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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.

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II. Formales Moment des Rechts. Res extra commercium. §. 61.
Mindesten nicht dem Dienst des Menschen, -- welche Sachen die-
nen ihm z. B. mehr, als gerade die res publicae? -- sondern er
beschränkt diesen Dienst lediglich auf eine der oben S. 323 aufge-
führten Genußformen, nämlich auf die der Bestimmung der Sache
entsprechende reale Benutzung derselben mit Ausschließung jeder
andern Genußform, namentlich auch der idealen mittelst Verkau-
fens oder Vermiethens, kurz auf das "uti". 471) Ganz dieselbe
Beschränkung wiederholt sich auch bei den Prädialservituten und
der persönlichen Servitut des Usus. So wenig wie bei ihnen, so
wenig schließt diese Beschränkung bei den res sacrae, religiosae
und publicae die Annahme eines Rechts an der Sache aus. Bei
den beiden erstgenannten Arten von Sachen kömmt dasselbe dem
Eigenthum ziemlich nahe, wie dies die römischen Juristen selber
ausdrücklich bemerken. 472) Es ist ein exklusives Recht wie die-
ses und ist eben so vollständig geschützt, nur daß die Form der
Klagen eine andere ist. 473) Das Recht an den res religiosae
konnte sogar übertragen werden, nur nicht für Geld (S. 325),
es entstand durch longi temporis praescriptio, 474) kurz es
fehlte ihm nichts zum Recht an der Sache. 475) Ihm diese

471) Im neuesten Recht ist bei den res sacrae unter gewissen Beschrän-
kungen der Verkauf zugelassen L. 21 Cod. de sacr. (1. 2) Nov. 120 c. 10.
472) L. 2 §. 2 de int. (43. 1) .. veluti proprietatis causam conti-
nent.
Im Codex wird das Verhältniß an den res sacrae geradezu als "pro-
prietas"
bezeichnet, s. z. B. L. 3 Cod. ne rei dom. (7. 38), demgemäß die
Klage auch als vindicatio s. die Ueberschrift dieses Titels und L. 21 Cod.
de sacr. eccl. (1. 2);
von dem Grabmal gebrauchten schon römische Juristen
den Ausdruck dominus, L. 6 de sep. viol. (47. 12). L. 15 §. 5 Quod vi
(43. 24).
473) Nicht die reivindic. L. 4 Cod. de relig. (3. 44), sondern Inter-
dicte (Note 472) und actiones in factum. Für die spätere Zeit hatte dieser
formelle Gegensatz seine Bedeutung verloren, hier konnte man daher die Klage
geradezu als vindicatio bezeichnen.
474) Nach L. 6 Cod. de rel. (3. 44), nicht nach L. 4 de mort. inf.
(11. 8).
475) Darum sprechen denn auch die Quellen nicht bloß von einem jus
prohibendi
des Berechtigten L. 8 §. 4 de relig. (11. 7), sondern ge-

II. Formales Moment des Rechts. Res extra commercium. §. 61.
Mindeſten nicht dem Dienſt des Menſchen, — welche Sachen die-
nen ihm z. B. mehr, als gerade die res publicae? — ſondern er
beſchränkt dieſen Dienſt lediglich auf eine der oben S. 323 aufge-
führten Genußformen, nämlich auf die der Beſtimmung der Sache
entſprechende reale Benutzung derſelben mit Ausſchließung jeder
andern Genußform, namentlich auch der idealen mittelſt Verkau-
fens oder Vermiethens, kurz auf das „uti“. 471) Ganz dieſelbe
Beſchränkung wiederholt ſich auch bei den Prädialſervituten und
der perſönlichen Servitut des Uſus. So wenig wie bei ihnen, ſo
wenig ſchließt dieſe Beſchränkung bei den res sacrae, religiosae
und publicae die Annahme eines Rechts an der Sache aus. Bei
den beiden erſtgenannten Arten von Sachen kömmt daſſelbe dem
Eigenthum ziemlich nahe, wie dies die römiſchen Juriſten ſelber
ausdrücklich bemerken. 472) Es iſt ein exkluſives Recht wie die-
ſes und iſt eben ſo vollſtändig geſchützt, nur daß die Form der
Klagen eine andere iſt. 473) Das Recht an den res religiosae
konnte ſogar übertragen werden, nur nicht für Geld (S. 325),
es entſtand durch longi temporis praescriptio, 474) kurz es
fehlte ihm nichts zum Recht an der Sache. 475) Ihm dieſe

471) Im neueſten Recht iſt bei den res sacrae unter gewiſſen Beſchrän-
kungen der Verkauf zugelaſſen L. 21 Cod. de sacr. (1. 2) Nov. 120 c. 10.
472) L. 2 §. 2 de int. (43. 1) .. veluti proprietatis causam conti-
nent.
Im Codex wird das Verhältniß an den res sacrae geradezu als „pro-
prietas“
bezeichnet, ſ. z. B. L. 3 Cod. ne rei dom. (7. 38), demgemäß die
Klage auch als vindicatio ſ. die Ueberſchrift dieſes Titels und L. 21 Cod.
de sacr. eccl. (1. 2);
von dem Grabmal gebrauchten ſchon römiſche Juriſten
den Ausdruck dominus, L. 6 de sep. viol. (47. 12). L. 15 §. 5 Quod vi
(43. 24).
473) Nicht die reivindic. L. 4 Cod. de relig. (3. 44), ſondern Inter-
dicte (Note 472) und actiones in factum. Für die ſpätere Zeit hatte dieſer
formelle Gegenſatz ſeine Bedeutung verloren, hier konnte man daher die Klage
geradezu als vindicatio bezeichnen.
474) Nach L. 6 Cod. de rel. (3. 44), nicht nach L. 4 de mort. inf.
(11. 8).
475) Darum ſprechen denn auch die Quellen nicht bloß von einem jus
prohibendi
des Berechtigten L. 8 §. 4 de relig. (11. 7), ſondern ge-
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[335/0351] II. Formales Moment des Rechts. Res extra commercium. §. 61. Mindeſten nicht dem Dienſt des Menſchen, — welche Sachen die- nen ihm z. B. mehr, als gerade die res publicae? — ſondern er beſchränkt dieſen Dienſt lediglich auf eine der oben S. 323 aufge- führten Genußformen, nämlich auf die der Beſtimmung der Sache entſprechende reale Benutzung derſelben mit Ausſchließung jeder andern Genußform, namentlich auch der idealen mittelſt Verkau- fens oder Vermiethens, kurz auf das „uti“. 471) Ganz dieſelbe Beſchränkung wiederholt ſich auch bei den Prädialſervituten und der perſönlichen Servitut des Uſus. So wenig wie bei ihnen, ſo wenig ſchließt dieſe Beſchränkung bei den res sacrae, religiosae und publicae die Annahme eines Rechts an der Sache aus. Bei den beiden erſtgenannten Arten von Sachen kömmt daſſelbe dem Eigenthum ziemlich nahe, wie dies die römiſchen Juriſten ſelber ausdrücklich bemerken. 472) Es iſt ein exkluſives Recht wie die- ſes und iſt eben ſo vollſtändig geſchützt, nur daß die Form der Klagen eine andere iſt. 473) Das Recht an den res religiosae konnte ſogar übertragen werden, nur nicht für Geld (S. 325), es entſtand durch longi temporis praescriptio, 474) kurz es fehlte ihm nichts zum Recht an der Sache. 475) Ihm dieſe 471) Im neueſten Recht iſt bei den res sacrae unter gewiſſen Beſchrän- kungen der Verkauf zugelaſſen L. 21 Cod. de sacr. (1. 2) Nov. 120 c. 10. 472) L. 2 §. 2 de int. (43. 1) .. veluti proprietatis causam conti- nent. Im Codex wird das Verhältniß an den res sacrae geradezu als „pro- prietas“ bezeichnet, ſ. z. B. L. 3 Cod. ne rei dom. (7. 38), demgemäß die Klage auch als vindicatio ſ. die Ueberſchrift dieſes Titels und L. 21 Cod. de sacr. eccl. (1. 2); von dem Grabmal gebrauchten ſchon römiſche Juriſten den Ausdruck dominus, L. 6 de sep. viol. (47. 12). L. 15 §. 5 Quod vi (43. 24). 473) Nicht die reivindic. L. 4 Cod. de relig. (3. 44), ſondern Inter- dicte (Note 472) und actiones in factum. Für die ſpätere Zeit hatte dieſer formelle Gegenſatz ſeine Bedeutung verloren, hier konnte man daher die Klage geradezu als vindicatio bezeichnen. 474) Nach L. 6 Cod. de rel. (3. 44), nicht nach L. 4 de mort. inf. (11. 8). 475) Darum ſprechen denn auch die Quellen nicht bloß von einem jus prohibendi des Berechtigten L. 8 §. 4 de relig. (11. 7), ſondern ge-

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht03_1865/351>, abgerufen am 22.11.2024.