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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.

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Bestreitung der Bedürfnisse auf einfachem Wege. §. 56.
Personen erwerben, dem Gewaltinhaber zufällt. Vor allem
waren es die Sklaven, deren man sich zu dem Ende in ausge-
dehntester Weise bediente, und dieser ihr juristischer Beruf gehört
wesentlich mit zur vollständigen Charakteristik der Stellung, die
sie im Leben einnahmen. In welchem Maße die Römer sich
daran gewöhnt hatten, in ihnen bloße Instrumente zum Abschluß
von Rechtsgeschäften zu erblicken, geht schlagend daraus hervor,
daß die Juristen dem Tutor, in einem Fall, wo die gänzliche
Unreife des Mündels die Möglichkeit einer Stipulation und
damit die der Bestellung der cautio rem pupilli salvam fore an
ihn selber ausschloß, daß sie also dem Tutor hier anriethen,
demselben einen Sklaven zu kaufen, der für seinen Herrn das
Geschäft vornehme. 326)

Diese Form litt jedoch an einem Mangel, sie erstreckte sich
nicht auf die processualische Stellvertretung. Diesem Mangel
half die zweite Form ab, ohne jedoch auf diesen Zweck beschränkt
zu sein. Sie bestand darin, daß der Beauftragte das Geschäft
in eignem Namen abschloß und hinterher die Wirkungen des-
selben auf den Mandanten übertrug. Wo die Vornahme des
gewünschten Aktes an Voraussetzungen geknüpft war, die sich
nur in der Person des Mandanten, nicht in seiner eignen vor-
fanden, mußten dieselben erst auf ihn übertragen werden, so
z. B. das Eigenthum des Grundstücks, dem er eine Servitut
erwerben oder an dem er sie bestellen sollte. 327) Dieser Weg

326) War dies der mangelnden Mittel wegen nicht möglich, so ward
wiederum der servus publicus oder auch die Obrigkeit herangezogen. L. 2--4
Rem pup. (46. 6) L. 1 §. 15 de mag. conv
. (27. 8).
327) L. 4 §. 3 de alien. jud. (4. 7) .. dominio in eos (procuratores)
plerumque ex justa causa translato
(im Sinn der im justinianischen Recht
ausschließlich geltenden Traditionstheorie interpolirt). Zu einem solchen
Hin- und Herübertragen des Grundstücks bot gerade die Servitutentheorie
mehrfache Veranlassung, so z. B. im Fall der L. 15 §. 7 de usufr. (7. 1)
(darüber Jahrbücher für Dogmatik u. s. w. I. S. 34) und in dem der Vat.
fr
. §. 51. Auch für die Freilassung eines Sklaven konnte ein solcher Umweg

Beſtreitung der Bedürfniſſe auf einfachem Wege. §. 56.
Perſonen erwerben, dem Gewaltinhaber zufällt. Vor allem
waren es die Sklaven, deren man ſich zu dem Ende in ausge-
dehnteſter Weiſe bediente, und dieſer ihr juriſtiſcher Beruf gehört
weſentlich mit zur vollſtändigen Charakteriſtik der Stellung, die
ſie im Leben einnahmen. In welchem Maße die Römer ſich
daran gewöhnt hatten, in ihnen bloße Inſtrumente zum Abſchluß
von Rechtsgeſchäften zu erblicken, geht ſchlagend daraus hervor,
daß die Juriſten dem Tutor, in einem Fall, wo die gänzliche
Unreife des Mündels die Möglichkeit einer Stipulation und
damit die der Beſtellung der cautio rem pupilli salvam fore an
ihn ſelber ausſchloß, daß ſie alſo dem Tutor hier anriethen,
demſelben einen Sklaven zu kaufen, der für ſeinen Herrn das
Geſchäft vornehme. 326)

Dieſe Form litt jedoch an einem Mangel, ſie erſtreckte ſich
nicht auf die proceſſualiſche Stellvertretung. Dieſem Mangel
half die zweite Form ab, ohne jedoch auf dieſen Zweck beſchränkt
zu ſein. Sie beſtand darin, daß der Beauftragte das Geſchäft
in eignem Namen abſchloß und hinterher die Wirkungen des-
ſelben auf den Mandanten übertrug. Wo die Vornahme des
gewünſchten Aktes an Vorausſetzungen geknüpft war, die ſich
nur in der Perſon des Mandanten, nicht in ſeiner eignen vor-
fanden, mußten dieſelben erſt auf ihn übertragen werden, ſo
z. B. das Eigenthum des Grundſtücks, dem er eine Servitut
erwerben oder an dem er ſie beſtellen ſollte. 327) Dieſer Weg

326) War dies der mangelnden Mittel wegen nicht möglich, ſo ward
wiederum der servus publicus oder auch die Obrigkeit herangezogen. L. 2—4
Rem pup. (46. 6) L. 1 §. 15 de mag. conv
. (27. 8).
327) L. 4 §. 3 de alien. jud. (4. 7) .. dominio in eos (procuratores)
plerumque ex justa causa translato
(im Sinn der im juſtinianiſchen Recht
ausſchließlich geltenden Traditionstheorie interpolirt). Zu einem ſolchen
Hin- und Herübertragen des Grundſtücks bot gerade die Servitutentheorie
mehrfache Veranlaſſung, ſo z. B. im Fall der L. 15 §. 7 de usufr. (7. 1)
(darüber Jahrbücher für Dogmatik u. ſ. w. I. S. 34) und in dem der Vat.
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. §. 51. Auch für die Freilaſſung eines Sklaven konnte ein ſolcher Umweg
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[239/0255] Beſtreitung der Bedürfniſſe auf einfachem Wege. §. 56. Perſonen erwerben, dem Gewaltinhaber zufällt. Vor allem waren es die Sklaven, deren man ſich zu dem Ende in ausge- dehnteſter Weiſe bediente, und dieſer ihr juriſtiſcher Beruf gehört weſentlich mit zur vollſtändigen Charakteriſtik der Stellung, die ſie im Leben einnahmen. In welchem Maße die Römer ſich daran gewöhnt hatten, in ihnen bloße Inſtrumente zum Abſchluß von Rechtsgeſchäften zu erblicken, geht ſchlagend daraus hervor, daß die Juriſten dem Tutor, in einem Fall, wo die gänzliche Unreife des Mündels die Möglichkeit einer Stipulation und damit die der Beſtellung der cautio rem pupilli salvam fore an ihn ſelber ausſchloß, daß ſie alſo dem Tutor hier anriethen, demſelben einen Sklaven zu kaufen, der für ſeinen Herrn das Geſchäft vornehme. 326) Dieſe Form litt jedoch an einem Mangel, ſie erſtreckte ſich nicht auf die proceſſualiſche Stellvertretung. Dieſem Mangel half die zweite Form ab, ohne jedoch auf dieſen Zweck beſchränkt zu ſein. Sie beſtand darin, daß der Beauftragte das Geſchäft in eignem Namen abſchloß und hinterher die Wirkungen des- ſelben auf den Mandanten übertrug. Wo die Vornahme des gewünſchten Aktes an Vorausſetzungen geknüpft war, die ſich nur in der Perſon des Mandanten, nicht in ſeiner eignen vor- fanden, mußten dieſelben erſt auf ihn übertragen werden, ſo z. B. das Eigenthum des Grundſtücks, dem er eine Servitut erwerben oder an dem er ſie beſtellen ſollte. 327) Dieſer Weg 326) War dies der mangelnden Mittel wegen nicht möglich, ſo ward wiederum der servus publicus oder auch die Obrigkeit herangezogen. L. 2—4 Rem pup. (46. 6) L. 1 §. 15 de mag. conv. (27. 8). 327) L. 4 §. 3 de alien. jud. (4. 7) .. dominio in eos (procuratores) plerumque ex justa causa translato (im Sinn der im juſtinianiſchen Recht ausſchließlich geltenden Traditionstheorie interpolirt). Zu einem ſolchen Hin- und Herübertragen des Grundſtücks bot gerade die Servitutentheorie mehrfache Veranlaſſung, ſo z. B. im Fall der L. 15 §. 7 de usufr. (7. 1) (darüber Jahrbücher für Dogmatik u. ſ. w. I. S. 34) und in dem der Vat. fr. §. 51. Auch für die Freilaſſung eines Sklaven konnte ein ſolcher Umweg

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht03_1865/255>, abgerufen am 21.11.2024.