ger Prediger, Namens Schwarz, der mit Stilling in vertrautem Freundschaftsverhältniß lebte; und weil er noch unverheirathet war, mit seiner vortrefflichen Mutter und lie- benswürdigen Schwester haushielt; dieser rechtschaffene und christliche Mann hat sich hernach durch mehrere gute Schrif- ten, vorzüglich über die moralischen Wissenschaften, durch den Religionslehrer, Erziehungsschriften u. s. w. berühmt gemacht. Hannchen und seine Schwester Karoline liebten sich herzlich, und diese war auch die gute Freundin, die eben bei Hannchen war, als der Kandidat ins Zimmer stürmte, und diese brachte sie auch nach Dexbach zu ihrem Bruder in Sicherheit. Durch Gottes weise Leitung, und auf christliche und anständige Art, entstand zwischen Schwarz und Hannchen eine Gott gefällige Liebe, welche der Eltern Einwilligung und Gottes Vatergüte mit Gnade krönte: im Frühjahr 1792 wurde Schwarz mit Hannchen in Stillings Haus ehlich verbunden. Sie ist eine gute Gattin, eine gute Mutter von sechs hoffnungsvollen Kindern, eine vortreffliche Gehülfin in ihres Mannes Erziehungsanstalt, und überhaupt ein edles Weib, die ihrem rechtschaffenen Manne und ihren Eltern Freude macht.
Der Kampf mit dem Kandidaten trug sich in der ersten Hälfte des 1791. Jahres zu, er wurde noch durch zween Trauerfülle erschwert: im Februar starb der kleine Franz, Selma's zurückgelassener Säugling, an der Kopfwassersucht, und nun neigte es sich auch mit Mutter Coing zu Ende: sie war schon einige Zeit schwächlich, besonders engbrüstig ge- gewesen. Durch Werke der Liebe, die sie in Nachtwachen verrichtete, hatte sie sich vermuthlich verkältet, jetzt wurde ihre Krankheit ernstlich und gefährlich. Stilling besuchte sie oft, sie war ruhig und freudig, und ging mit einer unbeschreib- lichen Seelenruhe ihrer Auflösung entgegen, und wenn sie ih- rer Kinder gedachte, so versicherte ihr Stilling, daß sie die seinigen seyen, wenn die Eltern vor ihm sterben sollten.
Alle diese traurigen Vorfälle wirkten auch nachtheilig auf
ger Prediger, Namens Schwarz, der mit Stilling in vertrautem Freundſchaftsverhaͤltniß lebte; und weil er noch unverheirathet war, mit ſeiner vortrefflichen Mutter und lie- benswuͤrdigen Schweſter haushielt; dieſer rechtſchaffene und chriſtliche Mann hat ſich hernach durch mehrere gute Schrif- ten, vorzuͤglich uͤber die moraliſchen Wiſſenſchaften, durch den Religionslehrer, Erziehungsſchriften u. ſ. w. beruͤhmt gemacht. Hannchen und ſeine Schweſter Karoline liebten ſich herzlich, und dieſe war auch die gute Freundin, die eben bei Hannchen war, als der Kandidat ins Zimmer ſtuͤrmte, und dieſe brachte ſie auch nach Dexbach zu ihrem Bruder in Sicherheit. Durch Gottes weiſe Leitung, und auf chriſtliche und anſtaͤndige Art, entſtand zwiſchen Schwarz und Hannchen eine Gott gefaͤllige Liebe, welche der Eltern Einwilligung und Gottes Vaterguͤte mit Gnade kroͤnte: im Fruͤhjahr 1792 wurde Schwarz mit Hannchen in Stillings Haus ehlich verbunden. Sie iſt eine gute Gattin, eine gute Mutter von ſechs hoffnungsvollen Kindern, eine vortreffliche Gehuͤlfin in ihres Mannes Erziehungsanſtalt, und uͤberhaupt ein edles Weib, die ihrem rechtſchaffenen Manne und ihren Eltern Freude macht.
Der Kampf mit dem Kandidaten trug ſich in der erſten Haͤlfte des 1791. Jahres zu, er wurde noch durch zween Trauerfuͤlle erſchwert: im Februar ſtarb der kleine Franz, Selma’s zuruͤckgelaſſener Saͤugling, an der Kopfwaſſerſucht, und nun neigte es ſich auch mit Mutter Coing zu Ende: ſie war ſchon einige Zeit ſchwaͤchlich, beſonders engbruͤſtig ge- geweſen. Durch Werke der Liebe, die ſie in Nachtwachen verrichtete, hatte ſie ſich vermuthlich verkaͤltet, jetzt wurde ihre Krankheit ernſtlich und gefaͤhrlich. Stilling beſuchte ſie oft, ſie war ruhig und freudig, und ging mit einer unbeſchreib- lichen Seelenruhe ihrer Aufloͤſung entgegen, und wenn ſie ih- rer Kinder gedachte, ſo verſicherte ihr Stilling, daß ſie die ſeinigen ſeyen, wenn die Eltern vor ihm ſterben ſollten.
Alle dieſe traurigen Vorfaͤlle wirkten auch nachtheilig auf
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ger Prediger, Namens Schwarz, der mit Stilling in
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unverheirathet war, mit ſeiner vortrefflichen Mutter und lie-
benswuͤrdigen Schweſter haushielt; dieſer rechtſchaffene und
chriſtliche Mann hat ſich hernach durch mehrere gute Schrif-
ten, vorzuͤglich uͤber die moraliſchen Wiſſenſchaften,
durch den Religionslehrer, Erziehungsſchriften
u. ſ. w. beruͤhmt gemacht. Hannchen und ſeine Schweſter
Karoline liebten ſich herzlich, und dieſe war auch die gute
Freundin, die eben bei Hannchen war, als der Kandidat
ins Zimmer ſtuͤrmte, und dieſe brachte ſie auch nach Dexbach
zu ihrem Bruder in Sicherheit. Durch Gottes weiſe Leitung,
und auf chriſtliche und anſtaͤndige Art, entſtand zwiſchen
Schwarz und Hannchen eine Gott gefaͤllige Liebe, welche
der Eltern Einwilligung und Gottes Vaterguͤte mit Gnade
kroͤnte: im Fruͤhjahr 1792 wurde Schwarz mit Hannchen
in Stillings Haus ehlich verbunden. Sie iſt eine gute
Gattin, eine gute Mutter von ſechs hoffnungsvollen Kindern,
eine vortreffliche Gehuͤlfin in ihres Mannes Erziehungsanſtalt,
und uͤberhaupt ein edles Weib, die ihrem rechtſchaffenen Manne
und ihren Eltern Freude macht.
Der Kampf mit dem Kandidaten trug ſich in der erſten
Haͤlfte des 1791. Jahres zu, er wurde noch durch zween
Trauerfuͤlle erſchwert: im Februar ſtarb der kleine Franz,
Selma’s zuruͤckgelaſſener Saͤugling, an der Kopfwaſſerſucht,
und nun neigte es ſich auch mit Mutter Coing zu Ende:
ſie war ſchon einige Zeit ſchwaͤchlich, beſonders engbruͤſtig ge-
geweſen. Durch Werke der Liebe, die ſie in Nachtwachen
verrichtete, hatte ſie ſich vermuthlich verkaͤltet, jetzt wurde ihre
Krankheit ernſtlich und gefaͤhrlich. Stilling beſuchte ſie
oft, ſie war ruhig und freudig, und ging mit einer unbeſchreib-
lichen Seelenruhe ihrer Aufloͤſung entgegen, und wenn ſie ih-
rer Kinder gedachte, ſo verſicherte ihr Stilling, daß ſie die
ſeinigen ſeyen, wenn die Eltern vor ihm ſterben ſollten.
Alle dieſe traurigen Vorfaͤlle wirkten auch nachtheilig auf
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/475>, abgerufen am 22.11.2024.
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