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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835.

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1801, und zum Zeichen der Ehrerbietung und
der dankbaren Liebe ihrer Bewohner
.

Auf der andern Seite heißt es in eben dem Styl:

Unermüdlich wirksam, stets zum Trost der lei-
denden Menschheit, säet er treffliche Saat auf
den großen Tag der Vergeltung
.

Mit welcher Rührung und tiefen Beugung vor Gott er
dieses Ehrendenkmal empfing, und wie er es beantwortete,
das können meine Leser leicht denken.

An diesem feierlichen Tage, Donnerstags den 16. April,
reisten nun Stilling und Elise unter einem thränenvollen
Abschied von allen Seiten von Winterthur nach Zürich
ab. Hier kehrten sie bei Geßner ein, der sie nebst seinem
herrlichen Weibe, Lavaters Tochter, die mit ihm in Kopen-
hagen
war, mit Armen der Freundschaft empfing.

Die erste Arbeit, die Stilling in Zürich verrichtete,
war Eßlingers Operation; sie gelang sehr gut er erhielt sein
Gesicht, aber es währte nicht lang, so bekam er den schwarzen
Staar, und blieb nun unheilbar blind bis an seinen Tod.

Auch diesem Hause kann Stilling erst in der
Ewigkeit nach Würde danken, hier ist es nicht
möglich
.

Hier in Zürich wurde er von außen durch einen unbe-
schreiblichen Zulauf von Augenkranken, und von innen durch
den empfindlichsten Magenkrampf gedrängt und gepeinigt. Zu
Zeiten riß ihm dann die Geduld aus, so daß er die Leute
hart anfuhr, und sich über die Menge beschwerte; dieß nah-
men ihm verschiedene Zürcher so übel, daß er hernach rath-
sam fand, dort ein öffentliches Schreiben circuliren zu lassen,
in welchem er Alle und Jede, die er beleidigt hatte, um Ver-
gebung bat. Es ist unmöglich, die ganze Menge merkwür-
diger und vortrefflicher Menschen, beiderlei Geschlechts, die
Stilling in der Schweiz überhaupt, und besonders in
Zürich persönlich kennen lernte, und die ihn ihrer Freund-
schaft würdigten, hier namentlich anzuführen. Heß, die
beiden Doktoren Hirzel Vater und Sohn, Professor Meyer,
der berühmte Kupferstecher und Zeichner Lips, der auch Stil-

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1801, und zum Zeichen der Ehrerbietung und
der dankbaren Liebe ihrer Bewohner
.

Auf der andern Seite heißt es in eben dem Styl:

Unermuͤdlich wirkſam, ſtets zum Troſt der lei-
denden Menſchheit, ſaͤet er treffliche Saat auf
den großen Tag der Vergeltung
.

Mit welcher Ruͤhrung und tiefen Beugung vor Gott er
dieſes Ehrendenkmal empfing, und wie er es beantwortete,
das koͤnnen meine Leſer leicht denken.

An dieſem feierlichen Tage, Donnerſtags den 16. April,
reisten nun Stilling und Eliſe unter einem thraͤnenvollen
Abſchied von allen Seiten von Winterthur nach Zuͤrich
ab. Hier kehrten ſie bei Geßner ein, der ſie nebſt ſeinem
herrlichen Weibe, Lavaters Tochter, die mit ihm in Kopen-
hagen
war, mit Armen der Freundſchaft empfing.

Die erſte Arbeit, die Stilling in Zuͤrich verrichtete,
war Eßlingers Operation; ſie gelang ſehr gut er erhielt ſein
Geſicht, aber es waͤhrte nicht lang, ſo bekam er den ſchwarzen
Staar, und blieb nun unheilbar blind bis an ſeinen Tod.

Auch dieſem Hauſe kann Stilling erſt in der
Ewigkeit nach Wuͤrde danken, hier iſt es nicht
moͤglich
.

Hier in Zuͤrich wurde er von außen durch einen unbe-
ſchreiblichen Zulauf von Augenkranken, und von innen durch
den empfindlichſten Magenkrampf gedraͤngt und gepeinigt. Zu
Zeiten riß ihm dann die Geduld aus, ſo daß er die Leute
hart anfuhr, und ſich uͤber die Menge beſchwerte; dieß nah-
men ihm verſchiedene Zuͤrcher ſo uͤbel, daß er hernach rath-
ſam fand, dort ein oͤffentliches Schreiben circuliren zu laſſen,
in welchem er Alle und Jede, die er beleidigt hatte, um Ver-
gebung bat. Es iſt unmoͤglich, die ganze Menge merkwuͤr-
diger und vortrefflicher Menſchen, beiderlei Geſchlechts, die
Stilling in der Schweiz uͤberhaupt, und beſonders in
Zuͤrich perſoͤnlich kennen lernte, und die ihn ihrer Freund-
ſchaft wuͤrdigten, hier namentlich anzufuͤhren. Heß, die
beiden Doktoren Hirzel Vater und Sohn, Profeſſor Meyer,
der beruͤhmte Kupferſtecher und Zeichner Lips, der auch Stil-

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[535/0543] 1801, und zum Zeichen der Ehrerbietung und der dankbaren Liebe ihrer Bewohner. Auf der andern Seite heißt es in eben dem Styl: Unermuͤdlich wirkſam, ſtets zum Troſt der lei- denden Menſchheit, ſaͤet er treffliche Saat auf den großen Tag der Vergeltung. Mit welcher Ruͤhrung und tiefen Beugung vor Gott er dieſes Ehrendenkmal empfing, und wie er es beantwortete, das koͤnnen meine Leſer leicht denken. An dieſem feierlichen Tage, Donnerſtags den 16. April, reisten nun Stilling und Eliſe unter einem thraͤnenvollen Abſchied von allen Seiten von Winterthur nach Zuͤrich ab. Hier kehrten ſie bei Geßner ein, der ſie nebſt ſeinem herrlichen Weibe, Lavaters Tochter, die mit ihm in Kopen- hagen war, mit Armen der Freundſchaft empfing. Die erſte Arbeit, die Stilling in Zuͤrich verrichtete, war Eßlingers Operation; ſie gelang ſehr gut er erhielt ſein Geſicht, aber es waͤhrte nicht lang, ſo bekam er den ſchwarzen Staar, und blieb nun unheilbar blind bis an ſeinen Tod. Auch dieſem Hauſe kann Stilling erſt in der Ewigkeit nach Wuͤrde danken, hier iſt es nicht moͤglich. Hier in Zuͤrich wurde er von außen durch einen unbe- ſchreiblichen Zulauf von Augenkranken, und von innen durch den empfindlichſten Magenkrampf gedraͤngt und gepeinigt. Zu Zeiten riß ihm dann die Geduld aus, ſo daß er die Leute hart anfuhr, und ſich uͤber die Menge beſchwerte; dieß nah- men ihm verſchiedene Zuͤrcher ſo uͤbel, daß er hernach rath- ſam fand, dort ein oͤffentliches Schreiben circuliren zu laſſen, in welchem er Alle und Jede, die er beleidigt hatte, um Ver- gebung bat. Es iſt unmoͤglich, die ganze Menge merkwuͤr- diger und vortrefflicher Menſchen, beiderlei Geſchlechts, die Stilling in der Schweiz uͤberhaupt, und beſonders in Zuͤrich perſoͤnlich kennen lernte, und die ihn ihrer Freund- ſchaft wuͤrdigten, hier namentlich anzufuͤhren. Heß, die beiden Doktoren Hirzel Vater und Sohn, Profeſſor Meyer, der beruͤhmte Kupferſtecher und Zeichner Lips, der auch Stil- 35 *

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/543>, abgerufen am 22.11.2024.