Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.Zweites Buch. Erster Abschn. III. B. Die juristische Oekonomie. geschiedenen Frau nicht schonte, 348) Greise und Greisinnen indie Ehe trieb 349) und das Leben manches wider Willen erzeugten Kindes 350) und manchen Ehebruch 351) auf dem Gewissen haben mag, näher zu kennzeichnen, aber die römische Natur hätte sich völlig verläugnen müssen, wenn sie nicht bei einem so empfind- lichen Eingriff allen Scharfsinn aufgeboten hätte, um dem Gesetz zu entgehen. Kaum war es erlassen, als Augustus, der Urheber desselben, bereits Veranlassung hatte, einige der eingeschlagenen Schleichwege zu verbieten. 352) Ehescheidungen und Scheinehen waren die reiche Frucht der von ihm gesäeten Saat, 353) und die Künste, die man in den Testamenten aufbot, waren unerschöpf- lich; selbst die Juristen nahmen keinen Anstand, die Caducitäts- bestimmungen so viel wie möglich zu vereiteln. 354) Den Haupttummelplatz für die auf die Umgehung der Ge- Das ältere Erbrecht seit Einführung des Mancipations- 348) Ulp. XIV. 349) Ulp. XVI. 1, durch das SC. Persicianum und Claudianum aller- dings modificirt, §. 3, 4 daselbst. 350) arg. Ulp. XV. 2 XVI Ia .. si tres (liberos) post nominum diem amiserint. 351) Oder ein ähnliches Vergehen der Frau bald nach dem Tode des Mannes, arg. si post mortem viri intra decem menses uxor ex eo peperit, Ulp. I. c. 352) Sueton. Aug. c. 34: Cumque etiam immaturitate sponsarum et matrimoniorum crebra mutatione vim legis eludi sentiret etc. 353) L. 30 de R. N. (23. 2) Gajus ad legem Juliam et Papiam: simulatae nuptiae nullius momenti sunt. 354) L. un. pr. Cod. de cad. toll. (6. 51) .. (legis Papiae) in-
vidiosum vigorem, qui et ipsis prudentissimis viris displicuit, multas in- venientibus vias, per quas caducum non fieret. Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. B. Die juriſtiſche Oekonomie. geſchiedenen Frau nicht ſchonte, 348) Greiſe und Greiſinnen indie Ehe trieb 349) und das Leben manches wider Willen erzeugten Kindes 350) und manchen Ehebruch 351) auf dem Gewiſſen haben mag, näher zu kennzeichnen, aber die römiſche Natur hätte ſich völlig verläugnen müſſen, wenn ſie nicht bei einem ſo empfind- lichen Eingriff allen Scharfſinn aufgeboten hätte, um dem Geſetz zu entgehen. Kaum war es erlaſſen, als Auguſtus, der Urheber deſſelben, bereits Veranlaſſung hatte, einige der eingeſchlagenen Schleichwege zu verbieten. 352) Eheſcheidungen und Scheinehen waren die reiche Frucht der von ihm geſäeten Saat, 353) und die Künſte, die man in den Teſtamenten aufbot, waren unerſchöpf- lich; ſelbſt die Juriſten nahmen keinen Anſtand, die Caducitäts- beſtimmungen ſo viel wie möglich zu vereiteln. 354) Den Haupttummelplatz für die auf die Umgehung der Ge- Das ältere Erbrecht ſeit Einführung des Mancipations- 348) Ulp. XIV. 349) Ulp. XVI. 1, durch das SC. Persicianum und Claudianum aller- dings modificirt, §. 3, 4 daſelbſt. 350) arg. Ulp. XV. 2 XVI Ia .. si tres (liberos) post nominum diem amiserint. 351) Oder ein ähnliches Vergehen der Frau bald nach dem Tode des Mannes, arg. si post mortem viri intra decem menses uxor ex eo peperit, Ulp. I. c. 352) Sueton. Aug. c. 34: Cumque etiam immaturitate sponsarum et matrimoniorum crebra mutatione vim legis eludi sentiret etc. 353) L. 30 de R. N. (23. 2) Gajus ad legem Juliam et Papiam: simulatae nuptiae nullius momenti sunt. 354) L. un. pr. Cod. de cad. toll. (6. 51) .. (legis Papiae) in-
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Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. B. Die juriſtiſche Oekonomie.
geſchiedenen Frau nicht ſchonte, 348) Greiſe und Greiſinnen in
die Ehe trieb 349) und das Leben manches wider Willen erzeugten
Kindes 350) und manchen Ehebruch 351) auf dem Gewiſſen haben
mag, näher zu kennzeichnen, aber die römiſche Natur hätte ſich
völlig verläugnen müſſen, wenn ſie nicht bei einem ſo empfind-
lichen Eingriff allen Scharfſinn aufgeboten hätte, um dem Geſetz
zu entgehen. Kaum war es erlaſſen, als Auguſtus, der Urheber
deſſelben, bereits Veranlaſſung hatte, einige der eingeſchlagenen
Schleichwege zu verbieten. 352) Eheſcheidungen und Scheinehen
waren die reiche Frucht der von ihm geſäeten Saat, 353) und die
Künſte, die man in den Teſtamenten aufbot, waren unerſchöpf-
lich; ſelbſt die Juriſten nahmen keinen Anſtand, die Caducitäts-
beſtimmungen ſo viel wie möglich zu vereiteln. 354)
Den Haupttummelplatz für die auf die Umgehung der Ge-
ſetze gerichteten Beſtrebungen bildeten, wenn ich von den Ver-
hältniſſen des öffentlichen Rechts abſehe, die Beſchränkungen der
Zinſen, der letztwilligen Verfügungen und der Freilaſſung der
Sklaven. Es wird genügen, wenn ich das zweitgenannte Bei-
ſpiel etwas genauer behandle.
Das ältere Erbrecht ſeit Einführung des Mancipations-
teſtaments kannte für die letztwilligen Verfügungen keine weitere
348) Ulp. XIV.
349) Ulp. XVI. 1, durch das SC. Persicianum und Claudianum aller-
dings modificirt, §. 3, 4 daſelbſt.
350) arg. Ulp. XV. 2 XVI Ia .. si tres (liberos) post nominum
diem amiserint.
351) Oder ein ähnliches Vergehen der Frau bald nach dem Tode des
Mannes, arg. si post mortem viri intra decem menses uxor ex eo
peperit, Ulp. I. c.
352) Sueton. Aug. c. 34: Cumque etiam immaturitate sponsarum et
matrimoniorum crebra mutatione vim legis eludi sentiret etc.
353) L. 30 de R. N. (23. 2) Gajus ad legem Juliam et Papiam:
simulatae nuptiae nullius momenti sunt.
354) L. un. pr. Cod. de cad. toll. (6. 51) .. (legis Papiae) in-
vidiosum vigorem, qui et ipsis prudentissimis viris displicuit, multas in-
venientibus vias, per quas caducum non fieret.
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