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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835.

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mir leid um dich, mein Bruder Jonathan! Wollte Gott, ich
wäre für dich gestorben!" Und der Text zur Leichenrede war:
"Ei du frommer und getreuer Knecht! du bist über Weniges
getreu gewesen, ich will dich über Viel setzen; gehe ein zu
deines Herrn Freude!"

Sollte einer meiner Leser nach Florenburg kommen, gegen
die Kirchthür über, da, wo der Kirchhof am höchsten ist, da
schläft Vater Stilling auf dem Hügel. Sein Grab bedeckt
kein prächtiger Leichstein; aber oft fliegen im Frühling ein
Paar Täubchen einsam hin, girren und liebkosen sich zwischen
dem Gras und Blumen, die aus Vater Stillings Moder her-
vorgrünen.




Stillings Schriften. I. Band. 7

mir leid um dich, mein Bruder Jonathan! Wollte Gott, ich
waͤre fuͤr dich geſtorben!“ Und der Text zur Leichenrede war:
„Ei du frommer und getreuer Knecht! du biſt uͤber Weniges
getreu geweſen, ich will dich uͤber Viel ſetzen; gehe ein zu
deines Herrn Freude!“

Sollte einer meiner Leſer nach Florenburg kommen, gegen
die Kirchthuͤr uͤber, da, wo der Kirchhof am hoͤchſten iſt, da
ſchlaͤft Vater Stilling auf dem Huͤgel. Sein Grab bedeckt
kein praͤchtiger Leichſtein; aber oft fliegen im Fruͤhling ein
Paar Taͤubchen einſam hin, girren und liebkoſen ſich zwiſchen
dem Gras und Blumen, die aus Vater Stillings Moder her-
vorgruͤnen.




Stillings Schriften. I. Band. 7
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[97/0105] mir leid um dich, mein Bruder Jonathan! Wollte Gott, ich waͤre fuͤr dich geſtorben!“ Und der Text zur Leichenrede war: „Ei du frommer und getreuer Knecht! du biſt uͤber Weniges getreu geweſen, ich will dich uͤber Viel ſetzen; gehe ein zu deines Herrn Freude!“ Sollte einer meiner Leſer nach Florenburg kommen, gegen die Kirchthuͤr uͤber, da, wo der Kirchhof am hoͤchſten iſt, da ſchlaͤft Vater Stilling auf dem Huͤgel. Sein Grab bedeckt kein praͤchtiger Leichſtein; aber oft fliegen im Fruͤhling ein Paar Taͤubchen einſam hin, girren und liebkoſen ſich zwiſchen dem Gras und Blumen, die aus Vater Stillings Moder her- vorgruͤnen. Stillings Schriften. I. Band. 7

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/105>, abgerufen am 23.11.2024.