und sagte mit inniger Bewegung und gefalteten Händen: Gott! Herr Vetter! das ist wahr! ich fühl's, so wird's mir gehen.
Goldmann lächelte und schloß das Gespräch mit den Wor- ten: Ich beginne zu hoffen, Ihr werdet endlich glücklich seyn.
Des andern Morgens setzte der Richter Goldmann Stil- ling in die Schreibstube und ließ ihn copiren; da sah er nun alsofort, daß er sich vortrefflich zu so Etwas schicken würde, und wenn die Frau Richterin nicht ein wenig geizig gewesen wäre, so hätte er ihn alsofort zum Schreiber angenommen.
Nach einigen Tagen ging er nach Lahnburg. Der Hof- prediger war in den nahgelegenen vortrefflichen Thiergarten gegangen. Stilling ging ihm nach und suchte ihn daselbst auf. Er fand ihn in einem buschigten Gang wandeln, er ging auf ihn zu, überreichte ihm den Brief und grüßte ihn von den Herren Goldmann Vater und Sohn. Herr Schnee- berg kannte Stillingen, sobald als er ihn sah; denn sie hatten sich einmal in Salen gesehen und gesprochen. Nach- dem Herr Schneeberg den Brief gelesen hatte, so ersuchte er Stilling, mit ihm bis an Sonnenuntergang spazieren zu gehen und ihm indessen seine ganze Geschichte zu erzählen. Er thats mit der gewöhnlichen Lebhaftigkeit, so daß der Hof- prediger zuweilen die Augen wischte.
Des Abends nach dem Essen sagte Herr Schneeberg zu Stilling: Hören Sie, mein Freund! ich weiß ein Etablis- sement für Sie, und das soll Ihnen verhoffentlich nicht fehl- schlagen. Nur Eins ist hier die Frage: Ob Sie sich getrauen, demselben mit Ehren vorzustehen?
"Die Prinzessinnen haben hier in der Nähe ein ergiebiges "Bergwerk, nebst einer dazu gehörigen Schmelzhütte. Sie "müssen daselbst einen Mann haben, der das Berg- und Hüt- "tenwesen versteht, dabei treu und redlich ist und überall das "Interesse Ihrer Durchlauchten wohl besorgt und in Acht nimmt. "Der jetzige Verwalter zieht künftiges Frühjahr weg, und "alsdann wär' es Zeit, diesen vortheilhaften Dienst anzutreten; "Sie bekommen da Haus, Hof, Garten und Ländereien frei, "nebst dreihundert Gulden jährlichen Gehalt. Hier hab' ich "also zwei Fragen an Sie zu thun. Verstehen Sie das Berg-
und ſagte mit inniger Bewegung und gefalteten Haͤnden: Gott! Herr Vetter! das iſt wahr! ich fuͤhl’s, ſo wird’s mir gehen.
Goldmann laͤchelte und ſchloß das Geſpraͤch mit den Wor- ten: Ich beginne zu hoffen, Ihr werdet endlich gluͤcklich ſeyn.
Des andern Morgens ſetzte der Richter Goldmann Stil- ling in die Schreibſtube und ließ ihn copiren; da ſah er nun alſofort, daß er ſich vortrefflich zu ſo Etwas ſchicken wuͤrde, und wenn die Frau Richterin nicht ein wenig geizig geweſen waͤre, ſo haͤtte er ihn alſofort zum Schreiber angenommen.
Nach einigen Tagen ging er nach Lahnburg. Der Hof- prediger war in den nahgelegenen vortrefflichen Thiergarten gegangen. Stilling ging ihm nach und ſuchte ihn daſelbſt auf. Er fand ihn in einem buſchigten Gang wandeln, er ging auf ihn zu, uͤberreichte ihm den Brief und gruͤßte ihn von den Herren Goldmann Vater und Sohn. Herr Schnee- berg kannte Stillingen, ſobald als er ihn ſah; denn ſie hatten ſich einmal in Salen geſehen und geſprochen. Nach- dem Herr Schneeberg den Brief geleſen hatte, ſo erſuchte er Stilling, mit ihm bis an Sonnenuntergang ſpazieren zu gehen und ihm indeſſen ſeine ganze Geſchichte zu erzaͤhlen. Er thats mit der gewoͤhnlichen Lebhaftigkeit, ſo daß der Hof- prediger zuweilen die Augen wiſchte.
Des Abends nach dem Eſſen ſagte Herr Schneeberg zu Stilling: Hoͤren Sie, mein Freund! ich weiß ein Etabliſ- ſement fuͤr Sie, und das ſoll Ihnen verhoffentlich nicht fehl- ſchlagen. Nur Eins iſt hier die Frage: Ob Sie ſich getrauen, demſelben mit Ehren vorzuſtehen?
„Die Prinzeſſinnen haben hier in der Naͤhe ein ergiebiges „Bergwerk, nebſt einer dazu gehoͤrigen Schmelzhuͤtte. Sie „muͤſſen daſelbſt einen Mann haben, der das Berg- und Huͤt- „tenweſen verſteht, dabei treu und redlich iſt und uͤberall das „Intereſſe Ihrer Durchlauchten wohl beſorgt und in Acht nimmt. „Der jetzige Verwalter zieht kuͤnftiges Fruͤhjahr weg, und „alsdann waͤr’ es Zeit, dieſen vortheilhaften Dienſt anzutreten; „Sie bekommen da Haus, Hof, Garten und Laͤndereien frei, „nebſt dreihundert Gulden jaͤhrlichen Gehalt. Hier hab’ ich „alſo zwei Fragen an Sie zu thun. Verſtehen Sie das Berg-
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Herr Vetter! das iſt wahr! ich fuͤhl’s, ſo wird’s mir gehen.
Goldmann laͤchelte und ſchloß das Geſpraͤch mit den Wor-
ten: Ich beginne zu hoffen, Ihr werdet endlich gluͤcklich ſeyn.
Des andern Morgens ſetzte der Richter Goldmann Stil-
ling in die Schreibſtube und ließ ihn copiren; da ſah er nun
alſofort, daß er ſich vortrefflich zu ſo Etwas ſchicken wuͤrde,
und wenn die Frau Richterin nicht ein wenig geizig geweſen
waͤre, ſo haͤtte er ihn alſofort zum Schreiber angenommen.
Nach einigen Tagen ging er nach Lahnburg. Der Hof-
prediger war in den nahgelegenen vortrefflichen Thiergarten
gegangen. Stilling ging ihm nach und ſuchte ihn daſelbſt
auf. Er fand ihn in einem buſchigten Gang wandeln, er
ging auf ihn zu, uͤberreichte ihm den Brief und gruͤßte ihn
von den Herren Goldmann Vater und Sohn. Herr Schnee-
berg kannte Stillingen, ſobald als er ihn ſah; denn ſie
hatten ſich einmal in Salen geſehen und geſprochen. Nach-
dem Herr Schneeberg den Brief geleſen hatte, ſo erſuchte
er Stilling, mit ihm bis an Sonnenuntergang ſpazieren
zu gehen und ihm indeſſen ſeine ganze Geſchichte zu erzaͤhlen.
Er thats mit der gewoͤhnlichen Lebhaftigkeit, ſo daß der Hof-
prediger zuweilen die Augen wiſchte.
Des Abends nach dem Eſſen ſagte Herr Schneeberg zu
Stilling: Hoͤren Sie, mein Freund! ich weiß ein Etabliſ-
ſement fuͤr Sie, und das ſoll Ihnen verhoffentlich nicht fehl-
ſchlagen. Nur Eins iſt hier die Frage: Ob Sie ſich getrauen,
demſelben mit Ehren vorzuſtehen?
„Die Prinzeſſinnen haben hier in der Naͤhe ein ergiebiges
„Bergwerk, nebſt einer dazu gehoͤrigen Schmelzhuͤtte. Sie
„muͤſſen daſelbſt einen Mann haben, der das Berg- und Huͤt-
„tenweſen verſteht, dabei treu und redlich iſt und uͤberall das
„Intereſſe Ihrer Durchlauchten wohl beſorgt und in Acht nimmt.
„Der jetzige Verwalter zieht kuͤnftiges Fruͤhjahr weg, und
„alsdann waͤr’ es Zeit, dieſen vortheilhaften Dienſt anzutreten;
„Sie bekommen da Haus, Hof, Garten und Laͤndereien frei,
„nebſt dreihundert Gulden jaͤhrlichen Gehalt. Hier hab’ ich
„alſo zwei Fragen an Sie zu thun. Verſtehen Sie das Berg-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/178>, abgerufen am 21.11.2024.
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