Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47. Die Klage gehört dem Gesetz. Für fast alle Klagen, Ging nun zwar alle selbständige Bewegung und Bildung 900) S. das Verzeichniß der leges in der Lachmann'schen Ausgabe p. 428. Natürlich sind nur die Gesetze aus der Zeit der Legisactionen gemeint. 901) Des Gesetzes ohne Nennung des Namens: Gaj. IV, 11, 13, 21, 22, 23, 24, 26, 28; mit Nennung: die XII Tafeln IV, 11, 14, 21, 28, lex Pinaria 15, Silia, Calpurnia 19, Publilia, Furia de sponsu 22, Furia testamentaria, Marcia 23, 24, Aebutia und zwei leges Juliae 30, zwei leges, deren Name in der Handschrift nicht erkennbar (praediatoria?) 25, 28. Daß Gajus noch manche übergangen, ist nicht zu bezweifeln, z. B. die lex Ho- stilia, pr. I. de iis, per quos (4. 10) u. a. 902) Gaj. IV, 26, 27. 903) Die pign. capio war bereits in den XII Tafeln anerkannt, jene
Ausdehnung fällt aber mindestens 50 Jahr später, da sie die Einführung des Soldes (S. 262 Note 395) zu ihrer Voraussetzung hatte. Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47. Die Klage gehört dem Geſetz. Für faſt alle Klagen, Ging nun zwar alle ſelbſtändige Bewegung und Bildung 900) S. das Verzeichniß der leges in der Lachmann’ſchen Ausgabe p. 428. Natürlich ſind nur die Geſetze aus der Zeit der Legisactionen gemeint. 901) Des Geſetzes ohne Nennung des Namens: Gaj. IV, 11, 13, 21, 22, 23, 24, 26, 28; mit Nennung: die XII Tafeln IV, 11, 14, 21, 28, lex Pinaria 15, Silia, Calpurnia 19, Publilia, Furia de sponsu 22, Furia testamentaria, Marcia 23, 24, Aebutia und zwei leges Juliae 30, zwei leges, deren Name in der Handſchrift nicht erkennbar (praediatoria?) 25, 28. Daß Gajus noch manche übergangen, iſt nicht zu bezweifeln, z. B. die lex Ho- stilia, pr. I. de iis, per quos (4. 10) u. a. 902) Gaj. IV, 26, 27. 903) Die pign. capio war bereits in den XII Tafeln anerkannt, jene
Ausdehnung fällt aber mindeſtens 50 Jahr ſpäter, da ſie die Einführung des Soldes (S. 262 Note 395) zu ihrer Vorausſetzung hatte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <div n="9"> <pb facs="#f0375" n="669"/> <fw place="top" type="header">Haften an der Aeußerlichkeit. <hi rendition="#aq">III.</hi> Der Formalismus. §. 47.</fw><lb/> <p><hi rendition="#g">Die Klage gehört dem Geſetz</hi>. Für faſt alle Klagen,<lb/> die dem ältern Recht entſtammen, läßt ſich dieſe Quelle nachwei-<lb/> ſen. So ſparſam die Geſetze auf der ſo eben betrachteten Seite<lb/> des Rechts ſind, ſo zahlreich ſind diejenigen, welche das Klag-<lb/> recht und die Form des Verfahrens zum Gegenſtand haben. In<lb/> den wenigen Paragraphen des Gajus über die Legisactionen<lb/> ſind ihrer mehr genannt, als in ſeinen ſämmtlichen vier Büchern<lb/> zuſammengenommen,<note place="foot" n="900)">S. das Verzeichniß der <hi rendition="#aq">leges</hi> in der Lachmann’ſchen Ausgabe<lb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 428. Natürlich ſind nur die Geſetze aus der Zeit der Legisactionen gemeint.</note> und es möchte in der ganzen römiſchen<lb/> juriſtiſchen Literatur kein zweites Stück gefunden werden, das<lb/> auf ſo kleinem Raum ſo oft des Geſetzes gedenkt. <note place="foot" n="901)">Des Geſetzes ohne Nennung des Namens: <hi rendition="#aq">Gaj. IV, 11, 13, 21,<lb/> 22, 23, 24, 26, 28;</hi> mit Nennung: die <hi rendition="#aq">XII</hi> Tafeln <hi rendition="#aq">IV, 11, 14, 21, 28, lex<lb/> Pinaria 15, Silia, Calpurnia 19, Publilia, Furia de sponsu 22, Furia<lb/> testamentaria, Marcia 23, 24, Aebutia</hi> und zwei <hi rendition="#aq">leges Juliae 30,</hi> zwei<lb/><hi rendition="#aq">leges,</hi> deren Name in der Handſchrift nicht erkennbar <hi rendition="#aq">(praediatoria?) 25, 28</hi>.<lb/> Daß Gajus noch manche übergangen, iſt nicht zu bezweifeln, z. B. die <hi rendition="#aq">lex Ho-<lb/> stilia, pr. I. de iis, per quos (4. 10)</hi> u. a.</note> Nur ein<lb/> einziges Mal wird das Gewohnheitsrecht erwähnt, nämlich bei<lb/> Gelegenheit der gewiſſer Anſprüche wegen den Soldaten ge-<lb/> wohnheitsrechtlich zuſtehenden <hi rendition="#aq">pignoris capio</hi>. <note place="foot" n="902)"><hi rendition="#aq">Gaj. IV, 26, 27</hi>.</note> Die darin<lb/> gelegene Abweichung von unſerm obigen Grundſatz möchte ſich<lb/> verringern, wenn man bedenkt, daß es ſich hier nicht um eine<lb/> eigentliche <hi rendition="#g">Klage</hi> handelt, ſondern um die Ausdehnung einer<lb/><hi rendition="#g">außergerichtlichen</hi> <hi rendition="#aq">legis actio</hi> und zwar nicht um die Ein-<lb/> führung einer neuen, ſondern die bloße <hi rendition="#g">Ausdehnung</hi> einer<lb/> bereits vorhandenen. <note place="foot" n="903)">Die <hi rendition="#aq">pign. capio</hi> war bereits in den <hi rendition="#aq">XII</hi> Tafeln anerkannt, jene<lb/> Ausdehnung fällt aber mindeſtens 50 Jahr ſpäter, da ſie die Einführung des<lb/> Soldes (S. 262 Note 395) zu ihrer Vorausſetzung hatte.</note> Von einer durch das Gewohnheits-<lb/> recht oder die Jurisprudenz erfolgten Ausdehnung einer <hi rendition="#g">Klage</hi><lb/> (<hi rendition="#aq">actio utilis</hi>) oder der <hi rendition="#g">Einführung</hi> einer neuen außergericht-<lb/> lichen <hi rendition="#aq">legis actio</hi> iſt kein Beiſpiel bekannt.</p><lb/> <p>Ging nun zwar alle <hi rendition="#g">ſelbſtändige</hi> Bewegung und Bildung<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [669/0375]
Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47.
Die Klage gehört dem Geſetz. Für faſt alle Klagen,
die dem ältern Recht entſtammen, läßt ſich dieſe Quelle nachwei-
ſen. So ſparſam die Geſetze auf der ſo eben betrachteten Seite
des Rechts ſind, ſo zahlreich ſind diejenigen, welche das Klag-
recht und die Form des Verfahrens zum Gegenſtand haben. In
den wenigen Paragraphen des Gajus über die Legisactionen
ſind ihrer mehr genannt, als in ſeinen ſämmtlichen vier Büchern
zuſammengenommen, 900) und es möchte in der ganzen römiſchen
juriſtiſchen Literatur kein zweites Stück gefunden werden, das
auf ſo kleinem Raum ſo oft des Geſetzes gedenkt. 901) Nur ein
einziges Mal wird das Gewohnheitsrecht erwähnt, nämlich bei
Gelegenheit der gewiſſer Anſprüche wegen den Soldaten ge-
wohnheitsrechtlich zuſtehenden pignoris capio. 902) Die darin
gelegene Abweichung von unſerm obigen Grundſatz möchte ſich
verringern, wenn man bedenkt, daß es ſich hier nicht um eine
eigentliche Klage handelt, ſondern um die Ausdehnung einer
außergerichtlichen legis actio und zwar nicht um die Ein-
führung einer neuen, ſondern die bloße Ausdehnung einer
bereits vorhandenen. 903) Von einer durch das Gewohnheits-
recht oder die Jurisprudenz erfolgten Ausdehnung einer Klage
(actio utilis) oder der Einführung einer neuen außergericht-
lichen legis actio iſt kein Beiſpiel bekannt.
Ging nun zwar alle ſelbſtändige Bewegung und Bildung
900) S. das Verzeichniß der leges in der Lachmann’ſchen Ausgabe
p. 428. Natürlich ſind nur die Geſetze aus der Zeit der Legisactionen gemeint.
901) Des Geſetzes ohne Nennung des Namens: Gaj. IV, 11, 13, 21,
22, 23, 24, 26, 28; mit Nennung: die XII Tafeln IV, 11, 14, 21, 28, lex
Pinaria 15, Silia, Calpurnia 19, Publilia, Furia de sponsu 22, Furia
testamentaria, Marcia 23, 24, Aebutia und zwei leges Juliae 30, zwei
leges, deren Name in der Handſchrift nicht erkennbar (praediatoria?) 25, 28.
Daß Gajus noch manche übergangen, iſt nicht zu bezweifeln, z. B. die lex Ho-
stilia, pr. I. de iis, per quos (4. 10) u. a.
902) Gaj. IV, 26, 27.
903) Die pign. capio war bereits in den XII Tafeln anerkannt, jene
Ausdehnung fällt aber mindeſtens 50 Jahr ſpäter, da ſie die Einführung des
Soldes (S. 262 Note 395) zu ihrer Vorausſetzung hatte.
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