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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835.

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Gleich einem Bienenschwarm umgaben mich die Leiden,
Sie sumsten grimmig um mich her;
Wie Gottes Heerschaar kämpft, so stürmten sie im Streiten
Und machten mir das Siegen schwer.
Wie Dornenfeuer dampft und knistert in der Flamme,
Und jedes heit're Auge trübt;
Wie im Geheul der Gluth vom Gipfel bis zum Stamme,
Sich lechzend der Zerstörung übt;
So drang die Leidensflamm' durch alle meine Glieder,
Und leckte Spreu und Stoppeln auf.
Bald sank mein mattes Aug' bethränt zum Staube nieder,
Bald schwang es sich zu Gott hinauf.
Allein Jehovah's Hauch zerstäubte diese Feinde,
Er kühlte diese Flamme ab.
Er zog mit starker Hand noch früher als ich meinte,
Wie neuverklärt mich aus dem Grab.
Der Herr ist meine Macht, mein Lied und meine Wonne!
Mit Jubel tönt der Siegsgesang
Aus Bauernhütten auf, aus Sphären jeder Sonne,
Der Wurm, der Seraph weiht ihm Dank!
Des Herren rechte Hand behält auch Recht und sieget,
Jehovah's Rechte ist erhöht!
Jehovah's Rechte sieget, und wenn sein Knecht erlieget,
So singt er auch, sobald er fleht.
Nein! Nein! ich sterbe nicht, ich soll des Herren Werke
Verkündigen noch lange Zeit
Er züchtigt mich, der Herr! doch macht mich Seine Stärke
Noch lang zu Seinem Dienst bereit.
Macht auf das goldne Thor des Rechts! Ich will Ihm bringen
Ein warmes und zerknirschtes Herz.
Am goldnen Rauch-Altar will ich mein Danklied singen.
Er schuf mir Glück aus meinem Schmerz.
Gelobet seyst Du, Herr! daß Du zur Demuth führest,
Den Himmelsstürmer, meinen Geist!
Ihn dann zerknirscht, gebeugt, mit Güte so regierest,
Daß er dich nun als Diener preist.

Gleich einem Bienenſchwarm umgaben mich die Leiden,
Sie ſumsten grimmig um mich her;
Wie Gottes Heerſchaar kämpft, ſo ſtürmten ſie im Streiten
Und machten mir das Siegen ſchwer.
Wie Dornenfeuer dampft und kniſtert in der Flamme,
Und jedes heit’re Auge trübt;
Wie im Geheul der Gluth vom Gipfel bis zum Stamme,
Sich lechzend der Zerſtörung übt;
So drang die Leidensflamm’ durch alle meine Glieder,
Und leckte Spreu und Stoppeln auf.
Bald ſank mein mattes Aug’ bethränt zum Staube nieder,
Bald ſchwang es ſich zu Gott hinauf.
Allein Jehovah’s Hauch zerſtäubte dieſe Feinde,
Er kühlte dieſe Flamme ab.
Er zog mit ſtarker Hand noch früher als ich meinte,
Wie neuverklärt mich aus dem Grab.
Der Herr iſt meine Macht, mein Lied und meine Wonne!
Mit Jubel tönt der Siegsgeſang
Aus Bauernhütten auf, aus Sphären jeder Sonne,
Der Wurm, der Seraph weiht ihm Dank!
Des Herren rechte Hand behält auch Recht und ſieget,
Jehovah’s Rechte iſt erhöht!
Jehovah’s Rechte ſieget, und wenn ſein Knecht erlieget,
So ſingt er auch, ſobald er fleht.
Nein! Nein! ich ſterbe nicht, ich ſoll des Herren Werke
Verkündigen noch lange Zeit
Er züchtigt mich, der Herr! doch macht mich Seine Stärke
Noch lang zu Seinem Dienſt bereit.
Macht auf das goldne Thor des Rechts! Ich will Ihm bringen
Ein warmes und zerknirſchtes Herz.
Am goldnen Rauch-Altar will ich mein Danklied ſingen.
Er ſchuf mir Glück aus meinem Schmerz.
Gelobet ſeyſt Du, Herr! daß Du zur Demuth führeſt,
Den Himmelsſtürmer, meinen Geiſt!
Ihn dann zerknirſcht, gebeugt, mit Güte ſo regiereſt,
Daß er dich nun als Diener preist.

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[433/0441] Gleich einem Bienenſchwarm umgaben mich die Leiden, Sie ſumsten grimmig um mich her; Wie Gottes Heerſchaar kämpft, ſo ſtürmten ſie im Streiten Und machten mir das Siegen ſchwer. Wie Dornenfeuer dampft und kniſtert in der Flamme, Und jedes heit’re Auge trübt; Wie im Geheul der Gluth vom Gipfel bis zum Stamme, Sich lechzend der Zerſtörung übt; So drang die Leidensflamm’ durch alle meine Glieder, Und leckte Spreu und Stoppeln auf. Bald ſank mein mattes Aug’ bethränt zum Staube nieder, Bald ſchwang es ſich zu Gott hinauf. Allein Jehovah’s Hauch zerſtäubte dieſe Feinde, Er kühlte dieſe Flamme ab. Er zog mit ſtarker Hand noch früher als ich meinte, Wie neuverklärt mich aus dem Grab. Der Herr iſt meine Macht, mein Lied und meine Wonne! Mit Jubel tönt der Siegsgeſang Aus Bauernhütten auf, aus Sphären jeder Sonne, Der Wurm, der Seraph weiht ihm Dank! Des Herren rechte Hand behält auch Recht und ſieget, Jehovah’s Rechte iſt erhöht! Jehovah’s Rechte ſieget, und wenn ſein Knecht erlieget, So ſingt er auch, ſobald er fleht. Nein! Nein! ich ſterbe nicht, ich ſoll des Herren Werke Verkündigen noch lange Zeit Er züchtigt mich, der Herr! doch macht mich Seine Stärke Noch lang zu Seinem Dienſt bereit. Macht auf das goldne Thor des Rechts! Ich will Ihm bringen Ein warmes und zerknirſchtes Herz. Am goldnen Rauch-Altar will ich mein Danklied ſingen. Er ſchuf mir Glück aus meinem Schmerz. Gelobet ſeyſt Du, Herr! daß Du zur Demuth führeſt, Den Himmelsſtürmer, meinen Geiſt! Ihn dann zerknirſcht, gebeugt, mit Güte ſo regiereſt, Daß er dich nun als Diener preist.

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/441>, abgerufen am 22.11.2024.