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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47.
und denen der Formel. Jene lauteten (XII Tafeln): si qui in
jure manum conserunt
,
diese mit Beibehaltung dersel-
ben Reihenfolge der Worte: in jure manum 891) conser-
tum
te voco
. Als der Act ein außergerichtlicher ward, verän-
derte man das in jure in ex jure.

Ob nun diese außergerichtlichen Handlungen legis actiones
genannt sind, daran, gestehe ich gern, liegt mir nichts. Der
Sache nach waren sie es, d. h. auch sie waren rechtsverfol-
gende
Handlungen und gehorchten dem Gesetz der Correspondenz,
und für zwei: die pign. capio und manus injectio ist es außer
Zweifel. Da der Name sich, wie oben nachgewiesen, nicht auf die
fünf Grundformen beschränkte, sondern auch für die einzelnen
speciellen Klagen gebraucht ward, so glaube ich allerdings,
daß er eben so gut auf die einzelnen solennen Acte des alten
Verfahrens angewandt worden ist, mochten sie vor oder außer
Gericht vorgenommen werden. 892)

4. Historische und praktische Bedeutung des Legis-
actionen-Systems
.

Wir betrachten das Legisactionen-System jetzt von Seiten
seines Zusammenhanges mit dem römischen Leben und Recht,
also als einzelnes Stück eines höhern Ganzen. Wie fügte es
sich in denselben ein, wie wirkte es auf ihn zurück?

Ich beginne mit der praktischen Kritik desselben vom Stand-
punkt des römischen Lebens.

Ein Ansatz zu einer solchen Kritik findet sich schon bei Gajus
(S. 649); er möchte jedoch selbst wiederum der Kritik bedürfen.
Gajus zufolge soll das Grundgebrechen des alten Verfahrens
und die Ursache seines Unterganges in der übermäßigen Strenge
und Spitzfindigkeit bestanden haben, mit der das Wort in dem-
selben gehandhabt ward.

891) Man u consertum bei Cic. pro Mur. c 12 ist als Verstoß gegen
das Princip der legis actio falsch.
892) Varro de L. L. IV, 30 dürfte schwerlich ins Gewicht fallen.

Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47.
und denen der Formel. Jene lauteten (XII Tafeln): si qui in
jure manum conserunt
,
dieſe mit Beibehaltung derſel-
ben Reihenfolge der Worte: in jure manum 891) conser-
tum
te voco
. Als der Act ein außergerichtlicher ward, verän-
derte man das in jure in ex jure.

Ob nun dieſe außergerichtlichen Handlungen legis actiones
genannt ſind, daran, geſtehe ich gern, liegt mir nichts. Der
Sache nach waren ſie es, d. h. auch ſie waren rechtsverfol-
gende
Handlungen und gehorchten dem Geſetz der Correſpondenz,
und für zwei: die pign. capio und manus injectio iſt es außer
Zweifel. Da der Name ſich, wie oben nachgewieſen, nicht auf die
fünf Grundformen beſchränkte, ſondern auch für die einzelnen
ſpeciellen Klagen gebraucht ward, ſo glaube ich allerdings,
daß er eben ſo gut auf die einzelnen ſolennen Acte des alten
Verfahrens angewandt worden iſt, mochten ſie vor oder außer
Gericht vorgenommen werden. 892)

4. Hiſtoriſche und praktiſche Bedeutung des Legis-
actionen-Syſtems
.

Wir betrachten das Legisactionen-Syſtem jetzt von Seiten
ſeines Zuſammenhanges mit dem römiſchen Leben und Recht,
alſo als einzelnes Stück eines höhern Ganzen. Wie fügte es
ſich in denſelben ein, wie wirkte es auf ihn zurück?

Ich beginne mit der praktiſchen Kritik deſſelben vom Stand-
punkt des römiſchen Lebens.

Ein Anſatz zu einer ſolchen Kritik findet ſich ſchon bei Gajus
(S. 649); er möchte jedoch ſelbſt wiederum der Kritik bedürfen.
Gajus zufolge ſoll das Grundgebrechen des alten Verfahrens
und die Urſache ſeines Unterganges in der übermäßigen Strenge
und Spitzfindigkeit beſtanden haben, mit der das Wort in dem-
ſelben gehandhabt ward.

891) Man u consertum bei Cic. pro Mur. c 12 iſt als Verſtoß gegen
das Princip der legis actio falſch.
892) Varro de L. L. IV, 30 dürfte ſchwerlich ins Gewicht fallen.
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[661/0367] Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47. und denen der Formel. Jene lauteten (XII Tafeln): si qui in jure manum conserunt, dieſe mit Beibehaltung derſel- ben Reihenfolge der Worte: in jure manum 891) conser- tum te voco. Als der Act ein außergerichtlicher ward, verän- derte man das in jure in ex jure. Ob nun dieſe außergerichtlichen Handlungen legis actiones genannt ſind, daran, geſtehe ich gern, liegt mir nichts. Der Sache nach waren ſie es, d. h. auch ſie waren rechtsverfol- gende Handlungen und gehorchten dem Geſetz der Correſpondenz, und für zwei: die pign. capio und manus injectio iſt es außer Zweifel. Da der Name ſich, wie oben nachgewieſen, nicht auf die fünf Grundformen beſchränkte, ſondern auch für die einzelnen ſpeciellen Klagen gebraucht ward, ſo glaube ich allerdings, daß er eben ſo gut auf die einzelnen ſolennen Acte des alten Verfahrens angewandt worden iſt, mochten ſie vor oder außer Gericht vorgenommen werden. 892) 4. Hiſtoriſche und praktiſche Bedeutung des Legis- actionen-Syſtems. Wir betrachten das Legisactionen-Syſtem jetzt von Seiten ſeines Zuſammenhanges mit dem römiſchen Leben und Recht, alſo als einzelnes Stück eines höhern Ganzen. Wie fügte es ſich in denſelben ein, wie wirkte es auf ihn zurück? Ich beginne mit der praktiſchen Kritik deſſelben vom Stand- punkt des römiſchen Lebens. Ein Anſatz zu einer ſolchen Kritik findet ſich ſchon bei Gajus (S. 649); er möchte jedoch ſelbſt wiederum der Kritik bedürfen. Gajus zufolge ſoll das Grundgebrechen des alten Verfahrens und die Urſache ſeines Unterganges in der übermäßigen Strenge und Spitzfindigkeit beſtanden haben, mit der das Wort in dem- ſelben gehandhabt ward. 891) Man u consertum bei Cic. pro Mur. c 12 iſt als Verſtoß gegen das Princip der legis actio falſch. 892) Varro de L. L. IV, 30 dürfte ſchwerlich ins Gewicht fallen.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/367>, abgerufen am 24.11.2024.