Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47. manum injicio, silentium est, dixere (S. 591 Note 751).Besonders instructiv ist in dieser Beziehung die Formel der Mancipation. Die Behauptung des Empfängers, daß er die Sache gekauft habe, lautet kategorisch und objectiv: est emtus; dagegen die damit verbundene, daß er jetzt Eigenthümer sei: ajo, rem meam esse, ähnlich wie die Formel im Vindications- proceß. Beides gleich logisch gedacht. Denn die Thatsache des Kaufes wird durch jene Erklärung objectiv hergestellt und constatirt, nicht aber die des Eigenthumserwerbes, denn sie ist von dem Eigenthum in der Person des Gebers abhängig, der Erwerber kann rücksichtlich ihrer mithin nur seine subjec- tive Ueberzeugung äußern. Das Futurum in erster Person ist die Ausdrucksform der 836) Das Präsens kommt fast nur in der im Edict aufgestellten For-
mel der Interdicte vor: vim fieri veto. Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47. manum injicio, silentium est, dixere (S. 591 Note 751).Beſonders inſtructiv iſt in dieſer Beziehung die Formel der Mancipation. Die Behauptung des Empfängers, daß er die Sache gekauft habe, lautet kategoriſch und objectiv: est emtus; dagegen die damit verbundene, daß er jetzt Eigenthümer ſei: ajo, rem meam esse, ähnlich wie die Formel im Vindications- proceß. Beides gleich logiſch gedacht. Denn die Thatſache des Kaufes wird durch jene Erklärung objectiv hergeſtellt und conſtatirt, nicht aber die des Eigenthumserwerbes, denn ſie iſt von dem Eigenthum in der Perſon des Gebers abhängig, der Erwerber kann rückſichtlich ihrer mithin nur ſeine ſubjec- tive Ueberzeugung äußern. Das Futurum in erſter Perſon iſt die Ausdrucksform der 836) Das Präſens kommt faſt nur in der im Edict aufgeſtellten For-
mel der Interdicte vor: vim fieri veto. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <div n="9"> <p><pb facs="#f0339" n="633"/><fw place="top" type="header">Haften an der Aeußerlichkeit. <hi rendition="#aq">III.</hi> Der Formalismus. §. 47.</fw><lb/><hi rendition="#aq">manum injicio, silentium est, dixere</hi> (S. 591 Note 751).<lb/> Beſonders inſtructiv iſt in dieſer Beziehung die Formel der<lb/> Mancipation. Die Behauptung des Empfängers, daß er die<lb/> Sache gekauft habe, lautet kategoriſch und objectiv: <hi rendition="#aq">est emtus;</hi><lb/> dagegen die damit verbundene, daß er jetzt Eigenthümer ſei:<lb/><hi rendition="#aq">ajo, rem meam esse,</hi> ähnlich wie die Formel im Vindications-<lb/> proceß. Beides gleich logiſch gedacht. Denn die Thatſache<lb/> des Kaufes wird durch jene Erklärung <hi rendition="#g">objectiv</hi> hergeſtellt<lb/> und conſtatirt, nicht aber die des Eigenthumserwerbes, denn<lb/> ſie iſt von dem Eigenthum in der Perſon des Gebers abhängig,<lb/> der Erwerber kann rückſichtlich ihrer mithin nur ſeine <hi rendition="#g">ſubjec-<lb/> tive</hi> Ueberzeugung äußern.</p><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Futurum</hi> in erſter Perſon iſt die Ausdrucksform der<lb/><hi rendition="#g">Abſicht</hi>, und namentlich auch die des <hi rendition="#g">Verſprechens</hi>. Seine<lb/> wichtigſte und intereſſanteſte Anwendung findet es im prätori-<lb/> ſchen Edicte; es iſt, ſo zu ſagen, das Monogramm des Prä-<lb/> tors. Als Beiſpiel nenne ich: <hi rendition="#aq">actionem, judicium, in inte-<lb/> grum restitutionem, interdictum, bonorum possessionem dabo,<lb/> non dabo, jubebo, pacta conventa servabo, ratum habebo,<lb/> animadvertam, vetabo, cogam, permittam.</hi><note place="foot" n="836)">Das <hi rendition="#g">Präſens</hi> kommt faſt nur in der im Edict aufgeſtellten For-<lb/> mel der <hi rendition="#g">Interdicte</hi> vor: <hi rendition="#aq">vim fieri veto.</hi></note> Es kann nicht<lb/> Zufall ſein, daß der Prätor durchgehends in <hi rendition="#g">erſter</hi> Perſon<lb/> ſpricht. Warum nicht ein einziges Mal das Futurum in <hi rendition="#g">drit-<lb/> ter</hi> Perſon, z. B. <hi rendition="#aq">actio dabitur, pacta conventa servabuntur,<lb/> ratum erit</hi> u. ſ. w.? Warum ferner ſtets das Futurum, war-<lb/> um nicht, wie anderwärts, die Wendung: <hi rendition="#aq">ratum est?</hi> Läge<lb/> hier nicht eine Abſicht zu Grunde, es müßte wenigſtens hier und<lb/> da ſich auch einmal eine andere Form eingeſchlichen haben. Die<lb/> Abſicht iſt nicht ſchwer zu errathen. Der Prätor hatte keine<lb/> legislative Gewalt, er konnte alſo z. B. nicht ſagen: Die<lb/> Pacta <hi rendition="#g">ſollen</hi> gültig ſein oder <hi rendition="#g">ſind</hi> gültig. Was er ver-<lb/> mochte, war bloß zu verſprechen: <hi rendition="#g">er</hi> werde ſie ſchützen, auf-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [633/0339]
Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47.
manum injicio, silentium est, dixere (S. 591 Note 751).
Beſonders inſtructiv iſt in dieſer Beziehung die Formel der
Mancipation. Die Behauptung des Empfängers, daß er die
Sache gekauft habe, lautet kategoriſch und objectiv: est emtus;
dagegen die damit verbundene, daß er jetzt Eigenthümer ſei:
ajo, rem meam esse, ähnlich wie die Formel im Vindications-
proceß. Beides gleich logiſch gedacht. Denn die Thatſache
des Kaufes wird durch jene Erklärung objectiv hergeſtellt
und conſtatirt, nicht aber die des Eigenthumserwerbes, denn
ſie iſt von dem Eigenthum in der Perſon des Gebers abhängig,
der Erwerber kann rückſichtlich ihrer mithin nur ſeine ſubjec-
tive Ueberzeugung äußern.
Das Futurum in erſter Perſon iſt die Ausdrucksform der
Abſicht, und namentlich auch die des Verſprechens. Seine
wichtigſte und intereſſanteſte Anwendung findet es im prätori-
ſchen Edicte; es iſt, ſo zu ſagen, das Monogramm des Prä-
tors. Als Beiſpiel nenne ich: actionem, judicium, in inte-
grum restitutionem, interdictum, bonorum possessionem dabo,
non dabo, jubebo, pacta conventa servabo, ratum habebo,
animadvertam, vetabo, cogam, permittam. 836) Es kann nicht
Zufall ſein, daß der Prätor durchgehends in erſter Perſon
ſpricht. Warum nicht ein einziges Mal das Futurum in drit-
ter Perſon, z. B. actio dabitur, pacta conventa servabuntur,
ratum erit u. ſ. w.? Warum ferner ſtets das Futurum, war-
um nicht, wie anderwärts, die Wendung: ratum est? Läge
hier nicht eine Abſicht zu Grunde, es müßte wenigſtens hier und
da ſich auch einmal eine andere Form eingeſchlichen haben. Die
Abſicht iſt nicht ſchwer zu errathen. Der Prätor hatte keine
legislative Gewalt, er konnte alſo z. B. nicht ſagen: Die
Pacta ſollen gültig ſein oder ſind gültig. Was er ver-
mochte, war bloß zu verſprechen: er werde ſie ſchützen, auf-
836) Das Präſens kommt faſt nur in der im Edict aufgeſtellten For-
mel der Interdicte vor: vim fieri veto.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |