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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts.

In allen Fällen kann der Imperativ entweder auf ein Thun
oder ein Sein gestellt werden: dato, facito, capito oder heres,
damnas, jus esto
. Es liegt auf der Hand, daß manche Dispo-
sitionen sowohl in der einen wie andern Form gefaßt werden
konnten, z. B. das Damnationslegat konnte lauten: damnas
esto dare
und dato, ohne daß dies einen Unterschied begrün-
dete. Ob die ältere Zeit hier nicht strenger verfuhr, ist eine
Frage, die ich nur aufwerfen, nicht beantworten kann.

2. Der Conjunctiv. Er schließt sich dem Imperativ am
nächsten an, denn er ist zunächst eine mildere Form des
Befehles
. In diesem Sinn gebraucht ihn zunächst der Se-
nat
. Seiner ursprünglichen Stellung nach kann der Senat
nicht befehlen, sondern nur begutachten, befürworten, an-
empfehlen, auffordern. Die entsprechende Form dafür war der
Infinitiv (s. 3) und der Conjunctiv; jener, wie es scheint, mehr
für die bloße Erklärung, dieser mehr für die Aufforde-
rung
. Der Senat behielt diese beiden Formen auch dann noch
bei, als er der Sache nach bereits eine gesetzgebende Gewalt
erlangt hatte.828) Ebenso gebraucht der Prätor in seinem
Edict den Conjunctiv. Alle Verfügungen des prätorischen
Edicts sind, insofern der Prätor nicht in erster Person im In-
dicativ spricht, (s. u.) im Conjunctiv gehalten. Denn der Prä-

belli gerendi ne esto, tradito, restituito; über die lex dedicationis Briss.
I, c. 194: legem dixit .. probe factum esto, jus fasque, eadem lex
esto,
über die Contractsformulare die Werke von Cato und Varro über den
Landbau. Ist es Zufall, daß Livius, der sich bei dem foedus des Impera-
tivs bedient (s. z. B. XXXVIII, 11 u. a. St. bei Briss.), die von dem
Feldherrn entworfenen Friedensbedingungen XXXIII, 30. XXXIV, 35 im
Conjunctiv faßt?
828) Beispiele. SC. de Bacchanal. (das älteste erhaltene): ne quis
adesse velit. SC. de curator. aquarum
(bei Frontin) uti darent, at-
tribuerent, uti liceret, ne cui liceret. SC. de aedificiis non diruendis:
ne quis domum dirueret; poenam inferri cogeretur, venditio irrita
fieret.
Ebenso in den Municipaldecreten (Beispiel bei Haubold. monum.
leg.
S. 232).
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.

In allen Fällen kann der Imperativ entweder auf ein Thun
oder ein Sein geſtellt werden: dato, facito, capito oder heres,
damnas, jus esto
. Es liegt auf der Hand, daß manche Dispo-
ſitionen ſowohl in der einen wie andern Form gefaßt werden
konnten, z. B. das Damnationslegat konnte lauten: damnas
esto dare
und dato, ohne daß dies einen Unterſchied begrün-
dete. Ob die ältere Zeit hier nicht ſtrenger verfuhr, iſt eine
Frage, die ich nur aufwerfen, nicht beantworten kann.

2. Der Conjunctiv. Er ſchließt ſich dem Imperativ am
nächſten an, denn er iſt zunächſt eine mildere Form des
Befehles
. In dieſem Sinn gebraucht ihn zunächſt der Se-
nat
. Seiner urſprünglichen Stellung nach kann der Senat
nicht befehlen, ſondern nur begutachten, befürworten, an-
empfehlen, auffordern. Die entſprechende Form dafür war der
Infinitiv (ſ. 3) und der Conjunctiv; jener, wie es ſcheint, mehr
für die bloße Erklärung, dieſer mehr für die Aufforde-
rung
. Der Senat behielt dieſe beiden Formen auch dann noch
bei, als er der Sache nach bereits eine geſetzgebende Gewalt
erlangt hatte.828) Ebenſo gebraucht der Prätor in ſeinem
Edict den Conjunctiv. Alle Verfügungen des prätoriſchen
Edicts ſind, inſofern der Prätor nicht in erſter Perſon im In-
dicativ ſpricht, (ſ. u.) im Conjunctiv gehalten. Denn der Prä-

belli gerendi ne esto, tradito, restituito; über die lex dedicationis Briss.
I, c. 194: legem dixit .. probe factum esto, jus fasque, eadem lex
esto,
über die Contractsformulare die Werke von Cato und Varro über den
Landbau. Iſt es Zufall, daß Livius, der ſich bei dem foedus des Impera-
tivs bedient (ſ. z. B. XXXVIII, 11 u. a. St. bei Briss.), die von dem
Feldherrn entworfenen Friedensbedingungen XXXIII, 30. XXXIV, 35 im
Conjunctiv faßt?
828) Beiſpiele. SC. de Bacchanal. (das älteſte erhaltene): ne quis
adesse velit. SC. de curator. aquarum
(bei Frontin) uti darent, at-
tribuerent, uti liceret, ne cui liceret. SC. de aedificiis non diruendis:
ne quis domum dirueret; poenam inferri cogeretur, venditio irrita
fieret.
Ebenſo in den Municipaldecreten (Beiſpiel bei Haubold. monum.
leg.
S. 232).
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[630/0336] Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. In allen Fällen kann der Imperativ entweder auf ein Thun oder ein Sein geſtellt werden: dato, facito, capito oder heres, damnas, jus esto. Es liegt auf der Hand, daß manche Dispo- ſitionen ſowohl in der einen wie andern Form gefaßt werden konnten, z. B. das Damnationslegat konnte lauten: damnas esto dare und dato, ohne daß dies einen Unterſchied begrün- dete. Ob die ältere Zeit hier nicht ſtrenger verfuhr, iſt eine Frage, die ich nur aufwerfen, nicht beantworten kann. 2. Der Conjunctiv. Er ſchließt ſich dem Imperativ am nächſten an, denn er iſt zunächſt eine mildere Form des Befehles. In dieſem Sinn gebraucht ihn zunächſt der Se- nat. Seiner urſprünglichen Stellung nach kann der Senat nicht befehlen, ſondern nur begutachten, befürworten, an- empfehlen, auffordern. Die entſprechende Form dafür war der Infinitiv (ſ. 3) und der Conjunctiv; jener, wie es ſcheint, mehr für die bloße Erklärung, dieſer mehr für die Aufforde- rung. Der Senat behielt dieſe beiden Formen auch dann noch bei, als er der Sache nach bereits eine geſetzgebende Gewalt erlangt hatte. 828) Ebenſo gebraucht der Prätor in ſeinem Edict den Conjunctiv. Alle Verfügungen des prätoriſchen Edicts ſind, inſofern der Prätor nicht in erſter Perſon im In- dicativ ſpricht, (ſ. u.) im Conjunctiv gehalten. Denn der Prä- 827) 828) Beiſpiele. SC. de Bacchanal. (das älteſte erhaltene): ne quis adesse velit. SC. de curator. aquarum (bei Frontin) uti darent, at- tribuerent, uti liceret, ne cui liceret. SC. de aedificiis non diruendis: ne quis domum dirueret; poenam inferri cogeretur, venditio irrita fieret. Ebenſo in den Municipaldecreten (Beiſpiel bei Haubold. monum. leg. S. 232). 827) belli gerendi ne esto, tradito, restituito; über die lex dedicationis Briss. I, c. 194: legem dixit .. probe factum esto, jus fasque, eadem lex esto, über die Contractsformulare die Werke von Cato und Varro über den Landbau. Iſt es Zufall, daß Livius, der ſich bei dem foedus des Impera- tivs bedient (ſ. z. B. XXXVIII, 11 u. a. St. bei Briss.), die von dem Feldherrn entworfenen Friedensbedingungen XXXIII, 30. XXXIV, 35 im Conjunctiv faßt?

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/336>, abgerufen am 21.11.2024.