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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts.
aufgestellt worden ist, will ich nicht entscheiden,845) für unsern
Zweck genügt die bloße Thatsache einer solchen Ansicht.846)

Auch der Aberglaube hatte an der Ordnung, in der man
die verschiedenen Namen aufzählte, seinen Antheil. Auf Na-
men glücklicher Vorbedeutung legte man in Rom einen hohen
Werth; die Träger derselben waren bei Gelegenheiten, wo man
sich durch diese Rücksicht bei der Wahl leiten lassen konnte, ge-
suchte Artikel.847) Aus diesem Grunde rief man bei Enrolirung
der Mannschaft die Namen, die eine gute kriegerische Vorbedeu-
tung hatten, zuerst auf, nämlich die Valerii (d. i. die "Kräfti-
gen" von valere) und Statorii (die "Standhalter"), und waren
keine da, so wurden in ächt römischer Weise--welche fingirt.848)

Nach einem Bericht von Plinius war sogar in einem Fall
die Ordnung der Worte durch ein Gesetz ausdrücklich be-
stimmt.849) Der Magistrat hätte nämlich bei Verhängung einer
Brüche zuerst die Schaafe und dann die Rinder nennen müs-
sen, und darin will jener Schriftsteller einen Beweis von Milde
der ältern Gesetze finden. So lauten seine Worte, allein es ist
offenbar, daß dieselben entweder etwas anderes sagen sollen,
oder daß sie etwas Verkehrtes enthalten. Das Richtige schim-
mert deutlich durch. Jene Ordnung bezog sich auf die Steige-
rung der Brüche bei fortgesetzter Halsstarrigkeit. Der Magi-
strat sollte mit dem niedrigsten Satz: dem Schaaf beginnen und

845) Man hatte auch andere Deutungen allegorischer Art, die ebenfalls
bei der bekannten Weise der Römer große innere Wahrscheinlichkeit haben,
z. B. daß Janus als Pförtner den Bitten den Eingang öffnen solle. Die
sämmtlichen Belegstellen s. bei Briss. I, c. 75.
846) Ein anderes freilich problematisches Beispiel einer solchen histo-
rischen
Anordnung habe ich S. 570 gegeben.
847) So z. B. um das Opferthier zu führen. Plin. H. N. XXVIII, 5.
848) Schol. Bob. ad orat. pro Scauro §. 30 (Orelli II p. 374) necesse
enim erat, ut haec nomina prima essent in exercitu propter omen. Cic.
de nat. deor. II, 27. Cum in omnibus rebus maximam vim haberent
prima et extrema.
849) Plin. H. N. XVIII, 3.

Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
aufgeſtellt worden iſt, will ich nicht entſcheiden,845) für unſern
Zweck genügt die bloße Thatſache einer ſolchen Anſicht.846)

Auch der Aberglaube hatte an der Ordnung, in der man
die verſchiedenen Namen aufzählte, ſeinen Antheil. Auf Na-
men glücklicher Vorbedeutung legte man in Rom einen hohen
Werth; die Träger derſelben waren bei Gelegenheiten, wo man
ſich durch dieſe Rückſicht bei der Wahl leiten laſſen konnte, ge-
ſuchte Artikel.847) Aus dieſem Grunde rief man bei Enrolirung
der Mannſchaft die Namen, die eine gute kriegeriſche Vorbedeu-
tung hatten, zuerſt auf, nämlich die Valerii (d. i. die „Kräfti-
gen“ von valere) und Statorii (die „Standhalter“), und waren
keine da, ſo wurden in ächt römiſcher Weiſe—welche fingirt.848)

Nach einem Bericht von Plinius war ſogar in einem Fall
die Ordnung der Worte durch ein Geſetz ausdrücklich be-
ſtimmt.849) Der Magiſtrat hätte nämlich bei Verhängung einer
Brüche zuerſt die Schaafe und dann die Rinder nennen müſ-
ſen, und darin will jener Schriftſteller einen Beweis von Milde
der ältern Geſetze finden. So lauten ſeine Worte, allein es iſt
offenbar, daß dieſelben entweder etwas anderes ſagen ſollen,
oder daß ſie etwas Verkehrtes enthalten. Das Richtige ſchim-
mert deutlich durch. Jene Ordnung bezog ſich auf die Steige-
rung der Brüche bei fortgeſetzter Halsſtarrigkeit. Der Magi-
ſtrat ſollte mit dem niedrigſten Satz: dem Schaaf beginnen und

845) Man hatte auch andere Deutungen allegoriſcher Art, die ebenfalls
bei der bekannten Weiſe der Römer große innere Wahrſcheinlichkeit haben,
z. B. daß Janus als Pförtner den Bitten den Eingang öffnen ſolle. Die
ſämmtlichen Belegſtellen ſ. bei Briss. I, c. 75.
846) Ein anderes freilich problematiſches Beiſpiel einer ſolchen hiſto-
riſchen
Anordnung habe ich S. 570 gegeben.
847) So z. B. um das Opferthier zu führen. Plin. H. N. XXVIII, 5.
848) Schol. Bob. ad orat. pro Scauro §. 30 (Orelli II p. 374) necesse
enim erat, ut haec nomina prima essent in exercitu propter omen. Cic.
de nat. deor. II, 27. Cum in omnibus rebus maximam vim haberent
prima et extrema.
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[638/0344] Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. aufgeſtellt worden iſt, will ich nicht entſcheiden, 845) für unſern Zweck genügt die bloße Thatſache einer ſolchen Anſicht. 846) Auch der Aberglaube hatte an der Ordnung, in der man die verſchiedenen Namen aufzählte, ſeinen Antheil. Auf Na- men glücklicher Vorbedeutung legte man in Rom einen hohen Werth; die Träger derſelben waren bei Gelegenheiten, wo man ſich durch dieſe Rückſicht bei der Wahl leiten laſſen konnte, ge- ſuchte Artikel. 847) Aus dieſem Grunde rief man bei Enrolirung der Mannſchaft die Namen, die eine gute kriegeriſche Vorbedeu- tung hatten, zuerſt auf, nämlich die Valerii (d. i. die „Kräfti- gen“ von valere) und Statorii (die „Standhalter“), und waren keine da, ſo wurden in ächt römiſcher Weiſe—welche fingirt. 848) Nach einem Bericht von Plinius war ſogar in einem Fall die Ordnung der Worte durch ein Geſetz ausdrücklich be- ſtimmt. 849) Der Magiſtrat hätte nämlich bei Verhängung einer Brüche zuerſt die Schaafe und dann die Rinder nennen müſ- ſen, und darin will jener Schriftſteller einen Beweis von Milde der ältern Geſetze finden. So lauten ſeine Worte, allein es iſt offenbar, daß dieſelben entweder etwas anderes ſagen ſollen, oder daß ſie etwas Verkehrtes enthalten. Das Richtige ſchim- mert deutlich durch. Jene Ordnung bezog ſich auf die Steige- rung der Brüche bei fortgeſetzter Halsſtarrigkeit. Der Magi- ſtrat ſollte mit dem niedrigſten Satz: dem Schaaf beginnen und 845) Man hatte auch andere Deutungen allegoriſcher Art, die ebenfalls bei der bekannten Weiſe der Römer große innere Wahrſcheinlichkeit haben, z. B. daß Janus als Pförtner den Bitten den Eingang öffnen ſolle. Die ſämmtlichen Belegſtellen ſ. bei Briss. I, c. 75. 846) Ein anderes freilich problematiſches Beiſpiel einer ſolchen hiſto- riſchen Anordnung habe ich S. 570 gegeben. 847) So z. B. um das Opferthier zu führen. Plin. H. N. XXVIII, 5. 848) Schol. Bob. ad orat. pro Scauro §. 30 (Orelli II p. 374) necesse enim erat, ut haec nomina prima essent in exercitu propter omen. Cic. de nat. deor. II, 27. Cum in omnibus rebus maximam vim haberent prima et extrema. 849) Plin. H. N. XVIII, 3.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 638. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/344>, abgerufen am 21.11.2024.