es liegt darin die geringere
Anspannung der Kraft und des Willensvermögens deutlich ausgesprochen.
777) Gaj. I, 121 ... item animalia, quae mancipi sunt, nisi in
praesentia sint, mancipari non possunt, adeo quidem ut eum qui man-
cipio accipit, adprehendere id ipsum quod ei mancipio datur necesse

Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
ſchen Potenz d. h. als einer Macht, die durch das bloße Aus-
ſprechen, Verkündigen
des Entſchluſſes ihre ſchöpferiſche
Kraft bethätigt, iſt der natürlich ſinnlichen Periode zu hoch, der
Zug des Materialiſtiſchen, der allen ihren Begriffen und An-
ſchauungen eigen iſt (§. 43), verläugnet ſich auch in ihrem Wil-
lensbegriff nicht. Die innere Beziehung, in die der Wille zu
einem Gegenſtand treten will, muß die äußere, die recht-
liche
Ergreifung die phyſiſche zu ihrem Subſtrat haben, der
Wille muß, ſo zu ſagen, ſubſtantiell in die Sache hinüberſtrö-
men, um ſie mit ſeiner Macht und Kraft zu erfüllen. Das Or-
gan aber, in dem dieſe Macht und Kraft zur Verwendung nach
außen hin bereit liegt, iſt die Hand. Denn die Hand iſt der
eigentliche Sitz der activen phyſiſchen Kraft. So wird alſo die
Hand das Werkzeug, das Symbol und der Ausdruck
(Manus) der rechtlichen Herrſchaft. 776)

Sie wird das Werkzeug. Wo die rechtliche Herrſchaft
begründet werden ſoll, muß die Hand das Object derſelben er-
greifen. So zunächſt bei der Mancipation. Zur Zeit des Gajus
war dies bei unbeweglichen Sachen nicht mehr erforderlich, al-
lein die Art und Weiſe, wie er ſich ausdrückt, läßt deutlich er-
kennen, daß er darin eine Abweichung von dem urſprünglichen
Weſen der Mancipation erblickt, die ſich auf nichts anders ſtütze,
als daß es einmal ſo gehalten werde (solent mancipari). 777)

nicht auf dieſe Idee hin, daß das bloße Wort zu wenig ſubſtantiell ſei, um
zu genügen? — Beruhte auf dieſer Vorſtellung auch die Sitte (die Stellen bei
Briss. I, c. 49) die Geſchenke an die Götter an die Pfoſten der Tempel
aufzuhängen?
776) Die relativ niedere Natur der factiſchen Herrſchaft des Beſitzes
gegenüber der rechtlichen des Eigenthums drückt die Sprache dadurch aus,
daß ſie jenes Verhältniß als bloßen Zuſtand des Seins auf und in der Sache
(Sitzen: Beſitzen, sedere: possidere) erfaßt, es liegt darin die geringere
Anſpannung der Kraft und des Willensvermögens deutlich ausgeſprochen.
777) Gaj. I, 121 … item animalia, quae mancipi sunt, nisi in
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cipio accipit, adprehendere id ipsum quod ei mancipio datur necesse
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[598/0304] Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. ſchen Potenz d. h. als einer Macht, die durch das bloße Aus- ſprechen, Verkündigen des Entſchluſſes ihre ſchöpferiſche Kraft bethätigt, iſt der natürlich ſinnlichen Periode zu hoch, der Zug des Materialiſtiſchen, der allen ihren Begriffen und An- ſchauungen eigen iſt (§. 43), verläugnet ſich auch in ihrem Wil- lensbegriff nicht. Die innere Beziehung, in die der Wille zu einem Gegenſtand treten will, muß die äußere, die recht- liche Ergreifung die phyſiſche zu ihrem Subſtrat haben, der Wille muß, ſo zu ſagen, ſubſtantiell in die Sache hinüberſtrö- men, um ſie mit ſeiner Macht und Kraft zu erfüllen. Das Or- gan aber, in dem dieſe Macht und Kraft zur Verwendung nach außen hin bereit liegt, iſt die Hand. Denn die Hand iſt der eigentliche Sitz der activen phyſiſchen Kraft. So wird alſo die Hand das Werkzeug, das Symbol und der Ausdruck (Manus) der rechtlichen Herrſchaft. 776) Sie wird das Werkzeug. Wo die rechtliche Herrſchaft begründet werden ſoll, muß die Hand das Object derſelben er- greifen. So zunächſt bei der Mancipation. Zur Zeit des Gajus war dies bei unbeweglichen Sachen nicht mehr erforderlich, al- lein die Art und Weiſe, wie er ſich ausdrückt, läßt deutlich er- kennen, daß er darin eine Abweichung von dem urſprünglichen Weſen der Mancipation erblickt, die ſich auf nichts anders ſtütze, als daß es einmal ſo gehalten werde (solent mancipari). 777) 775) 776) Die relativ niedere Natur der factiſchen Herrſchaft des Beſitzes gegenüber der rechtlichen des Eigenthums drückt die Sprache dadurch aus, daß ſie jenes Verhältniß als bloßen Zuſtand des Seins auf und in der Sache (Sitzen: Beſitzen, sedere: possidere) erfaßt, es liegt darin die geringere Anſpannung der Kraft und des Willensvermögens deutlich ausgeſprochen. 777) Gaj. I, 121 … item animalia, quae mancipi sunt, nisi in praesentia sint, mancipari non possunt, adeo quidem ut eum qui man- cipio accipit, adprehendere id ipsum quod ei mancipio datur necesse 775) nicht auf dieſe Idee hin, daß das bloße Wort zu wenig ſubſtantiell ſei, um zu genügen? — Beruhte auf dieſer Vorſtellung auch die Sitte (die Stellen bei Briss. I, c. 49) die Geſchenke an die Götter an die Pfoſten der Tempel aufzuhängen?

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/304>, abgerufen am 21.11.2024.