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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts.
einen Theils genügt, wie bei der Mancipation und der gericht-
lichen Abtretung, der andere aber sich auf eine passive Assistenz
beschränken kann, bedarf es aus diesem Grunde der Frage nicht.
Anders aber, wenn der Akt eine Erklärung des zu Verpflichten-
den erfordert, und zwar eine solche, die ihm von dem Andern
nicht anbefohlen werden kann. Hier hat letzterer die Er-
klärung zu formuliren und ihm vorzulegen841) und zwar in
Form der Frage, weil diese Form, indem sie die Möglichkeit
der Bejahung oder Verneinung offen läßt, implicite die Freiheit
des andern Theils anerkennt, während der Befehl seiner Idee
nach diese Freiheit ausschließt, mithin nur da am Platz ist, wo
der Andere ihn befolgen muß.

Die Anwendbarkeit der Frage war begreiflicherweise auf
diese beiden Fälle nicht beschränkt. Es hat aber kein Interesse,
die sämmtlichen oder auch nur die Hauptfälle aufzuführen.
Dagegen will ich die Bemerkung nicht unterdrücken, daß mir,
so weit ich dieselben habe vergleichen können, überall ein Ge-
sichtspunkt durchzugehen scheint, es ist nämlich der: daß, wer
von dem Andern etwas erreichen will, mittelst der Frage die
Initiative ergreift, sei das zu Erreichende eine bloße Meldung,
Aussage, wie bei der Frage des Magistrats an den Augur
(Note 75) oder eine Autorisation, wie bei der des Fetialen
an den König842) oder, wie in den eben angegebenen Fällen,
eine Verpflichtung des andern Theils.

Die Form der Bitte, welche namentlich in den Fideicom-
missen eine rechtshistorische Bedeutung gewinnt, gehört mit
letzteren selbst dem spätern Recht an; in der ältern Zeit war sie
die entsprechende Ausdrucksform für rechtlich nicht verbindliche
Auflagen.

841) Damit hängt die Interpretationsregel in L. 39 de pact. (2. 14)
und L. 38 §. 18 de V. O. (45. 1) zusammen.
842) Liv. I, 24. Jubesne me, Rex, ... foedus ferire .... facisne
me tu regium nuntium
u. s. w.?

Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
einen Theils genügt, wie bei der Mancipation und der gericht-
lichen Abtretung, der andere aber ſich auf eine paſſive Aſſiſtenz
beſchränken kann, bedarf es aus dieſem Grunde der Frage nicht.
Anders aber, wenn der Akt eine Erklärung des zu Verpflichten-
den erfordert, und zwar eine ſolche, die ihm von dem Andern
nicht anbefohlen werden kann. Hier hat letzterer die Er-
klärung zu formuliren und ihm vorzulegen841) und zwar in
Form der Frage, weil dieſe Form, indem ſie die Möglichkeit
der Bejahung oder Verneinung offen läßt, implicite die Freiheit
des andern Theils anerkennt, während der Befehl ſeiner Idee
nach dieſe Freiheit ausſchließt, mithin nur da am Platz iſt, wo
der Andere ihn befolgen muß.

Die Anwendbarkeit der Frage war begreiflicherweiſe auf
dieſe beiden Fälle nicht beſchränkt. Es hat aber kein Intereſſe,
die ſämmtlichen oder auch nur die Hauptfälle aufzuführen.
Dagegen will ich die Bemerkung nicht unterdrücken, daß mir,
ſo weit ich dieſelben habe vergleichen können, überall ein Ge-
ſichtspunkt durchzugehen ſcheint, es iſt nämlich der: daß, wer
von dem Andern etwas erreichen will, mittelſt der Frage die
Initiative ergreift, ſei das zu Erreichende eine bloße Meldung,
Ausſage, wie bei der Frage des Magiſtrats an den Augur
(Note 75) oder eine Autoriſation, wie bei der des Fetialen
an den König842) oder, wie in den eben angegebenen Fällen,
eine Verpflichtung des andern Theils.

Die Form der Bitte, welche namentlich in den Fideicom-
miſſen eine rechtshiſtoriſche Bedeutung gewinnt, gehört mit
letzteren ſelbſt dem ſpätern Recht an; in der ältern Zeit war ſie
die entſprechende Ausdrucksform für rechtlich nicht verbindliche
Auflagen.

841) Damit hängt die Interpretationsregel in L. 39 de pact. (2. 14)
und L. 38 §. 18 de V. O. (45. 1) zuſammen.
842) Liv. I, 24. Jubesne me, Rex, … foedus ferire .... facisne
me tu regium nuntium
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[636/0342] Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. einen Theils genügt, wie bei der Mancipation und der gericht- lichen Abtretung, der andere aber ſich auf eine paſſive Aſſiſtenz beſchränken kann, bedarf es aus dieſem Grunde der Frage nicht. Anders aber, wenn der Akt eine Erklärung des zu Verpflichten- den erfordert, und zwar eine ſolche, die ihm von dem Andern nicht anbefohlen werden kann. Hier hat letzterer die Er- klärung zu formuliren und ihm vorzulegen 841) und zwar in Form der Frage, weil dieſe Form, indem ſie die Möglichkeit der Bejahung oder Verneinung offen läßt, implicite die Freiheit des andern Theils anerkennt, während der Befehl ſeiner Idee nach dieſe Freiheit ausſchließt, mithin nur da am Platz iſt, wo der Andere ihn befolgen muß. Die Anwendbarkeit der Frage war begreiflicherweiſe auf dieſe beiden Fälle nicht beſchränkt. Es hat aber kein Intereſſe, die ſämmtlichen oder auch nur die Hauptfälle aufzuführen. Dagegen will ich die Bemerkung nicht unterdrücken, daß mir, ſo weit ich dieſelben habe vergleichen können, überall ein Ge- ſichtspunkt durchzugehen ſcheint, es iſt nämlich der: daß, wer von dem Andern etwas erreichen will, mittelſt der Frage die Initiative ergreift, ſei das zu Erreichende eine bloße Meldung, Ausſage, wie bei der Frage des Magiſtrats an den Augur (Note 75) oder eine Autoriſation, wie bei der des Fetialen an den König 842) oder, wie in den eben angegebenen Fällen, eine Verpflichtung des andern Theils. Die Form der Bitte, welche namentlich in den Fideicom- miſſen eine rechtshiſtoriſche Bedeutung gewinnt, gehört mit letzteren ſelbſt dem ſpätern Recht an; in der ältern Zeit war ſie die entſprechende Ausdrucksform für rechtlich nicht verbindliche Auflagen. 841) Damit hängt die Interpretationsregel in L. 39 de pact. (2. 14) und L. 38 §. 18 de V. O. (45. 1) zuſammen. 842) Liv. I, 24. Jubesne me, Rex, … foedus ferire .... facisne me tu regium nuntium u. ſ. w.?

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 636. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/342>, abgerufen am 21.11.2024.