dern er muß auch alle berühmte Handelshäu- ser nach ihrer innern und äuseren Beschaffen- heit kennen, und aus ihren zufälligen Um- ständen auf die wesentlichen zu schliesen wissen.
§. 348. Ein Kaufmann, der grosen Staat und Aufwand macht, der in der Ueppigkeit lebt, mag so reich seyn als er will, so geht er doch früher oder später zu Grunde. So bald man merkt, daß ein Handelsmann theu- rer als andre einkauft, und wohlfeiler wie- der verkauft, so ist das ein Zeichen, daß er entweder sein Geschäft nicht versteht, oder leichtsinnig ist; in beiden Fällen geht er bald zu Grunde, und es ist ihm nicht zu trauen. Oder er thut das, um nur zu Gelde zu ge- langen; dieses ist ein Merkmal, daß die Casse hin ist, und er nur sucht Geld in die Hand zu bekommen, und dieses zeigt einen nahen Banquerot an. Solcher Anzeigen sind mancherlei, die ein geschickter Kaufmann wohl zu benuzen weis.
§. 349. Wenn auch ein Kaufmann Geld und Kapital genug hat, so ist ihm doch ein vollkommenes Zutrauen (Credit) bei andern
Kauf-
Allgemeine
dern er muß auch alle beruͤhmte Handelshaͤu- ſer nach ihrer innern und aͤuſeren Beſchaffen- heit kennen, und aus ihren zufaͤlligen Um- ſtaͤnden auf die weſentlichen zu ſchlieſen wiſſen.
§. 348. Ein Kaufmann, der groſen Staat und Aufwand macht, der in der Ueppigkeit lebt, mag ſo reich ſeyn als er will, ſo geht er doch fruͤher oder ſpaͤter zu Grunde. So bald man merkt, daß ein Handelsmann theu- rer als andre einkauft, und wohlfeiler wie- der verkauft, ſo iſt das ein Zeichen, daß er entweder ſein Geſchaͤft nicht verſteht, oder leichtſinnig iſt; in beiden Faͤllen geht er bald zu Grunde, und es iſt ihm nicht zu trauen. Oder er thut das, um nur zu Gelde zu ge- langen; dieſes iſt ein Merkmal, daß die Caſſe hin iſt, und er nur ſucht Geld in die Hand zu bekommen, und dieſes zeigt einen nahen Banquerot an. Solcher Anzeigen ſind mancherlei, die ein geſchickter Kaufmann wohl zu benuzen weis.
§. 349. Wenn auch ein Kaufmann Geld und Kapital genug hat, ſo iſt ihm doch ein vollkommenes Zutrauen (Credit) bei andern
Kauf-
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Allgemeine
dern er muß auch alle beruͤhmte Handelshaͤu-
ſer nach ihrer innern und aͤuſeren Beſchaffen-
heit kennen, und aus ihren zufaͤlligen Um-
ſtaͤnden auf die weſentlichen zu ſchlieſen wiſſen.
§. 348. Ein Kaufmann, der groſen Staat
und Aufwand macht, der in der Ueppigkeit
lebt, mag ſo reich ſeyn als er will, ſo geht
er doch fruͤher oder ſpaͤter zu Grunde. So
bald man merkt, daß ein Handelsmann theu-
rer als andre einkauft, und wohlfeiler wie-
der verkauft, ſo iſt das ein Zeichen, daß er
entweder ſein Geſchaͤft nicht verſteht, oder
leichtſinnig iſt; in beiden Faͤllen geht er bald
zu Grunde, und es iſt ihm nicht zu trauen.
Oder er thut das, um nur zu Gelde zu ge-
langen; dieſes iſt ein Merkmal, daß die
Caſſe hin iſt, und er nur ſucht Geld in die
Hand zu bekommen, und dieſes zeigt einen
nahen Banquerot an. Solcher Anzeigen
ſind mancherlei, die ein geſchickter Kaufmann
wohl zu benuzen weis.
§. 349. Wenn auch ein Kaufmann Geld
und Kapital genug hat, ſo iſt ihm doch ein
vollkommenes Zutrauen (Credit) bei andern
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/192>, abgerufen am 16.02.2025.
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