klärter Gestalt entgegenkommen, du holde Kreuzträgerin! Stil- lings Leidens- und Lebensgefährtin! und den hier versäum- ten Dank in vollem Maß einbringen. An seiner Hand schwebt Dortchen einher, um ihre Tochter Elise zu bewillkommen, Vater Eberhard Stilling lächelte dir Frieden zu, und Selma wird auch ihre Freundin umarmen und sagen: Heil dir, daß du meinen Erwartungen so herrlich entsprochen hast! -- alle diese Verklärten führen dich dann vor den Thron des Allerbarmers, er neigt den Scepter aller Welten gegen deine Stirne und sagt: Was du diesem meinem Knecht ge- than hast, das hast du mir gethan; gehe hin, du Bürgerin des neuen Jerusalems, und genieße der Seligkeiten Fülle!
Elise setzte dies schwere Liebesgeschäft bis in den Oktober fort, dann kam sie wieder in die Wochen mit einer Tochter, die noch lebt und Amalia heißt. Jetzt unterzog sich Ama- lia Coing, die künftige Enkelschwiegertochter Wilhelm Stillings, dieser Pflege, dafür wirds ihr auch wohlgehen, ihr Leben wird groß seyn in Zeit und Ewigkeit.
Das Ende dieses 1796sten Jahres war traurig: im Herbst starb ein Bruder der seligen Mutter Coing und der Tante Kraft, ledigen Standes, er war Advokat in Frankenberg und starb plötzlich an einem Schlagfluß. Ein anderer eben- falls lediger Bruder, der Amts-Actuarius in Dorheim in der Wetterau war, kam nun, seines Bruders Sachen in Frankenberg in Ordnung zu bringen, und starb zehn Tage vor Weihnachten in Stillings Haus; durch alle diese Schläge wurde die gute Wittwe Kraft, die auch im verflossenen Som- mer ihre Tochter Eisenträger als Wittwe wieder bekommen hatte, ganz zu Boden gedrückt, auch sie legte sich und starb am ersten Weihnachtsfeiertage sanft und selig, so wie ihre Schwester Coing. Jetzt waren nun noch die Jungfer Dui- sing, die Wittwe Eisenträger und die ledige Jungfer Kraft mit ihrer braven alten Katharine da; die Jungfer Kraft heirathete den folgenden Sommer den Herrn Burk- hardt in Dillenburg, die übrigen drei Nachgelassenen aus dem ehrwürdigen Zirkel des seligen Kraft leben nun jetzt noch
klaͤrter Geſtalt entgegenkommen, du holde Kreuztraͤgerin! Stil- lings Leidens- und Lebensgefaͤhrtin! und den hier verſaͤum- ten Dank in vollem Maß einbringen. An ſeiner Hand ſchwebt Dortchen einher, um ihre Tochter Eliſe zu bewillkommen, Vater Eberhard Stilling laͤchelte dir Frieden zu, und Selma wird auch ihre Freundin umarmen und ſagen: Heil dir, daß du meinen Erwartungen ſo herrlich entſprochen haſt! — alle dieſe Verklaͤrten fuͤhren dich dann vor den Thron des Allerbarmers, er neigt den Scepter aller Welten gegen deine Stirne und ſagt: Was du dieſem meinem Knecht ge- than haſt, das haſt du mir gethan; gehe hin, du Buͤrgerin des neuen Jeruſalems, und genieße der Seligkeiten Fuͤlle!
Eliſe ſetzte dies ſchwere Liebesgeſchaͤft bis in den Oktober fort, dann kam ſie wieder in die Wochen mit einer Tochter, die noch lebt und Amalia heißt. Jetzt unterzog ſich Ama- lia Coing, die kuͤnftige Enkelſchwiegertochter Wilhelm Stillings, dieſer Pflege, dafuͤr wirds ihr auch wohlgehen, ihr Leben wird groß ſeyn in Zeit und Ewigkeit.
Das Ende dieſes 1796ſten Jahres war traurig: im Herbſt ſtarb ein Bruder der ſeligen Mutter Coing und der Tante Kraft, ledigen Standes, er war Advokat in Frankenberg und ſtarb ploͤtzlich an einem Schlagfluß. Ein anderer eben- falls lediger Bruder, der Amts-Actuarius in Dorheim in der Wetterau war, kam nun, ſeines Bruders Sachen in Frankenberg in Ordnung zu bringen, und ſtarb zehn Tage vor Weihnachten in Stillings Haus; durch alle dieſe Schlaͤge wurde die gute Wittwe Kraft, die auch im verfloſſenen Som- mer ihre Tochter Eiſentraͤger als Wittwe wieder bekommen hatte, ganz zu Boden gedruͤckt, auch ſie legte ſich und ſtarb am erſten Weihnachtsfeiertage ſanft und ſelig, ſo wie ihre Schweſter Coing. Jetzt waren nun noch die Jungfer Dui- ſing, die Wittwe Eiſentraͤger und die ledige Jungfer Kraft mit ihrer braven alten Katharine da; die Jungfer Kraft heirathete den folgenden Sommer den Herrn Burk- hardt in Dillenburg, die uͤbrigen drei Nachgelaſſenen aus dem ehrwuͤrdigen Zirkel des ſeligen Kraft leben nun jetzt noch
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klaͤrter Geſtalt entgegenkommen, du holde Kreuztraͤgerin! Stil-
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ten Dank in vollem Maß einbringen. An ſeiner Hand ſchwebt
Dortchen einher, um ihre Tochter Eliſe zu bewillkommen,
Vater Eberhard Stilling laͤchelte dir Frieden zu, und
Selma wird auch ihre Freundin umarmen und ſagen: Heil
dir, daß du meinen Erwartungen ſo herrlich entſprochen haſt!
— alle dieſe Verklaͤrten fuͤhren dich dann vor den Thron des
Allerbarmers, er neigt den Scepter aller Welten gegen deine
Stirne und ſagt: Was du dieſem meinem Knecht ge-
than haſt, das haſt du mir gethan; gehe hin, du
Buͤrgerin des neuen Jeruſalems, und genieße der
Seligkeiten Fuͤlle!
Eliſe ſetzte dies ſchwere Liebesgeſchaͤft bis in den Oktober
fort, dann kam ſie wieder in die Wochen mit einer Tochter,
die noch lebt und Amalia heißt. Jetzt unterzog ſich Ama-
lia Coing, die kuͤnftige Enkelſchwiegertochter Wilhelm
Stillings, dieſer Pflege, dafuͤr wirds ihr auch wohlgehen,
ihr Leben wird groß ſeyn in Zeit und Ewigkeit.
Das Ende dieſes 1796ſten Jahres war traurig: im Herbſt
ſtarb ein Bruder der ſeligen Mutter Coing und der Tante
Kraft, ledigen Standes, er war Advokat in Frankenberg
und ſtarb ploͤtzlich an einem Schlagfluß. Ein anderer eben-
falls lediger Bruder, der Amts-Actuarius in Dorheim in
der Wetterau war, kam nun, ſeines Bruders Sachen in
Frankenberg in Ordnung zu bringen, und ſtarb zehn Tage
vor Weihnachten in Stillings Haus; durch alle dieſe Schlaͤge
wurde die gute Wittwe Kraft, die auch im verfloſſenen Som-
mer ihre Tochter Eiſentraͤger als Wittwe wieder bekommen
hatte, ganz zu Boden gedruͤckt, auch ſie legte ſich und ſtarb
am erſten Weihnachtsfeiertage ſanft und ſelig, ſo wie ihre
Schweſter Coing. Jetzt waren nun noch die Jungfer Dui-
ſing, die Wittwe Eiſentraͤger und die ledige Jungfer
Kraft mit ihrer braven alten Katharine da; die Jungfer
Kraft heirathete den folgenden Sommer den Herrn Burk-
hardt in Dillenburg, die uͤbrigen drei Nachgelaſſenen aus
dem ehrwuͤrdigen Zirkel des ſeligen Kraft leben nun jetzt noch
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/510>, abgerufen am 22.11.2024.
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