Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.Die Schleichwege des Lebens. §. 57. teres zu gewinnen, ließ man sich einem römischen Bürger alsSklaven verkaufen und sodann durch ihn freilassen, 372) ein Schleichweg, der zu einer gewissen Zeit eher eine Heerstraße zu nennen war, auf der Tausende von Latinern in's römische Bür- gerrecht drangen. (Note 343.) Den zweiten der obigen Kunstgriffe, mit dem ersten theil- Die Mittel, deren sich die Gesetzgebung diesen Schleich- 1. in dem Verbot der Umgehung, sei es im voraus und in 2. in der Abnahme eines auf die ernstliche Absicht ge- 372) Petron. Sat. 57: ipse me dedi in servitutem et malui civis Romanus esse, quam tributarius. 373) L. 64 de don. i. V. (24. 1). 374) z. B. lex Furia Caninia Gaj. I. 46. 375) z. B. bei dem oben genannten Gesetz, Gaj. ibid. 376) So bei der Ehe (Note 344), bei der Freilassung des Sklaven im Fall der Note 343, und der Arrogation (Note 344). 17*
Die Schleichwege des Lebens. §. 57. teres zu gewinnen, ließ man ſich einem römiſchen Bürger alsSklaven verkaufen und ſodann durch ihn freilaſſen, 372) ein Schleichweg, der zu einer gewiſſen Zeit eher eine Heerſtraße zu nennen war, auf der Tauſende von Latinern in’s römiſche Bür- gerrecht drangen. (Note 343.) Den zweiten der obigen Kunſtgriffe, mit dem erſten theil- Die Mittel, deren ſich die Geſetzgebung dieſen Schleich- 1. in dem Verbot der Umgehung, ſei es im voraus und in 2. in der Abnahme eines auf die ernſtliche Abſicht ge- 372) Petron. Sat. 57: ipse me dedi in servitutem et malui civis Romanus esse, quam tributarius. 373) L. 64 de don. i. V. (24. 1). 374) z. B. lex Furia Caninia Gaj. I. 46. 375) z. B. bei dem oben genannten Geſetz, Gaj. ibid. 376) So bei der Ehe (Note 344), bei der Freilaſſung des Sklaven im Fall der Note 343, und der Arrogation (Note 344). 17*
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Die Schleichwege des Lebens. §. 57.
teres zu gewinnen, ließ man ſich einem römiſchen Bürger als
Sklaven verkaufen und ſodann durch ihn freilaſſen, 372) ein
Schleichweg, der zu einer gewiſſen Zeit eher eine Heerſtraße zu
nennen war, auf der Tauſende von Latinern in’s römiſche Bür-
gerrecht drangen. (Note 343.)
Den zweiten der obigen Kunſtgriffe, mit dem erſten theil-
weiſe, doch nicht durchweg zuſammenfallend, bildet das ſimulirte
Geſchäft, bei dem die handelnden Partheien darüber einig ſind,
daß der Akt, den ſie äußerlich vornehmen, keine ernſtliche Be-
deutung für ſie haben ſoll. Um dem Verbot der Schenkung
unter Ehegatten zu entgehen, führen die Ehegatten eine Schei-
dung auf, 373) der, wenn die Schenkung vollzogen, nach einiger
Zeit wiederum die Verſöhnung folgt, oder kleiden die Schenkung
in die Form eines Kaufcontractes. Manche dieſer ſimulirten Ge-
ſchäfte erlangten gewohnheitsrechtliche Gültigkeit und gingen da-
mit in die Kategorie derjenigen Rechtsformen über, die wir im fol-
genden Paragraphen betrachten wollen: der Scheingeſchäfte.
Die Mittel, deren ſich die Geſetzgebung dieſen Schleich-
wegen gegenüber bediente, waren nach den Umſtänden verſchie-
den. Sie beſtanden:
1. in dem Verbot der Umgehung, ſei es im voraus und in
allgemeiner Faſſung, wie es manchen Geſetzen der ſpätern Zeit
ausdrücklich hinzugefügt ward, 374) ſei es mittelſt ſpecieller Ab-
ſchneidung beſtimmter einzelner Auswege, — eine Maßregel, die
ſelbſt ſolchen Geſetzen, welche mit jener Clauſel verſehen waren,
hinterher noch folgte. 375)
2. in der Abnahme eines auf die ernſtliche Abſicht ge-
richteten Eides Seitens der Obrigkeit. 376)
372) Petron. Sat. 57: ipse me dedi in servitutem et malui civis
Romanus esse, quam tributarius.
373) L. 64 de don. i. V. (24. 1).
374) z. B. lex Furia Caninia Gaj. I. 46.
375) z. B. bei dem oben genannten Geſetz, Gaj. ibid.
376) So bei der Ehe (Note 344), bei der Freilaſſung des Sklaven im
Fall der Note 343, und der Arrogation (Note 344).
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